"Beim Preis noch Luft nach oben"

Der gebürtige Kärntner Hans Schmid ist heute eine echte Winzergröße in der Bundeshauptstadt - und baut weiter aus. Für den Wiener Wein sieht er noch viel Potenzial.

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Edler Tropfen - "Beim Preis noch Luft nach oben"

Der ehemalige Werbeagenturbesitzer und jetzige Multiunternehmer - unter anderem Birko Holding, Steffl, Vienna Capitals - ist heute auch als Winzer in Wien eine echte Größe. Dabei ist ihm das eher zufällig passiert.

Alles begann damit, dass Hans Schmid 2001 als "privates Vergnügen" das Rote Haus kaufte: "Ein echtes Juwel inmitten des Nussbergs mit Blick über ganz Wien, bei dem 1,7 Hektar Weingarten plus 1,5 Hektar Pachtgrund dabei waren", erinnert sich der gebürtige Villacher. Der Verkäufer habe für ihn dann noch eine Zeit lang Wein produziert, und Mitte der 2000er-Jahre ging er schließlich zu Winzer Franz Mayer am Pfarrplatz, bei dem er oft Gast war. "Ich fragte ihn, ob er mir nicht den Wein machen wollte, weil ich noch einen Grund dazukaufen wollte - aber wir kamen bei unseren Verhandlungen nicht weiter."

Erst als ihm Mayer bei einem 25 Jahre alten Riesling das Du-Wort anbot, brach das Eis - und Mayer machte Schmid im Extrastüberl das überraschende Angebot: "Kauf alles - meine Kinder wollen nicht." Und so übernahm Schmid 2006 nach kurzem Nachdenken den gesamten Betrieb - um ihn, so die Bedingung, weiterzuführen. Schmid: "Das war der Anfang. Wenn Ingenieur Mayer mir damals nur den Wein gemacht hätte, hätte ich heute vielleicht sieben oder acht Hektar."

Auf einmal hatte er aber 25 Hektar und musste gleich einige Millionen investieren - etwa in neue Traktoren und Stahltanks. Der Weinexperte Willi Balanjuk habe als Konsulent bei der Weinproduktion "sehr geholfen beim Start" - und der holte noch Gerhard Lobner als Geschäftsführer für Schmids VWG Vienna 19 Wein GmbH. "Um eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Größe zu erreichen, musste ich die Flucht nach vorne antreten", erzählt Schmid, dem in der Folge eine Reihe von Weingärten angeboten wurden. Heute bewirtschaftet Schmid 64,2 Hektar.

Stetes Wachstum

Als Nächstes musste ein neuer Weinkeller her, weil man bei Mayer am Pfarrplatz aus allen Nähten platze und das Areal auch sehr beengt war: "Wir mussten zum Beispiel die Tanks mit dem Kran reinheben", sagt Schmid, der vier Millionen in einen neuen Keller in der Kuchelau investierte. Im Herbst 2013 ist man dort eingezogen, und in der ersten Ausbaustufe sind die Räumlichkeiten für bis zu 400.000 Flaschen ausgelegt. Da dies aber ebenfalls bereits zu wenig ist, folgt jetzt der zweite Schritt: 2018 wird der Keller um 1,5 Millionen Euro erweitert, um mehr Platz für Tanks und Paletten zu schaffen. Und abhängig vom weiteren Wachstum ist auch eine dritte Ausbaustufe für bis zu 600.000 Flaschen im Plan. Platz gebe es genug in der Kuchelau, so Schmid, der betont, dass "der gute Wein nach wie vor im Weinberg gemacht" werde, "aber man die besten technischen Voraussetzungen dafür braucht".

Immerhin 23 Mitarbeiter hat Schmid in seinem Weinbaubetrieb mittlerweile beschäftigt, der Exportanteil beträgt rund 30 Prozent, der Verkauf wird gerade personell verstärkt. Auch wenn er mittlerweile mehrere Weinbaubetriebe hat - so stieg er beim Winzer Franz Josef Gritsch in Spitz in der Wachau ein und übernahm mit sechs Freunden die Weinproduktion von Stift Göttweig -, so sei er selbst "kein herkömmlicher Winzer", stapelt Schmid tief: "Davon verstehe ich auch zu wenig - das ist nur ein Teil meiner Aktivitäten."

Dennoch: der Wein liegt ihm am Herzen, insbesondere jener aus Wien, dessen "Stellenwert sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert" habe: "Es hat eine gewaltige Entwicklung in Sachen Qualität und Bewusstseinsbildung gegeben." An der positiven Entwicklung habe auch die Vereinigung "Wien Wein" ihren Anteil, der neben Mayer am Pfarrplatz die Spitzenbetriebe Wieninger, Cobenzl, Edlmoser, Christ und Fuhrgassl-Huber angehören. Man habe sich "strenge Gesetze auferlegt". Ein gutes Beispiel dafür sei der Wiener Kultwein "Gemischter Satz DAC". Der habe nichts mit herkömmlichen Cuvées zu tun, betont Schmid. Der Gemischte Satz bestehe aus drei Sorten, von denen keine mehr als 50 Prozent ausmachen dürfe: "Der Wein muss aus Wien stammen und gemeinsam gelesen, verpresst und vinifiziert werden."

Auch der Wiener Bürgermeister habe seine Verdienste um den Wiener Wein, sagt Schmid: Michael Häupl habe noch als Stadtrat das städtische Weingut Cobenzl gerettet. Denn das sollte verkauft werden, weil die Stadt damals eigentlich kein Interesse mehr daran hatte. Häupl habe sich dann mit Franz Mayer, der nicht nur Winzer, sondern auch Landwirtschaftskammerchef war, zusammengetan, um den Cobenzl zu erhalten, sagt Schmid. "Und heute ist das Weingut Cobenzl ein toller Betrieb, der hervorragende Weine produziert." Wichtig sei auch gewesen, dass die Weingärten in der Landesverfassung vor Immobilienspekulation geschützt worden seien. Schmid: "Ohne Michael Häupl wäre der Wiener Wein nicht dort, wo er heute ist."

Weltweite Exporte

Schmid gefällt, dass auch "die Wiener selbst auf ihren Wein stehen". Aber auch die Exporte würden stark zulegen: "Wir sind sehr gut in den USA vertreten, in der Schweiz, Deutschland und Großbritannien, und auch Russland zieht jetzt wieder an." Der Wiener Wein sei "ein Botschafter für die Bundeshauptstadt und den österreichischen Wein auf der ganzen Welt".

Auch wenn die Produktions-und Lohnkosten in Wien höher seien als etwa im Weinviertel, so sei der "Aufstieg des Wiener Weins unaufh altbar", meint Schmid. "Es gibt ja auch viele kleine Winzer, die gute Weine machen." Zudem sei bei den Preisen noch Luft nach oben, wenn man etwa die Wachau als Messlatte hernimmt. Doch das ändert sich gerade. Die weitere Entwicklung für den Wiener Wein sei vorgezeichnet. Mit jeder gewonnenen Auszeichnung werde auch die Nachfrage steigen: "Am Ende werden wir zu wenig haben, dann werden die Preise steigen. Und der Wiener Wein wird die Preise erzielen, die ihm zustehen."