Zu zweit Karriere schaffen

Karriere à deux

Für Wissenschafterpaare ist die Karriere für beide ein Balanceakt. Forschungsstandorte wetteifern um die Besten und helfen bei der Dual Career

von Forschung - Zu zweit Karriere schaffen © Bild: Copyright 2017 Matt Observe - all rights reserved.

Karriere zu machen, ist schon für einen nicht leicht. Komplizierter ist es, wenn beide Partner hochqualifiziert sind, gute Jobs suchen und an einem Ort leben wollen. Die "Dual Carreer Couples" genannten Wissenschafterpaare müssen oft zwischen Ländern oder Kontinenten pendeln und Abstriche machen, wenn sie als Familie zusammenleben wollen. Weil Universitäten, Unternehmen und Forschungsstandorte weltweit auf der Suche nach Topleuten sind, bemühen sie sich zunehmend, Akademikerpaaren bei der Suche nach interessanten Stellen, aber auch beim Zurechtfinden in einer Stadt zu helfen. In den USA nehmen manche Universitäten gleich beide Partner auf, um die besten Wissenschafter zu bekommen oder zu halten. In Österreich gibt es seit einigen Jahren Unterstützung für solche Paare. Jobvermittlung aber ist das keine.

Kennengelernt hatten sich die beiden in Oxford, doch dann forschte der Informatiker Georg Weissenbacher an der Universität in Princeton, während seine Frau May Chan ihr Doktoratsstudium der Linguistik in Oxford noch abschließen musste. Also pendelten die beiden jahrelang zwischen England und den USA und ab 2012, als Weissenbacher als Assistenzprofessor an die Technische Universität Wien wechselte, zwischen Oxford und Wien. Für Weissenbacher, einen gebürtigen Steirer, war die Stelle "in einer der sicher besten Gruppen meines Faches" hochattraktiv, "da ist Österreich eines der Top-Länder". Aber für May Chan, in Hongkong geboren, in den Niederlanden aufgewachsen, war der Weg nach Wien nicht leicht. Sie musste erst einen Deutschkurs absolvieren, um die Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, und dann Arbeit finden.

© Copyright 2017 Matt Observe - all rights reserved. Carola Riedinger-Glatzel & Stephan Glatzel. Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache, Geograf. Glatzel nahm eine Professur für Geoökologie an der Uni Wien an. Ein Jahr später kamen seine Frau und die Kinder nach. Carola Riedinger-Glatzel unterrichtet Deutsch als Fremdsprache

Frühe Unterstützung

Seit drei Jahren gibt es den Dual Career Service Support, eine Vernetzung von Universitäten und Institutionen im Großraum Wien. Es geht dabei, sagt Michael Stampfer, Geschäftsführer des Wiener Wissenschafts-,Forschungs- und Technologiefonds, vor allem um das Signal an Wissenschafterpaare: "Wir kümmern uns um beide. Wir haben als WWTF direkt keine Stellen anzubieten, aber wir können mit Informationen helfen, wenn das Paar noch in Edinburgh, Zürich oder Los Angeles am Frühstückstisch abwägt, ob es ein Angebot in Wien annehmen soll." Dann ruft die Programmmanagerin Johanna Trupke an und fragt nach Qualifikationen, Lebenslauf, Interessen und informiert über mögliche Jobs in Österreich, über Bewerbungsformalitäten, Steuerund Pensionsfragen, Schulanmeldungen für Kinder, Wohnungssuche oder Feinheiten der hiesigen Verwaltung.

Wien ist, sagt Stampfer, "ein sehr attraktiver Standort mit einem hochqualifizierten Arbeitsmarkt, aber der Wettbewerb mit den Besten wird immer härter". Umso wichtiger ist der Einsatz für Topleute.

Das Service in den bisher betreuten rund 65 Fällen reichte von wenigen Auskünften bis zu laufender Unterstützung. "Es war", sagt May Chan, "vor allem moralische Unterstützung, einen Job zu finden, und Hilfe in bürokratischen und praktischen Fragen. Ich arbeite jetzt am IST Austria in Klosterneuburg, einem sehr ambitionierten und attraktiven internationalen Institut." Am "Institute of Science and Technology Austria" betreut sie Doktoratsstudentinnen und -studenten.

Das Sprachproblem fiel beim deutschen Ehepaar Stephan Glatzel und Carola Riedinger-Glatzel weg. Der auf die Erforschung von Mooren spezialisierte Geograf entschied sich für Wien, weil ihm Österreich gefällt und er wusste: "Mein Forschungsfeld wird hier wenig erforscht, also kann ich es neu gestalten." Dafür gab er seinen deutschen Beamtenstatus auf. Und seine Frau ihre feste Stelle in Rostock: "Das war schon ein großer Schritt. Aber das Pendeln war anstrengend, und wir wollten als Familie zusammen sein." Das Dual Career Service beriet sie und half mit der Information, wie sie sich beim Stadtschulrat anmelden könne. Anders als erwartet, bekam Riedinger-Glatzel binnen weniger Tage eine Stelle als Lehrerin: "Es hat bei uns besonders gut funktioniert. Wir mögen Wien, eine große und weltoffene Stadt."

Allein erfolgreich

Das Ehepaar Irina Grishkovskaya und Alexej Charnagalov, sie Strukturbiologin, er Biochemiker und Molekularbiologe, arbeitete in Russland, Weißrussland, Schottland, England und Deutschland und musste zeitweise pendeln, ehe Grishkovskaya 2010 in die Max F. Perutz Laboratories am Campus Vienna Biocenter wechselte. Charnagalov arbeitete noch in Berlin, "aber nach Jahren des getrennten Lebens war das nicht gut". Deshalb suchte er selbst, ganz ohne Unterstützung, in Wien nach einem Job. "Sich als Wissenschafter zu bewerben, ist wie im Lotto", sagt Charnagalov.

Er war erfolgreich und arbeitet seit 2016 als Labormanager am IST Austria. Er sagt: "Wissenschafter haben oft befristete Verträge. Manchmal ist es ein Rennen gegen die Zeit. Double career ist nicht einfach, aber möglich."

© Copyright 2017 Matt Observe - all rights reserved. Irina Grishkovskaya & Alexej Charnagalov Strukturbiologin, Biochemiker. Irina Grishkovskaya kam 2010 nach Wien, sie forscht am Vienna Biocenter. Ihr Mann Alexej Charnagalov folgte 2013, er arbeitet am IST Austria (Institute of Science and Technology) in Klosterneuburg

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