Baukartell: Oberster Gerichtshof
bestätigt "massiven Verdacht"

Der Oberste Gerichtshof erklärt Hausdurchsuchungen in der Causa Baukartell für rechtens. Er vermutet in seiner Begründung „jahrelange systematische kartellrechtswidrige Absprachen in großem Umfang“.

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Causa Baukartell - Baukartell: Oberster Gerichtshof
bestätigt "massiven Verdacht"

Nun ist es offiziell: Die im Zuge der Ermittlungen in der Causa Baukartell durchgeführten Hausdurchsuchungen beim oberösterreichischen Baukonzern Swietelsky sind gesetzeskonform. Das hat in letzter Instanz der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigt. Und er unterstreicht in seiner Begründung, wie massiv der Verdacht der illegalen Absprachen zwischen Swietelsky und weiteren heimischen Bauunternehmen über mindestens zehn Jahre ist.

Wir erinnern uns: Steuerfahnder hatten im Jahr 2016 bei der Kärntner Baugesellschaft Kostmann einen roten Aktenordner sichergestellt. Aus den darin enthaltenen Unterlagen ergab sich ein schwerer Verdacht: Zahlreiche Firmen, darunter Branchengrößen wie Porr, Strabag und die genannte Swietelsky sollen sich mittels Absprachen systematisch auf Kosten öffentlicher Auftraggeber bereichert haben. Die sichergestellten Akten deuten daraufhin, dass sich die Baufirmen vor Ausschreibungen abgesprochen haben. Das Unternehmen, das jeweils den Zuschlag erhielt, soll den anderen im Gegenzug Geld gezahlt haben. In Summe soll es um Millionenbeträge gehen. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Weil die Ermittler befürchteten, dass beteiligte Unternehmen versuchen könnten, mögliche Gesetzesverstöße zu verschleiern, suchte die ermittelnde Bundeswettbewerbsbehörde bei Gericht um Hausdurchsuchungsbefehle an. Zuständiges Kartellgericht war im konkreten Fall das Oberlandesgericht Wien, das die Hausdurchsuchungen auch prompt genehmigte. Anfang Mai fanden daraufhin großangelegte Razzien an mehr als 20 Standorten namhafter Tief-Bauunternehmen statt.

Sinneswandel

Bei Swietelsky war man über den Besuch der Ermittler sichtlich wenig erfreut. Gleich sechs Unternehmen des Konzerns legten ein Rechtsmittel gegen die vom Oberlandesgericht Wien freigegeben Hausdurchsuchungen in der Konzernzentrale in Linz, sowie in Standorten in Kärnten und der Steiermark, ein. So ging der Fall in nächster Instanz an den OGH.

Im Juli überlegte es sich das Unternehmen kurzfristig anders und wollte sein Rechtsmittel zurückziehen. Anwalt Günther Grassner, der Swietelsky in der Causa vertritt und gleichzeitig stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens ist, erklärt auf Anfrage, seine Mandantin habe zu diesem Zeitpunkt erkannte, „ihre Rechtsschutzziele anders geeigneter verfolgen zu können“.

Der Sinnenswandel kam jedoch zu spät, der OGH hatte seine Entscheidung getroffen, bevor ihn das Anwaltsschreiben erreichte. Per 7. Juli 2017 hatte der OGH entschieden, das Rechtsmittel abzulehnen. Der Beschluss des Erstgerichts sei frei von Rechtsirrtum, die Razzien bei Swietelsky sind damit gültig.

Anwalt Grassner betont, dass die Entscheidung des OGH lediglich bejahe, „dass anlässlich der Bewilligung der Hausdurchsuchung ein diese rechtfertigender Tatverdacht vorlag“. Swietelsky sei bemüht diese Verdachtslage „bestmöglich“ aufzuarbeiten und „zeigt sich gegenüber den Ermittlungsbehörden kooperativ“, so Grassner.

Kronzeuge gesucht

Tatsächlich macht die Begründung des OGH deutlich, wie massiv der Verdacht der illegalen Absprachen im konkreten Fall ist. Das von Swietelskys Verteidigern vorgebrachte Argument, wonach es „an einem festgestellten Tatverdacht hinsichtlich konkreter Zuwiderhandlungen“ fehle, gehe ins Leere, schreibt der OGH. „Vielmehr ergab sich aus den sichergestellten Unterlagen ein ganz massiver Verdacht jahrelanger systematischer kartellrechtswidriger Absprachen in großem Umfang in zumindest 80 (nach der Rekursbeantwortung sogar 93) Fällen.“

Der Kartellverdacht ist auch für die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) interessant. Erhärtet sich der Verdacht, könnte sie den involvierten Unternehmen deftige Strafzahlungen aufbrummen. "Wie die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zeigt, lag ein massiver Verdacht wegen Preisabsprachen und Austausch von wettbewerbssensiblen Daten vor, der sich über nahezu alle Bundesländer erstreckt“, kommentiert BWB-Generaldirektor Theodor Thanner die aktuelle Entscheidung des OGH.

Die Aufbereitung des sichergestellten Materials seitens der BWB sei im Gange. Noch sei es mittels Selbstanzeige aber möglich, den hohen Strafen zu entgehen: „Die Möglichkeit sich als Kronzeuge zu Verfügung zu stellen, ist noch immer aufrecht", betont Thanner.