Boris Beckers
Geisterfirmen in Wien

Ein Gericht in London hat den Tennisstar für bankrott erklärt, ein Geschäftspartner aus der Schweiz fordert mehr als 30 Millionen Euro. Und in Wien taucht Boris Becker in Zusammenhang mit einem rätselhaften Firmenkonstrukt auf.

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Investigativ - Boris Beckers
Geisterfirmen in Wien

Es ist, als ob im entscheidenden Moment eines Tennismatches der Ball an der Netzkante hängen bliebe. Für einen endlos wirkenden Augenblick weiß man nicht, wie es weitergeht. Fällt der Ball zurück, ist der eine Spieler draußen. Fällt er hinüber, der andere. Boris Becker stand in seiner aktiven Karriere oft auf der Siegerseite. Doch nun geht es ums Geschäft, um Geld, um Schulden. Und jetzt ist der Moment, in dem sich entscheidet, wo der Ball wirklich landen wird.

Im Juni hat ein Gericht in London den 49-jährigen Ex-Tennisstar für bankrott erklärt. Ausgangspunkt waren unbeglichene Schulden bei einer Privatbank aus einem Darlehen von angeblich mehr als drei Millionen Euro. Außerdem gab es eine Klage von Beckers Ex-Geschäftspartner Hans-Dieter Cleven in der Schweiz. Diesem schuldet der dreifache Wimbledon- Sieger mehr als 30 Millionen Euro, wie die "Süddeutsche Zeitung" mit Verweis auf das Gerichtsurteil berichtete, das auch News vorliegt. Diesen Satz im Match um seine finanzielle Zukunft konnte Becker gewinnen: Das Schweizer Gericht wies Clevens Klage auf Rückzahlung ab. Das deutsche Sportidol muss vorerst nicht zahlen. Doch der nächste Satz könnte bald beginnen. Wegen der Bankrott-Entscheidung in London muss das Tennis-Ass Berichten zufolge möglicherweise sein Vermögen auf der ganzen Welt offenlegen. Und da könnte dann der Blick auch nach Wien fallen.

Vier Firmen in Österreich

Hierzulande taucht Becker in Zusammenhang mit einem etwas mysteriös wirkenden Firmenkonstrukt auf, das bis 1999 zurückreicht. Damals gründete der gerade in Tennis-Rente gegangene Deutsche vier Firmen: zwei Hauptfirmen mit jeweils einer Beteiligung. Eines dieser Firmenpaare gründete er alleine, das andere mit Partnern. Und wenn man in London demnächst über Beckers Vermögensverhältnissen brütet, wird wohl auch die Frage auftauchen, was da in Wien noch läuft.

Eine der vier Firmen ist längst wegen Vermögenslosigkeit gelöscht. Zwei befinden sich nach Auflösungsbeschlüssen zwar in Liquidation. Diese dauert allerdings schon mehr als zehn Jahre. Und eine der Firmen ist weder aufgelöst noch in Liquidation -also formal ungebrochen aktiv. Liegt noch irgendwo Vermögen? Im Jahr 2000 berichteten Medien über Beckers Wiener Firmen. Eine soll "Vermarktung und Rechtehandel" betrieben haben - etwa für den damaligen Fußballstar Andrij Schewtschenko. Eine andere soll an einem Hotel auf Mallorca beteiligt gewesen sein. Gut möglich wäre es aber, dass die Wiener Firmen längst nur noch Geisterfirmen sind - übriggeblieben bei Versuchen Beckers, Geschäfte zu machen, dann vergessen. Übrigens war auch Cleven, Beckers nunmehriger Gegner vor Gericht, bei zwei der Firmen aktiv: zunächst als Geschäftsführer, dann als Liquidator. Ob ein Teil der Schulden Beckers aus diesen Firmen stammt? Cleven wollte die Angelegenheit nicht kommentieren.

Eine Anfrage an einen Anwalt Beckers blieb unbeantwortet. Im Interview mit der "Süddeutschen" bestritt der Tennisstar, pleite zu sein: Er komme allen Verpflichtungen gegenüber Mitarbeitern und sonstigen monatlichen Ausgaben nach. Bei dem Darlehen in London gehe es um Differenzen in Bezug auf den Zinssatz.