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Papiergeldflieger

Rund um den Eurofighter-Deal flossen 33 Millionen Euro an einen kriminellen Italiener und fünf Millionen Euro an einen ahnungslosen Rumänen mit interessanten Kontakten. Nun gibt es Hinweise auf eine nahende Anklage

von Investigativ - Eurofighter -
Papiergeldflieger © Bild: Shutterstock

Es ist eine der jüngsten Maßnahmen, die die Staatsanwaltschaft Wien bei ihren Ermittlungen rund um die Eurofighter-Gegengeschäfte gesetzt hat. Die Ermittler richteten Mitte März 2017 ein Rechtshilfeansuchen an die Justizbehörden von Hongkong. Man erhofft sich Kontounterlagen, die Aufschluss über Geldflüsse diverser Briefkastenfirmen geben sollen.

Spannend ist jedenfalls, wie die Staatsanwaltschaft das Ansuchen formuliert hat. Darin ist nunmehr explizit vom Verdacht die Rede, Zahlungen, die ursprünglich von der Eurofighter-Firma EADS kamen, hätten teilweise zur Bildung sogenannter "schwarzer Kassen" gedient (siehe Faksimile)."Schwarze Kasse" ist ein juristischer Schlüsselbegriff. Gemeint ist, dass ein Unternehmen -zum Beispiel über Scheinrechnungen -Geld verschiebt, um es dann später für Zwecke einsetzen zu können, die man nicht offiziell über die Firmenkassa erledigen will.

Die deutsche Justiz steht auf dem Standpunkt, dass alleine das Einrichten einer "schwarzen Kasse" Untreue gegenüber dem Unternehmen bedeutet. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt in der Causa Eurofighter gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft München. Wenn nun in der Beschreibung der Verdachtslage ein solcher Schlüsselbegriff auftaucht, könnte das ein Zeichen dafür sein, dass schön langsam an Formulierungen für eine Anklageerhebung gearbeitet wird. Seit Längerem heißt es, dass in München im Herbst eine Anklageschrift vorliegen könnte.

EADS firmiert mittlerweile unter Airbus Group. Die Firma gibt angesichts des laufenden Verfahrens keinen Kommentar ab. Alle Betroffenen haben sämtliche Vorwürfe immer bestritten.

Verhör in Rom

Wie kommen die Ermittler nun auf die Idee, es könnte eine "schwarze Kasse" gegeben haben? Unter anderem dürfte ein Besuch in Rom im September 2015 wesentliche Anhaltspunkte geliefert haben. Im Zimmer 268 des Appellationsgerichtshofs wurde mit Hilfe von Dolmetschern die Schlüsselperson im Eurofighter-Krimi einvernommen. Gemeint ist der italienische Geschäftsmann Gianfranco Lande.

Lande war 2012 in einem anderen Zusammenhang wegen Anlagebetrugs zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Einst lenkte er aber die Londoner Briefkastenfirma Vector Aerospace LLP, die von EADS 114 Millionen Euro bekam -angeblich für die Vermittlung von Gegengeschäften, die man der österreichischen Regierung zugesagt hatte. Das heißt im Klartext: Vector sollte sich darum kümmern, dass österreichische Unternehmen aus dem Umfeld von EADS Aufträge bekommen würden, die sonst nicht zustande kämen. Vector überwies den Großteil des Geldes weiter -und zwar wiederum an Briefkastenfirmen. Lediglich für neun der 114 Millionen Euro sollen die Ermittler eine nachvollziehbare Leistung gefunden haben.

Nun hatten die Ermittler die Gelegenheit, bei Landes Einvernahme richtig ins Detail zu gehen. Nach und nach erklärte Lande, welche Empfängerfirmen im Vector-Netzwerk eigentlich ihm zuzurechnen wären. Und plötzlich war man bei einer Summe von insgesamt 33,6 Millionen Euro, die an Lande geflossen sein soll. Der Italiener bestätigte das auch und war ganz entrüstet, als er nach der Leistung gefragt wurde. Er hatte davor nämlich durchklingen lassen, sich lediglich um formale Dinge gekümmert zu haben. Nun sagte er: "Was die 33 Millionen betrifft, so sprechen wir nicht von Leistungen, sondern wir sprechen von sechs Millionen, sieben Millionen für Leistungen, der Rest ist ein Anteil an dem Gewinn, der mit der Vermittlungstätigkeit erzielt wurde."

Das ist ziemlich viel Geld dafür, dass laut Verdachtslage die Zahlungen, die Vector tätigte, großteils gar nicht für Vermittlungsleistungen und für die Identifizierung von Gegengeschäften erfolgten. Dass diese Summe niemandem abgegangen ist? Und wo ist sie wirklich gelandet? Geblecht haben das letzten Endes übrigens die österreichischen Steuerzahler im Rahmen des Kaufpreises für die Flieger.

Spur des Geldes

Dass die Vermittlung von Gegengeschäften nur ein vorgeschobener Grund gewesen sein könnte, um Geld von A nach B zu transferieren, zeigt ein besonders skurriler Fall. Seit Langem geistert ein angeblicher rumänischer Gegengeschäftsvermittler namens Constantin D. durch den Eurofighter-Akt. Mittlerweile heißt er Constantin S., und im November 2015 hatten österreichische Ermittler das Vergnügen, ihn in Rumänien als Zeugen einzuvernehmen.

D. soll laut Unterlagen im Jahr 2005 eine Rechnung über 5.055.906,13 Euro an die Briefkastenfirma Columbus Trade Services Limited gestellt haben, die auch bezahlt wurde. Die Columbus wiederum erhielt Geld von Vector. Das Geld an D. soll für die Vermittlung von Gegengeschäften des österreichischen Flugzeugzulieferers FACC geflossen sein. Der damalige FACC-Chef sagte allerdings als Zeuge aus, den Namen von D. nie gehört zu haben. Für die auf der Rechnung angeführten Gegengeschäfte habe es keine Vermittler gegeben.

D. selbst gab sich gegenüber den Ermittlern völlig ahnungslos. Er habe einst einen deutschen Staatsbürger namens Manfred W. kennengelernt, der Berater bei Airbus gewesen sei. Zum Hintergrund: Airbus war damals die Zivilluftfahrtsparte von EADS. Mittlerweile heißt der ganze Konzern Airbus Group. Und Manfred W. ist einer der zentralen Beschuldigten in der Causa Eurofighter.

"Ich weiß, dass dieser Manfred W. gemeinsam mit den Personen von seinem Umkreis mir zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgeschlagen haben (sic!), dieses Geschäft (den Eurofighter-Deal, Anm.) zu vermitteln, um eine Provision zu kassieren", sagte der Rumäne D. aus. Er habe das aber abgelehnt. Dumm nur, dass sich auf einigen Papieren die Unterschrift von D. befindet. Auch eine Passkopie von D. wurde bei den Columbus-Akten gefunden. D. behauptet, es sei möglich, dass seine Unterschrift gefälscht wurde. Er könne sich erinnern, dass er Manfred W. die Kopie seines Reisepasses zur Verfügung gestellt habe. Manfred W. und Personen aus seinem Umkreis hätten seine Identifikationsdaten für die Errichtung eines Postfachs verlangt. "Die Briefe, die in den Postkasten gekommen sind, wurden von Manfred W. übernommen."

Neffe des Scheichs

Zwar bestreitet D., etwas mit dem Eurofighter zu tun gehabt zu haben. Mit Manfred W. habe er aber vier bis fünf Jahre zusammengearbeitet. Er habe ein Geschäft zwischen Airbus und den Vereinigten Arabischen Emiraten vermittelt, indem er Manfred W. dem Neffen des Scheichs vorstellte, der für den Vertragsabschluss verantwortlich gewesen sei. Dafür habe er 40.000 US-Dollar in bar bekommen. Von den Millionenrechnungen in Zusammenhang mit dem Eurofighter wisse er aber nichts.

Wurde hier ein braver rumänischer Geschäftsmann mit Kontakten zum Neffen des Scheichs ausgenutzt, um Millionen an unerkannte Empfänger durch die Welt zu schicken? Vielleicht. Allerdings hatte D. -abgesehen von Manfred W. - noch einen weiteren, sehr spannenden Bekannten.

D. war nämlich im Jahr 2006 in einem Haus in Niederösterreich gemeldet. Unterkunftgeber war eine Firma, deren Chef Andreas S. heißt. Andreas S. ist Sohn von Georg S. Und der wiederum war 2002 in einem geheimnisvollen internen EADS- Maßnahmenplan zum Thema Eurofighter als wichtiger Kontakt zur ÖVP genannt worden. News berichtete ausführlich darüber. Laut einem Mitarbeiter hatte Georg S. übrigens auch Besprechungen mit dem Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly. Und er habe den Leiter der Luftwaffe des Bundesheeres gekannt, der später wegen eines Vorwurfs rund um die Eurofighter-Beschaffung suspendiert wurde.

Nebenbei arbeitete S. übrigens als Fluglehrer. In einem Mail an einen EADS-Manager schrieb er am 13. Jänner 2006: "Wenn alles plangemäß läuft, kommt heuer eine nette kleine, sehr exklusive Fluggruppe zusammen: Herr MR Dr. S. ( ), Herr A. und ( ) sollen mit Ihnen das Flugteam bilden." Eine illustre Runde, falls sie tatsächlich zustande gekommen ist. Dr. S. war laut E-Mail ein hoher Bundesbeamter. A. (Name der Redaktion bekannt) war einer der Hauptlobbyisten rund um den Eurofighter-Deal.

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