"Fehler machen
gehört einfach dazu"

Vom Kickstarter zum großen Erfolg: Das Lernspielzeug Robo Wunderkind ist vielfach ausgezeichnet und wird bereits in 200 Schulen weltweit eingesetzt, um Kindern spielerisch das Programmieren beizubringen. Wir haben uns mit Mitgründerin und CEO Anna Iarotska darüber unterhalten, wie schwierig es war, Robo Wunderkind auf die Beine zu stellen und was ein erfolgreiches Startup ausmacht.

von Heimisches Startup - "Fehler machen
gehört einfach dazu" © Bild: Robo Wunderkind

Wie ist Robo Wunderkind entstanden? Was war quasi die „zündende Idee“ dafür?
Anna Iarotska: Nachdem ich einige Jahre in der Finanzwelt in Wien tätig war, entschied ich mich für ein Studium an der London School of Economics im Fach International Development. Parallel zu meinem Studium habe ich erste Erfahrungen in der Startup-Welt in London gesammelt und dabei festgestellt, wie schnell Technologien unsere Arbeitsweisen verändern und dass dies viele Menschen überfordert. Auf der Technologiekonferenz Pioneers traf ich auf Rustem Akishbekov und Yuri Levin, mit denen ich mich zu eben diesem Thema unterhielt. Rustem hatte zu dem Zeitpunkt eine Idee, einen edukativen Roboter zu entwickeln, mit dem jeder programmieren lernen kann und durch den die Robotik nicht mehr so abschreckend wirkt. Gemeinsam haben wir beschlossen, die Idee weiter zu verfolgen. Gleichzeitig wollten wir einen neuen Ansatz für Querschnittstechnologien in der Bildung schaffen, um Kindern in der zunehmend robotisierten Welt ein sicheres Standing zu ermöglichen.

Wie lange hat Entwicklung bis zur Kickstarter-Kampagne gedauert?
Wir sind in 2014 mit USD 10.000 gestartet, die wir über einen Startup Pitch gewonnen und für die Entwicklung eines Prototyps verwendet haben. Etwa ein Jahr später, launchten wir mit diesem Prototyp im Herbst 2015 unsere Kickstarter-Kampagne.

Wo lagen besondere Herausforderungen/Schwierigkeiten in der Entwicklung von Robo Wunderkind?
Wir haben unterschätzt, wie zeitintensiv die weitere Entwicklung der Hardware werden würde. Unser Learning: einige Phasen lassen sich partout nicht beschleunigen – andernfalls hätten wir qualitative Einbußen akzeptieren müssen, und das stand für uns einfach nicht zur Debatte. Insgesamt war dies also eine unfassbar spannende Zeit für uns, bis die ersten Robo Wunderkind Kits endlich vom Stapel liefen und an die ersten Kunden herausgegeben werden konnten.

»Jede noch so kleine Hürde hat uns dorthin gebracht, wo wir jetzt sind«

Im Nachhinein betrachtet: Was würden Sie aus Unternehmersicht mit heutiger Erfahrung bei Robo Wunderkind anders machen?
Das ist schwer zu sagen. Jede Herausforderung hat ihren Sinn – jede noch so kleine Hürde hat uns dorthin gebracht, wo wir jetzt sind. Fehler machen, gehört einfach dazu. Im Nachhinein betrachtet, würde ich den Vertrieb von Bildungsinstitutionen ein bisschen anders angehen: Wir wurden anfangs von vielen Partnern initiativ angesprochen – dadurch fiel es uns schwer, zu differenzieren, wer oder was gut für Robo Wunderkind funktioniert. Heute wissen wir es besser: wir konzentrieren uns auf strategisch ausgewählte Partner und verlieren den Fokus und unsere Mission nicht aus den Augen.

Der wichtigste Tipp für ein Startup, das sein Projekt über Crowdfunding finanzieren will?
Ich denke, wichtig bei jeglicher Form von Crowdfunding und Crowdinvesting ist es, möglichen Feedback- und Inputgebern gegenüber aufgeschlossen zu sein – denn du präsentierst dein Produkt potentiellen Kunden bzw. Investoren. Die Unterstützer sind early adopters, ihre Reaktionen und ihr Feedback können mitunter sehr wertvoll sein und sollten bestenfalls in die Produktentwicklung einfließen. Dabei ist eine Crowfunding-Kampagne nicht nur ein wichtiger Test für das Produktkonzept, sondern auch Teil deines Marketingkonzepts – denn sie klärt deine elementaren Fragen: Kommt meine Botschaft an? Spreche ich die richtigen Leute an? Überzeugt mein Produkt?

Macht es auch Sinn, Crowdfunding außerhalb von Kickstarter zu betreiben?
Wir haben bisher nur Crowdfunding betrieben. Dabei unterscheide ich zwischen Crowdfunding von Crowdinvesting. Crowdfunding ist ein Vorverkauf von Produkten. Crowdinvesting ist die Möglichkeit für kleinere Investoren, sich an der Firma zu beteiligen. Wir haben noch keine Erfahrung mit Crowdinvesting gemacht, aber es ist auf jeden Fall eine sehr gute Möglichkeit, um Wachstumskapital zu raisen.

»Wir sind dynamisch und kaum hierarchisch und mögen es, dass wir keine Vorstände und Aufsichtsräte überzeugen müssen«

Robo Wunderkind ist kompatibel zu Legosteinen: Warum sind Sie mit Ihrer Idee nicht gleich zu Lego gegangen? Vom Ansatz her würde das Konzept ja gut zu den Dänen passen.
Wir sind ein junges Team mit unbeschreiblich viel Energie und großen Visionen – wir wollten also erst einmal selbst loslegen, uns ausprobieren, unsere eigenen Fehler machen und daraus lernen. Wir sind dynamisch und kaum hierarchisch und mögen es, dass wir keine Vorstände und Aufsichtsräte überzeugen müssen oder uns mit unserem Produkt zwischen andere Vermarktungsstrategien oder Launches quetschen müssen. Die freie grüne Wiese ist schwer, aber hat auch das größte Potential.

Stichwort Lego: Was halten Sie von Boost? Das spricht ja eine ähnliche Zielgruppe an wie Robo Wunderkind und soll angeblich wie Blei in den Verkaufsregalen liegen.
Boost spricht Kinder ab 7 Jahren an und zielt vor allem auf private Haushalte ab. Dabei sind die Sets mitunter sehr kleinteilig, komplex und zeitaufwendig. Eine lange Bauzeit hat schon einen bestimmten Reiz, aber führt auch zu einem verzögerten Erfolgserlebnis und erfordert mitunter eine große Geduld. Wir wollten von Anfang an eine modulare Alternative, in der sich bereits Kinder ab einem Alter von 5 Jahren in der Rolle der fantasievollen Entwickler und Programmierer wiederfinden und ganz intuitiv viele kleine (Lern-)Erfolge erzielen. Daneben bietet Robo Wunderkind auch ein Open End Spiel. Es gibt somit unendlich viele Möglichkeiten. Ein tolles Beispiel ist unsere monatliche Challenge via Instagram (https://www.instagram.com/explore/tags/robocreatorchallenge/) – hier toben sich die Kids zu wechselnden Aufgabenstellungen kreativ aus und bauen die verschiedensten Roboter. Unsere Mission, die nächste Generation mit Begeisterung und Neugierde an einen selbst-gestalterischen Medienkonsum heranzuführen, setzen wir außerdem mit mehr als 200 Bildungseinrichtungen und Schulen um. Gemeinsam mit Lehrkräften und Schülern haben wir Lehrmaterialien und Übungen entwickelt, die sich mit dem österreichischen Curriculum überschneiden und mit Fächern wie Mathe und Kunst kompatibel sind. In der Entwicklung unserer Kits haben wir also von Anfang an auch die Pädagogen berücksichtigt. Mit Erfolg – die Kinder begeistern sich in der Schule mit Robo Wunderkind für die Themen Robotik und Coding und können die Sets für Zuhause nachkaufen.

»Wir arbeiten unter anderem schon an der Schwarmrobotik«

Ist das Projekt Robo Wunderkind abgeschlossen? Was folgt als Nächstes, was sind die nächsten Ziele?
Noch lange nicht! Denn der technologische Fortschritt wird niemals stillstehen und es wird immer neue Möglichkeiten geben, das Interesse von Kindern zu wecken. Wir wollen kontinuierlich dranbleiben, damit Kinder den sinnvollen Umgang mit neuen Technologien erlernen – denn sie sollen in einer modernen Gesellschaft als Gestalter leben und wirken. Derzeit widmen wir unsere ungeteilte Aufmerksamkeit dem Thema Digitalpakt und entwickeln die Dritte Generation von Robo Wunderkind. Wir arbeiten u.a. an der Schwarmrobotik, so dass die Roboter zukünftig miteinander kommunizieren können. Außerdem erfolgen kleine Feintunings an den Modulen – inspiriert wurden wir hier von unseren fleißigen Kundenfeedbacks. Dazu möchten wir in drei Jahren der führende Lehr-Partner an Schulen und Kindergärten in der DACH-Region sein – wir stehen bereits mit vielen neuen potenziellen Partnern im Gespräch.

Von Robo Wunderkind abgesehen: Was würden Sie Ihrem Kind heutzutage noch zum Spielen/Entdecken geben?
Einen 3D Doodler – eine Möglichkeit, Gegenstände in der Luft zu zeichnen. Ein super cooles Tool, um kreativ zu werden und die Fantasie anzuregen! Und ein spannendes Buch, das den Entdeckungsgeist des Kindes anregt – von Jules Verne zum Beispiel.