Deutschland hat Unternehmenssteuerre-
form beschlossen: Steuerlast soll sinken

Für Kapitalgesellschaften von 38,6 % auf unter 30 % Gewerkschaften: Widerstände gegen die Reform

Die schwarz-rote Regierung Deutschlands will das Land für den Steuer-Wettbewerb gegenüber anderen Staaten besser rüsten. Die Regierung will dazu die Unternehmenssteuern senken. Das Kabinett beschloss den umstrittenen Gesetz-Entwurf.

Finanzminister Peer Steinbrück betonte vor Journalisten, diese Reform sei im Interesse Deutschlands. Es gehe darum, den Standort attraktiver zu machen, um mittelfristig mehr Steuern zu erzielen. Der SPD-Minister hob hervor, dass einer Entlastung von brutto 30 Mrd. Euro Belastungen von 25 Mrd. Euro gegenüberstehen würden. In den ersten Jahren wird der Rückgang der Einnahmen für den Staat allerdings deutlich höher sein.

Steinbrück sprach von einem "sehr wichtigen Vorhaben". Die große Koalition habe dabei "fast beispielhaft" zusammengearbeitet. Der Finanzminister wies die anhaltende Kritik aus dem eigenen Lager zurück.

Insbesondere der linke Flügel der SPD spricht von einer zu starken Entlastung der Wirtschaft und fordert eine Korrektur. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) verlangte, die Reform-Pläne "in den Reißwolf zu stecken". Das Vorhaben sei sozial ungerecht und ökonomisch unsinnig. Die Wirtschaft begrüßte das Projekt, hält aber weitere Änderungen für unerlässlich.

Die Regierung will mit der Reform erreichen, dass Gewinn- oder Betriebsverlagerungen in Niedrigsteuer-Länder verhindert und stattdessen wieder mehr Erträge in Deutschland versteuert werden.

Nach dem Regierungsbeschluss soll die Gesamt-Steuerlast von Kapitalgesellschaften (AG und GmbH) von derzeit 38,7 auf 29,8 Prozent gesenkt werden. Profitieren sollen auch Personenunternehmen, die den Großteil der deutschen Firmen stellen und deren Eigentümer dem Einkommenssteuersatz von maximal 42 Prozent unterliegen. Ihre im Unternehmen belassene Gewinne sollen nur mit gut 28 Prozent versteuert werden können (Thesaurierungsrücklage). Davon profitieren große Mittelstandsbetriebe.

Von 2009 an ist eine Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge von 25 Prozent geplant. Um die Einnahmeverluste für den Staat auf fünf Mrd. Euro im Jahr zu begrenzen, werden Steuerbegünstigungen abgeschafft und Schlupflöcher geschlossen. In den ersten Jahren dürften die Minder-Einnahmen aber noch höher sein. Endgültig verabschiedet werden soll das Gesetz vor der Sommerpause.

Die Reform stößt auch in der Regierung noch auf Bedenken. So fordert Wirtschaftsminister Michael Glos Nachbesserungen für den Mittelstand. Der CSU-Politiker beklagt nach wie vor Nachteile für kleine und mittlere Unternehmen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angekündigt, dass Verbesserungen zu Gunsten von Forschung und Entwicklung erreicht werden müssten. Es dürfe nicht sein, dass durch die Reform etwa Forschungsaktivitäten von Unternehmen ins Ausland verlagert oder ganz unmöglich gemacht würden. Nach den Worten von Steinbrück soll dies aber unabhängig von der Reform entweder parallel oder später geregelt werden.

Neu ist eine "Zinsschranke". Sie soll Konzern-Konstrukten einen Riegel vorschieben, mit denen Gewinne ins steuergünstige Ausland verlagert werden. Auch mit einer stärkeren Hinzurechnung von gewinn- unabhängigen Elementen in der Gewerbesteuer soll Steueraufkommen im Land gehalten werden.

Im ersten Reformjahr fallen dennoch Mindereinnahmen von 6,5 Mrd. Euro an. Sie sinken erst nach 2011 unter die Obergrenze von 5 Mrd. Euro. Dieser Wert gilt für den theoretischen Fall, dass alle be- und entlastenden Maßnahmen gleichzeitig wirken. Während die Steuersenkung sofort zu Buche schlägt, wirken die Maßnahmen zur Gegenfinanzierung erst später. Die Fünf-Miliarden-Grenze entspricht dem Rahmen, den die große Koalition abgesteckt hatte.

(apa)