Kollektive Erregung. Für (fast) nichts

Am 8. März ist Weltfrauentag. Zu besprechen gäbe es viel - und zwar weit über einen einzigen Tag hinaus. Das Interesse daran hält sich freilich in Grenzen.

von Leitartikel - Kollektive Erregung. Für (fast) nichts © Bild: Matt Observe/Auftrag News

Wir sind noch nicht so weit - das wissen wir seit der peinlichen Posse rund um den "Gipfel" und den "nun leider doch nicht" verpflichtenden Abbiegeassistenten für Lkw. Und das wissen wir auch immer spätestens in der ersten Märzwoche, wenn nämlich rund um den Weltfrauentag alle, oder zumindest ziemlich viele, zu hyperventilieren anfangen.

Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen damit geht, aber mir reicht es. Ich kann es nicht mehr hören und ich will es nicht mehr lesen - etwa wenn die Vertretung der Bäuerinnen einmal mehr via Aussendung betont, dass es wichtig wäre, dass Frauen "bei wichtigen Entscheidungen mitreden und mitentscheiden können". Oder wenn Frauen, die "Österreich prägen", vor den Vorhang geholt werden. Am besten ungeschminkt. Warum aber eigentlich nicht all die anderen, die einfach nur einen guten Job machen, ohne gleich in die Kategorie "super erfolgreich" zu fallen -Kindergärtnerinnen oder Pflegerinnen, die Verkäuferin, die Krankenschwester?

Warum gibt es immer noch Werbespots, wo der Papa der Mama hinterherpfeift, weil die gerade (und natürlich gertenschlank) aus dem Badeteich steigt? Und warum werden einmal im Jahr die Frauen ins Wiener Rathaus eingeladen, um sie mit Workshops wie "Selbst ist die Frau" und "Vereinbarkeit? Die hol ich mir!" zu beglücken? Die Frau als besonders schützenswertes Wesen, das hier und da noch ein bisschen Nachhilfe braucht? Vielen Dank auch.

Andererseits: Warum die Aufregung? Wir sind eben noch nicht so weit. Weil wir nach wie vor von einem seltsamen Frauenbild ausgehen. Weil es uns offensichtlich genügt, wenn man(n) zumindest einmal im Jahr sich die Mühe gibt, zumindest so zu tun, als würde man sich für die Gleichberechtigung interessieren oder einsetzen. Denn eines ist sicher: Spätestens in der kommenden Woche werden wir alle miteinander nicht mehr viele Worte darüber verlieren. Ansonsten könnte man die Zahlen der Statistik Austria rund um die geschlechterspezifischen Lohnunterschiede im Lande locker an einem anderen Tag präsentieren.

Tut man aber nicht. Auch der letzte Höhepunkt einer erwartbaren Aufregungswoche zeigt - Überraschung: Beim Gender Pay Gap gibt es nach wie vor viel Luft nach oben. Heuer müssen die Statistiker ihren Stockerlplatz freilich an Deutschland abtreten. Denn was macht eine Firma ohne Frauen an der Spitze, wenn sie sich zum Frauentag äußern möchte? Sie lässt ihre männlichen Vorstände sagen, welche Frauen sie beeindruckt haben, und bebildert den Beitrag mit einem Gruppenbild des Vorstandes -bestehend aus fünf Herren.

Den Frauentag für PR zu nutzen, selbst jedoch keine einzige Frau in der Führungsriege zu haben, damit steht das Immobilienunternehmen nicht allein da. Und keine Frage: zu besprechen gäbe es rund um das Thema Frauen und Job, Pardon, Karriere, Gleichberechtigung, Lohn-und Gehaltsunterschiede wahrlich noch viel. Ich wurde in der DDR geboren, da gab es am Weltfrauentag wenigstens noch Blumen. Eine pinke Drogeriekette hat im letzten Jahr als "Goodie" einen satten Rabatt eingeräumt - auf Putzmittel. Aktuell werden in der "Woche der Woche" 25 Prozent auf Schminkartikel angeboten. Vielen Dank. Botschaft verstanden.