Es war ein Deal zum Rekordpreis, und trotzdem hat die breitere Öffentlichkeit so gut wie nichts darüber erfahren. Anfang 2008 kaufte das amerikanische J. Paul Getty Museum die Büste "Der Verdrüssliche" des Barockbildhauers Franz Xaver Messerschmidt vom Wiener Top-Kunsthändler Reinhold Hofstätter. Wie News-Recherchen nun ergeben haben, blätterte das Museum aus Los Angeles 4,3 Millionen Euro für die begehrte Skulptur hin.
Deal mittlerweile umstritten
News-Informationen zufolge ist der Deal mittlerweile umstritten. Im Hintergrund tobte nämlich ein Familienstreit um die Eigentümerschaft an dem sogenannten "Charakterkopf". Und bis zuletzt präsentierte das Getty Museum auf seiner Internetseite eine fehlerhafte Provenienzliste. Der letzte noch lebende Vorbesitzer war darin nicht genannt. Zwei Tage nach einer News-Anfrage korrigierte das Getty Museum die Liste.
Damit dürfte das Problem jedoch noch lange nicht ausgestanden sein. Unterlagen zufolge, die der Staatsanwaltschaft Wien vorliegen, bestreitet der bisher nicht in der Liste angeführte Vorbesitzer nämlich die Darstellung des Getty Museums, dass sein Großvater von etwa 1920 bis 1960 in Besitz der Büste gewesen wäre. Damit ist höchst fraglich, wo die Skulptur in der Nazizeit von 1938 bis 1945 war. In den vergangenen Jahren mussten mehrere ähnliche Messerschmidt-Büsten an die Erben rechtmäßiger jüdischer Eigentümer zurückgegeben werden bzw. galten diesbezüglich als umstritten. Anlässlich des Erscheinens eines neuen Messerschmidt-Werksverzeichnisses wies der "Der Standard" auf mehrere Fälle und auf eine mangelnde Informationslage zur Provenienz hin.
Getty bleibt Antwort schuldig
News fragte beim Getty Museum nach, aufgrund welcher Informationen es beweisen könne, dass sich "Der Verdrüssliche" tatsächlich seit den 1920er Jahren in Familienbesitz befunden habe. Diese Frage blieb unbeantwortet. Das Museum erklärt lediglich, dass man vor dem Kauf eine "angemessene Prüfung" durchgeführt habe, und verweist auf die Ausfuhrbescheiningung des Bundesdenkmalamts.
In Bezug auf den Familienstreit um die Eigentümerschaft im Vorfeld des Getty-Deals und die Frage einer möglichen Täuschung des Vorbesitzers durch den Verkäufer leitete die Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen ein. Sie sieht darin eine zivilrechtliche Angelegenheit. Ein Anwalt des Vorbesitzers wollte auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben. Reinhold Hofstätter ist 2013 verstorben und hat im fraglichen Zeitraum immer betont, die Skulptur würde ihm gehören. In seinem Umfeld weist man alle Vorwürfe zurück. Dennoch dürfte der "Charakterkopf" allen Beteiligten noch viel Kopfzerbrechen bereiten.
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