Freispruch für Wolfgang Flöttl

Sechs von sieben Angeklagten freigesprochen. Helmut Elsner ist "schockiert".

Wolfgang Flöttl wurde im zweiten BAWAG-Strafprozess freigesprochen. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Christian Böhm sprach den Spekulanten ebenso von allen Vorwürfen frei, wie die Ex-Bankvorstände Hubert Kreuch, Josef Schwarzecker und Christian Büttner sowie Ex-Prüfer Robert Reiter. Lediglich Ex-BAWAG-Aufsichtsratspräsident Günter Weninger erhielt mit einem Monat bedingt eine Minimalstrafe betreffend Bilanzdelikte beim ÖGB, dem früheren Bank-Eigentümer.

von Wolfgang Flöttl und Anwalt Herbert Eichenseder bei der Urteilsverkündung im zweiten BAWAG-Prozess © Bild: APA/Fohringer

Im ersten Prozess waren alle Angeklagte zu teils mehrjährigen unbedingten Haftstrafen verurteilt worden, lediglich Büttner hatte eine bedingte Strafe erhalten. Das Urteil von Richterin Claudia Bandion-Ortner war vor zwei Jahren vom Obersten Gerichtshof (OGH) in großen Teilen gekippt worden, daher wurde der neuerliche Prozess notwendig.

Der frühere Bank-Generalsekretär Peter Nakowitz wurde zwar heute freigesprochen, er hat aber noch eine Verurteilung zu drei Jahren Haft, davon ein Jahr unbedingt, über die noch das Oberlandesgericht (OLG) Wien entscheiden muss. Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner ist rechtskräftig zu zehn Jahren Haft verurteilt, dessen Nachfolger an der Bankspitze Johann Zwettler zu fünf Jahren Haft. Beide sind derzeit aus gesundheitlichen Gründen vollzugsuntauglich. Elsner hat bisher viereinhalb Jahre Haft abgesessen.

Schädigungsvorsatz habe gefehlt
Richter Christian Böhm begründete die heutigen Freisprüche des Schöffensenats damit, dass bezüglich des Anklagevorwurfs der Untreue der Schädigungsvorsatz der Bank gegenüber gefehlt habe, die subjektive Tatseite sei also nicht vorhanden gewesen. Elsner und Zwettler hätten die übrigen Beteiligten getäuscht, bei den verlustreichen Spekulationen Flöttls mit BAWAG-Geldern und der Vertuschung der Verluste hätten die anderen auf Elsners Angaben vertraut. Zu Flöttls Pflichten als internationaler Investmentbanker gehöre es nicht, dass er überprüfe, ob die Bank ihm so viel Geld für Spekulationsgeschäfte überhaupt überlassen durfte. Die Prüfung der Großveranlagungsgrenze sei nicht seine Pflicht gewesen.

Die Freigesprochenen zeigten sich nach der Urteilsverkündung erleichtert. Flöttl erklärte, er sei sehr froh. Das Urteil selbst wolle er nicht kommentieren. Weninger akzeptierte seine Verurteilung zur Minimalstrafe von einem Monat bedingt betreffend Bilanzfälschung beim ÖGB, diesbezüglich hatte er bereits im ersten Prozess ein Teilgeständnis abgelegt. "Das Urteil ist gerecht", meinte der ehemalige ÖGB-Finanzreferent, daher werde er es auch nicht anfechten.

Staatsanwältin Sonja Herbst gab keine Erklärung ab. Die Staatsanwaltschaft hat nun drei Tage Zeit, um die Urteile zu bekämpfen. Die Privatbeteiligten, der ÖGB und die BAWAG, wurden bezüglich ihrer Schadenersatzansprüche auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Elsner laut Anwalt schockiert
Ex-BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner sei "schockiert", sagte dessen Anwalt Andreas Stranzinger. Er habe darüber nach der Urteilsverkündung mit Elsner gesprochen und ihm das Urteil erklärt. "Wir beide sind schockiert über den Umstand, dass nicht aufgeklärt wurde, dass auch der zweite Rechtsgang in der Form völlig mangelhaft geblieben ist und wir alle nicht wissen, was tatsächlich mit den Geldern passiert ist, was tatsächlich Flöttl gemacht hat", sagte Stranzinger.

Das, was von Richter Christian Böhm gesagt wurde, müsse auch für Elsner, Johann Zwettler und Peter Nakowitz gelten. "Elsner sagt ganz klar, wenn es die anderen nicht wussten oder nicht wissen konnten, was passiert ist, und den anderen auch keine subjektive Tatseite unterstellt werden kann, dann hat er auch keine subjektive Tatseite", so Stranzinger. "Wenn Flöttl nicht wusste, was mit dem Geld passierte, wenn Flöttl nicht wusste, wie riskant die getätigten Investitionen sind, er als Experte und als Investmentbanker, wie sollte es Elsner wissen?" Insofern komme auch Elsner nach diesem Urteil die fehlende subjektive Tatseite zugute und müsste auch bei Elsner mit Freispruch vorgegangen werden, argumentiert Stranzinger.

Keiner sucht das Geld
Über den tatsächlichen Verbleib der verspekulierten BAWAG-Gelder habe sich keiner gekümmert, offensichtlich interessiere dies auch keinen, zumindest bis dato. "Wir werden weiter kämpfen, wir werden die Möglichkeit der Wiederaufnahme ergreifen", kündigte Stranzinger an. "Dieses Ergebnis schreit nach einer Wiederaufnahme".

Dass das Gericht von Anfang an wegen Untreue an der Bank ermittelte, und nicht Flöttl Betrug der Bank vorwarf, war für diesen ein Glück. Der Investmentbanker hatte mit der BAWAG, wo sein Vater Generaldirektor war, jahrelang riskante Spekulationsgeschäfte gemacht und nach dessen Abgang in engem Kontakt mit Elsner diese "Karibik-Geschäfte" weitergeführt. Nach mehreren riesigen Verlusten ab Herbst 1998 wurden schließlich die Geschäfte gestoppt, nach außen drang nichts vom Debakel. Erst mit dem Konkurs des BAWAG-Geschäftspartners Refco im Jahr 2005 flog der Skandal auf, die Mühlen der österreichischen Justiz begannen zu mahlen.

10:0 für Flöttl

Flöttl präsentierte von Anfang an Elsner als einzig Schuldigen an der Misere. Unterstützt wurde er von den meisten übrigen Angeklagten, die Elsner als autoritären Tyrannen darstellten. Anders die Darstellung Elsners: Der Totalverlust, den Flöttl gleich mehrmals mit den BAWAG-Millionen baute, wird von Elsner bis heute bestritten. Stattdessen habe sich Flöttl das Geld eingesteckt, behauptet der Ex-Bankchef.


Dass Flöttl das Match gegen Elsner nun vor Gericht gewonnen hat, zeigt ein Kommentar nach der Urteilsverkündung: "Zehn zu Null für Flöttl". Elsner hat zehn Jahre Haft, die Höchststrafe, ausgefasst, viereinhalb Jahre davon hat er abgesessen. Flöttl hingegen durfte sogar während der Prozesse immer wieder nach New York pendeln, wo er in der noblen Park Avenue mit seiner Frau Anne Eisenhower lebt, das Gefängnis kennt er nur von außen.

Kommentare

Sind sich die Richter überhaupt klar, was sie da anrichten? Kann irgendwer noch den Rechtsstaat erkennen? Hohe Strafen hier, Freispruch dann. Vor Gericht begibt man sich offenbar wie auf Hoher See in Gottes Hand.

Meine Meinung dazu ist sicher unpopulär, aber ich denke es hat nichts mit Bananrepublik zu tun, wenn ein unabhängiges Gericht ein Urteil fällt, ein ebenso unabhängiger OGH das Urteil wegen Mängeln verwirft, und ein neues Verfahren ein anderes Ergebnis bringt.

Ich stecke da nicht im Detail drin, vielleicht war es tatsächlich moralisch verwerflich was die Angeklagten getan haben, aber der Sinn eines Rechtsstaates ist aber eben auch der, nur das zu verurteilen, was wirklich unter Strafe steht, nicht das was wir vielleicht als verwerflich empfinden und nur denjenigen zu verurteilen, dessen Schuld auch wirklich nachweisbar ist und nicht den wo man eine Schuld vermutet.

Interessant finde ich jedoch allemal, wie der eine Schöffensenat unter dem Vorsitz einer Richterin zum Ergebnis langjähriger Haftstrafen kommt, und ein anderer Schöffensenatz unter einem Richter einen Freispruch für angemessen hält. Hier wäre es vielleicht überlegenswert darüber nachzudenken, wie einheitliche Standards in Prozessführung und Beweiswürdigung umsetzbar sind, damit ein Gerichtsverfahren, nicht zur Lotterie verkommt.

Weihnachtsamnestie für Flöttl und Scheuch oder wie?

Rechtsstaatlich gesehen ist das Urteil des Richters zu akzeptieren.
Realistisch gesehen ist es eine Farce die ihresgleichen sucht.

Da speibst im Kreis, wie man bei uns sagen würde.

der richter gehört gleich mit einkaserniert!! mir kommt das kotzen...
irgendwann wird sich die welt selbst solcher leute entledigen!!!

DAS ist ein Urteil, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen ....."kein Schädigungsvorsatz". Damit haben jetzt alle, gegen die derzeit ein Verfahren läuft, einen Freibrief! Strasser, Mensdorf, Grasser etc. Verzockung von Millionen Steuergeld etc. Es hatte ja keiner einen Schädigungsvorsatz! Aber wo, Euer Ehren, wir wollten doch auf keinen Fall jemanden schädigen! UNGLAUBLICH!

Schädigungsvorsatz.
Wenn ich bei Rot über die Kreuzung fahre möchte ich auch keinen schädigen nur schneller weiterkommen. Werde ich dann auch nicht mehr bestraft.
Ein Fahrdienstleiter bei den ÖBB wird also bei Unachtsamkeit und entstehen eines Unfalls auch nicht bestraft er wollte ja niemand schaden.
Geld regiert die Welt. Ich schäme mich schön langsam Österreicher zu sein.

Spätestens jetzt gehört Österreich zu den Bananenrepubliken.

Ich glaub es ja nicht. Und der grinst sich eines und bedankt sich für die vielen Millionen die er sich eingesteckt hat. jeder kleinkriminelle geht wegen weniger einsitzen und die Großkopferten richten es sich.

Na Gott sei Dank haben Sie die Ehrenmänner freigesprochen !!! Es war ja ohnehin nichts anderes zu erwarten....die haben ja auch wirklich nichts, aber rein gar nichts verbrochen....Ehrenmänner sind das...Ehrenmänner !!!

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