"Ben und Jerry's"-Manager
verrät Eis-Geheimnisse

Worauf es ankommt, welche Sorten trenden und wie Eis die Welt verbessern soll

Er ist die rechte und die linke Hand von Ben Cohen und Jerry Greenfield, den Gründern der Kult-Eis-Marke Ben & Jerry’s: News.at hat Sean Greenwood, den globalen Kommunikationschef und 30 Jahre langen Mitarbeiter des Unternehmens mit sozialer Mission getroffen und mit ihm über die Geheimnisse der Eis-Produktion, aktuelle Eis-Trends und lustigen „Ben & Jerry’s“-Sorten sowie darüber, wie Eis die Welt verbessern kann, gesprochen.

von
Gelato made in USA - "Ben und Jerry's"-Manager
verrät Eis-Geheimnisse

News.at: Welche ist Ihre Lieblingssorte?
Sean Greenwood: Cherry Garcia mag ich am liebsten, doch jemand meinte zuletzt, das sei eine typische „Papa-Antwort“, also etwas, das alte Männer sagen würden. Jetzt bin ich unsicher. (lacht)

Was mögen Sie gar nicht?
Red Velvet Cake.

Sean Greenwood
© © Conny de Beauclair "Rechte und linke Hand" von Ben und Jerry und globaler Kommunikationschef des Unternehmens, Sean Greenwood, (ganz links) bei der 40. Geburtstagsfeier von "Ben & Jerry's" in Wien

Welche ist die erfolgreichste „Ben & Jerry’s“-Sorte?
In den USA ist es „Half Baked“, also halb Cookie-Teig und halb Brownie-Teig. Global gesehen ist es „Cookie Dough“ – auch in Österreich. Es ist aber interessant, dass es da regionale Unterschiede gibt. In manchen Märkten, wie etwa in Brasilien, verkaufen sich gerade Fruchtsorten besonders gut, in anderen wiederum gehen die gar nicht, dafür alles mit Schokolade.

»"Kürbis" würde im Frühling kein Mensch kaufen. «

Gibt es derzeit eine Trend-Sorte?
Das ist interessant, es gibt saisonale Unterschiede. Manche verkaufen sich zwar das ganze Jahr gut, andere bringen wir aber überhaupt nur in bestimmten Saisonen heraus, wie etwa unsere Sommer-Sorte „Key Lime Pie“ oder im Herbst „Kürbis“, das würde im Frühling kein Mensch kaufen.

Welche Eissorte war die allererste?
Vanille. Und die erste besondere Eigenkreation war Minze mit Oreo-Keksen.

Wer erfindet die „Ben and Jerry’s“-Sorten?
Ein Team von ca. 100 Leuten. Wir identifizieren Trends, zum Beispiel wenn jetzt gerade Zimt in ist oder Granatapfel. Aber auch allgemeine Trends im Nahrungsmittelsektor wie etwa Joghurt vs. Eis oder der große Trend der letzten Jahre zu milchfreien Produkten sind Thema. Darum haben wir vor drei Jahren mit vier milchfreien, veganen Eissorten gestartet, die auf Mandelmilch basieren. Inzwischen gibt es schon zehn Sorten davon, das ist ein großer Trend.

Und wie entstehen etwa Sorten wie „Tonight Dough“ in Kooperation mit Jimmy Fallon?
Die Jimmy Fallon-Sache kommt von mir (zeigt stolz ein Bild von sich und Fallon) . Fallon spielte in der „Late Night Show“ ein drei Minuten langes Loblied auf „Ben & Jerry’s“. Danach kamen in der Arbeit alle zu mir und gratulierten mir – dabei hatte ich gar nichts damit zu tun! Als Danke habe ich Jimmy Fallon aber Eis geschickt und er rief mich wiederum persönlich an und bedankte sich dafür. Das passiert nicht jeden Tag! Das nächste Mal, als ich in New York war, brachte ich mehr Eis für seine ganze Crew mit und da kam die Idee für den „Late Night Snack“ auf. Wir haben überlegt, was man spätabends essen möchte: Eine Brezel-Sorte gab es schon, Pizza ging nicht, also schlug Jimmy Chips vor. Das hatten wir schon einmal probiert im Eis, aber es klappte nicht so recht, doch dieses Mal kam unser Eissorten-Guru auf die Idee, die Chips zu zerbröseln und sie in Schoko zu hüllen. So entstand der „Late Night Snack“.

Nach drei Jahren übernahm Jimmy Fallon jedoch die „Tonight Show“, also musste auch ein neues Eis her und so entstand „Tonight Dough“. Es ist der Nummer drei Bestseller in den USA und ich wäre nicht überrascht, wenn es das hier auch bald geben würde.

Gab es auch Promis, die mit euch kooperieren wollten, die ihr abgelehnt habt?
Ja, das kommt auch vor. Manches Mal passt es einfach nicht. Aber darum geht es uns auch gar nicht, um Celebrity-Sorten. Wir sind bekannt für gutes Eis und das ist toll, aber eigentlich wollen wir noch mehr die Message verbreiten, dass wir Gutes tun wollen – und das eben mithilfe unseres Eis, mit der Macht, die man als Unternehmen hat. Und auch wenn viele glauben, wir tun das, um mehr Eis zu verkaufen, so stimmt das nicht. Wir haben zum Beispiel auch schon Standpunkte vertreten, die unseren Verkaufszahlen geschadet haben. Aber das ist uns egal, wir treten dafür ein, wofür wir stehen, auch wenn sich Leute beschweren.

Kann man denn mit Eiscreme die Welt verbessern, etwas ändern?
Oh ja! Vor einem Jahr etwa gab es eine große Kampagne zur gleichgeschlechtlichen Ehe. Wir sind zwischen Wien und Berlin mit einem Bus gefahren, haben Eis verteilt und dazu gesagt: „Wenn euch die gleichgeschlechtliche Ehe wichtig ist, dann sendet doch euren politischen Vertretungen ein Email.“ Es kamen ungefähr 55.000 Emails zusammen, die an die Regierungen geschickt wurden. Das nennt man „Grassroots Aktivismus“, der ist derzeit sehr populär in den USA - auch wegen Trump. Und es funktioniert.

Ben (Cohen) und Jerry (Greenfield) werden stets als Hippies dargestellt…
Ja, aber sie sehen sich selbst gar nicht als Hippies. Sie sind in dieser Generation aufgewachsen und mögen die Idee von Liebe und Frieden. Das Problem ist aber, dass man unter Hippies oft an Obdachlose denkt, denen alles egal ist und die kommen, wenn es gratis Essen gibt. Das wollen sie nicht sein. Wenn man jedoch mit Hippies, Menschen verbindet, die an „Peace und Love“ glauben und ihre Macht dazu nutzen wollen, um diese Dinge zu ermöglichen, dann ja.

»(Ben und Jerry) sehen sich selbst gar nicht als Hippies.«

Inwieweit sind Ben und Jerry noch eingebunden in das Geschäft, das ja im Jahr 2000 unfreiwillig von Unilever übernommen wurde?
Sie sind Vollzeitangestellte, sind aber nicht in jede tagesaktuelle Entscheidung eingebunden. Sie arbeiten eigentlich nur an Projekten, die ihnen wichtig sind und das ist meistens die soziale Mission. Sie supporten also hauptsächlich jene Produkte, die mit einem sozialen Auftrag verbunden sind. Und natürlich sind sie noch die „Gurus“, deren Werte und Ideen hier vertreten werden, auch wenn sie nicht von allem begeistert sein müssen, was wir tun.

Jede Eissorte wird also nicht von Ben und Jerry persönlich freigegeben?
Nein.

Ben & Jerry’s gibt es seit 40 Jahren: Was bringen die nächsten 40 Jahre?
Das ist eine gute Frage. Wissen Sie, die Leute mögen uns für unser tolles Eis und das ist großartig, aber wir wollen auch, dass sie verstehen, dass wir uns um mehr kümmern als Eisverkauf. Gerade kämpfen wir gegen Rassismus in den USA oder arbeiten an einer Kampagne rund um Flüchtlinge in Europa. Wir würden einfach gerne auf diesen Gebieten mehr bewegen – und das mithilfe von Eis. Das wäre unser Wunsch.

Ben & Jerry's Birthday Cake
© Unilever/Ben & Jerry's Zum 40. Geburtstag gibt es in Europa die Sorte "Birthday Cake"