Maier mauert

Ex-Skistar meidet zwar die Öffentlichkeit, ist aber als Marke noch erfolgreich.

Es war ein Handyvideo vom Ausseer Kirtag, das im September 2014 im Internet die Runde machte. Darauf zu sehen: Ex-Skistar Hermann Maier, der, begleitet vom Gejohle des Publikums, die Bühne erklimmt und einen Taktstock schwingt, während eine Blaskapelle Bon Jovis "It's My Life" intoniert. Fünf Jahre nach seinem Rücktritt war Österreichs erfolgreichster Skirennläufer der vergangenen Jahrzehnte so ungewollt aus der Versenkung aufgetaucht. Einer von zahlreichen "Ausrutschern", für die der heute 43-Jährige einst berühmt war. In seiner Autobiografie "Das Rennen meines Lebens" berichtet er unter anderem von einem hüllenlosen mitternächtlichen Beachvolleyballmatch mit Freunden in Flachau, das von der Polizei beendet wurde.

von Hermann Maier © Bild: NEWS Ian Ehm

Der gelernte Maurer, der aufgrund einer Wachstumsstörung erst mit 25 Jahren für das österreichische Skiteam entdeckt wurde, liebte das Spiel mit der Öffentlichkeit. Denn spätestens nach seinem 40-Meter-Sturzflug bei der Olympiaabfahrt von Nagano 1998 und den darauffolgenden zwei Goldmedaillen war der "Herminator" ein Star: Maier inszenierte sich in allen erdenklichen Posen für die Medien, begleitete "Terminator" Arnold Schwarzenegger in die Show von US-Talker Jay Leno, trat mit seiner damaligen Freundin in Milka-Werbespots auf. In der TV-Dokumentation "Der Weg zurück" gewährte Maier Einblick in sein Seelenleben nach dem Motorradunfall vom Sommer 2003, bei dem er beinahe ein Bein verloren hätte. Vom Krankenbett aus gab er damals Interviews, wurde zum öffentlichen Gut, sein Elternhaus in Flachau zur Pilgerstätte für Fans aus aller Welt.

Hermann Maier
© NEWS Ian Ehm

Schussfahrt in die Anonymität

Doch nach seinem Karriereende am 13. Oktober 2009 zog sich der 54-fache Weltcupsieger aus der Öffentlichkeit zurück, absolviert seither nur gezielte Auftritte, etwa ein Wettrennen zwischen Deutschland und Österreich zum Südpol und ein Besuch bei "Wetten, das..?". Auch sein Privatleben schirmt Hermann Maier ab: Von Freundin Carina existiert nur eine unscharfe Aufnahme, die sie am Attersee zeigen, wo Maier eine Villa besitzt. Im August 2013 wurden die beiden Eltern der Zwillinge Valentina und Lieselotte, vergangenen März kam die dritte Tochter zur Welt. Die Schwangerschaft seiner Carina hatte der werdende Vater 2012 noch in einer Aussendung ("Der Klapperstorch kommt") angekündigt; der Name seiner Jüngsten blieb bis heute geheim.

Die Psychiaterin Jutta Leth vom Juvenis Medical Center Vienna führt dieses Verhalten auf die Folgen eines Kontrollverlustes zurück: "Das passiert, wenn man in der Öffentlichkeit steht und merkt, dass man sein mediales Bild nicht mehr steuern kann. Durch extreme Kontrolle des Images wird versucht, den Verlust auszugleichen. Wenn Kinder dazukommen, ist das eine weitere Zäsur." Eine These, die auch ein ehemaliger Kollege Maiers erhärtet: "Hermann hat viele negative Erfahrungen mit Medien gemacht. Seine neue Familiensituation verstärkt das. Er möchte seine Kinder beschützen", sagt Rainer Schönfelder, der wie Maier im Jänner ein Hotel der Adeo-Kette eröffnen wird. Schönfelder kennt den Salzburger als Geschäftsmann. "Es dauert manchmal lange, bis er sich entscheidet. Aber wenn er einmal Ja sagt, hält das auch."

Hermann Maier
© NEWS Ian Ehm

Auch seinem Hauptsponsor, Raiffeisen, hält Hermann Maier nach wie vor die Treue: Seit 17 Jahren wirbt er für die Großbank, in Fernsehspots tritt er unter anderem als gestresster Jungvater auf, der Babyzimmer rosa ausmalt oder einen Zwillingswagen schiebt. Sinkt Maiers Marktwert, wenn er sich zu lange abseits der Snowciety aufhält?

"Zu langer Rückzug einer Person aus der Öffentlichkeit tut ihr nicht gut, weil dann die Bekanntheit der Marke schwindet", sagt Gerhard Hrebicek, Vorstand des European Brand Institute. "Die Kooperation von Hermann Maier und Raiffeisen ist jedoch eine Ausnahme, weil sie schon so lange besteht."

"Hermann war nicht nur Sport-,sondern auch Medienstar", sagt Raiffeisen-Marketingleiter Leo Pruschak. "Trotzdem war er nie Teil der Seitenblicke-Gesellschaft. Das macht ihn als Testimonial noch glaubwürdiger." Maiers Werbevertrag mit Raiffeisen läuft noch mindestens bis 2018. Seine Rolle als scheuer Privatmann dürfte ihm demnach nicht geschadet haben. Getreu dem Motto: "Weniger ist mehr."

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