Toi, toi, toi

Ein paar Maßnahmen hier, ganz viel Augenauswischerei dort. Der Schulstart baut einmal mehr auf dem Prinzip Hoffnung auf. Das wird nicht reichen

von Leitartikel - Toi, toi, toi © Bild: News/ Matt Observe

Ich verstehe die Seilbahnbetreiber. Ziemlich gut sogar. Deren Obmann hat gerade Tacheles geredet: Eine eingeschränkte Wintersaison oder gar ein Lockdown ist für die Branche - Stichwort Umsatzeinbußen und Wirtschaftlichkeit -nicht mehr verkraftbar. Folglich fordert er die Politik auf, rasch Pläne auf den Tisch zu legen, wie man gedenkt, die heurige Wintersaison mit allem Drum und Dran (also so "wie damals") über die Bühne zu bringen. Die Aufmerksamkeit für diesen Aufschrei ist der Branche gewiss. Es geht ja schließlich um etwas. Viel Geld zum Beispiel. Es geht offensichtlich um nichts weniger als um die Zukunft dieses Landes und das Wohlbefinden einer ganzen Nation. Also her mit den Lösungen. Aber flott. "Zur Hirschbrunftzeit sollte der Pfad stehen", fordert Franz Hörl, der passionierte Jäger. Ja, ich verstehe ihn. Schade ist halt, dass uns niemand verstehen will. Dabei geht es auch bei uns um etwas. Um ganz viel Zukunft zum Beispiel. Und vergleichsweise nur um wenig Geld. Denn auch für die Schulkinder und Eltern dieses Landes sind ein weiteres eingeschränktes Schuljahr oder gar ein neuerlicher Lockdown nicht verkraftbar. Werden wir erhört? Nicht wirklich. Das neue Schuljahr startet in ein paar Tagen -und mit denkbar schlechten Vorzeichen. Nämlich inmitten einer vierten Welle mit rasant steigenden Infektionszahlen. Aber diesmal sind wir ja vorbereitet. Ein bisschen zumindest. Um neuerliche Schulschließungen zu verhindern, setzt die Politik nämlich auf PCR-Tests, Abwasser-Monitoring, Maskenpflicht im Gang, ganz viel Lüften und vielleicht auch Luftaustauschgeräte, wenn es denn unbedingt sein muss. Das Ganze nennt sich hochtrabend Schutzkonzept. Wie bei den Großen soll es auch Erleichterungen geben. Für die geimpften Schüler nämlich. Die dürfen wohl demnächst 15 Minuten später in die Schule kommen. Genauer definiert wurde diese Erleichterung freilich nicht. Aber noch so ein bisschen ausspannen, während die anderen sich testen lassen müssen, das ist nicht nichts. Aber es ist aber eben auch nicht viel.

In Summe ist das alles sogar bedauerlich - wenngleich nicht überraschend - wenig. Einmal mehr setzt man aufs Prinzip Hoffnung, Abwarten und den Irrglauben, dass vielleicht alles nicht so schlimm wird. Diesen Weg haben wir schon einmal versucht. Mit mäßigem Erfolg. Aber egal. Es geht ja nur um Kinder. Ein bisschen Bildung, ein paar unentspannte Eltern. Im Zweifel (und sei es, um die nächste Wintersaison zu retten) schickt man diese mit einem Fingerschnippen ins neuerliche Distance Learning. Wohl wissend, dass wir die Baustellen, die sich dadurch aus dem vorangegangenen Schuljahr aufgetan haben, längst noch nicht beseitigt haben. Die Politik hatte es in der Hand, wie dieser Herbst wird. Doch ausgerechnet jetzt, da es um die Gesundheit der mehrheitlich ungeschützten Kinder geht, stiehlt sie sich aus der Verantwortung. Aus Feigheit. Aus Bequemlichkeit. Und weil sie glaubt, mit ein bisschen Zureden, ein paar Appellen hier und einem Impfbus dort noch irgendwie über die Runden zu kommen. Diese Zögerlichkeit verlängert nicht nur die Pandemie. Sie setzt auch jene, für die es noch keinen Impfstoff gibt, mehr Risiken aus als nötig. Jene, die keine Lobby in diesem Land haben. Kinder und Jugendliche. Eiskalt. Und mit einem Schulterzucken.

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