Ein teurer
Virus-Mix

KH Nord: Kritiker machen einen Virus-Mix aus Fehlentscheidungen, Überforderung, Unfähigkeit und Freunderlwirtschaft für das Chaos verantwortlich.

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Krankenhaus Nord - Ein teurer
Virus-Mix

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hat dieser Tage am Gelände des Krankenhauses Nord (KHN) bei der offiziellen Schlüsselübergabe einen Luftsprung hingelegt. Immerhin sollen noch im Dezember Verwaltungsmitarbeiter in das Skandalspital einziehen, ab April 2019 Betriebssimulationen stattfinden und im Juni erste Patienten aufgenommen werden. Für freudigen Überschwang besteht dennoch kein Anlass: Nicht nur, weil die Kosten auf 1,34 Milliarden Euro plus rund 200 Millionen Euro Finanzierungsbeitrag explodiert sind; vor allem auch, weil noch immer nicht klar ist, warum das so war und wer die Verantwortung für die rund 500 Millionen Euro Mehrkosten trägt. Daran änderte auch die Untersuchungskommission des Landes unter der Führung von Anwaltskammer-Vizepräsidentin Elisabeth Rech und Notar Johannes Klackl wenig. In den bisherigen Sitzungen konnten oder wollten einvernommene Zeugen wie Ex-Siemens-Vorständin Brigitte Ederer, die ehemalige Finanzstadträtin Renate Brauner, Ex-Krankenanstaltenverbund(KAV)-Chef Udo Janßen oder die umstrittene Gesundheitsstadträtin und jetzige Siemens-Managerin Sonja Wehsely wenig zur Aufhellung beitragen. Sie alle berichteten von Vorkommnissen außerhalb ihres Einflussbereiches und schoben die Verantwortung von sich. Tenor: Es passierten Fehler, aber damit hatten sie nichts zu tun. Auch der Porr-Boss Karl-Heinz Strauss argumentierte diese Woche ähnlich: Er erzählte von zahlreichen Mängeln, die man vorgefunden hätte, von Verzögerungen, wenig detaillierten Ausschreibungsbedingungen und nachträglichen Mengenveränderungen. So wurden statt 500 veranschlagten Verdübelungen 30.000 benötigt, der Grubenaushub nahm von 4.000 auf 117.000 Kubikmeter zu; die Fassade sei schadhaft und das Fundament undicht gewesen. Fazit: Die Rechnung des von der Porr um 98,4 Millionen Euro angebotenen Rohbaus erhöhte sich auf 195 Millionen Euro. Insgesamt belaufen sich die strittigen Mehrforderungen aller am KHN beteiligten Firmen an den Auftraggeber KAV auf rund 200 Millionen.

Kritiker machen einen Virus-Mix aus Fehlentscheidungen, Überforderung, Unfähigkeit und Freunderlwirtschaft für das Chaos verantwortlich. Ob und wer politisch bzw. unternehmerisch dafür den Kopf hinhalten müssen wird, ist noch unklar. Fest steht nur, dass in solchen Fällen immer die Steuerzahler zur Kasse gebeten werden. Deshalb werden sich personelle Konsequenzen nicht vermeiden lassen. Aber vielleicht hat ja der nächste Zeuge, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, dazu eine Antwort parat.

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