Was der neue Kanzler tun muss

Alle debattieren derzeit über Slim Fit oder Prinzessinnen, dabei sollte es um wichtige Reformen gehen

von / Was der neue Kanzler tun muss © Bild: Matt Observe

Freuen Sie sich auch schon auf den 16. Oktober? Dann sollte endgültig Schluss mit unlustig sein. Das ist es nämlich gerade. Die einen werfen Sebastian Kurz vor, er habe seinen Aufstieg zum Parteichef der neuen türkisen ÖVP seit 2016 vorbereitet. Ein echtes Wunder, dass sich da jemand vorbereitet, der eigentlich früher oder später ohnehin für den Job vorgesehen war. Die anderen werfen Christian Kern vor, ein Glaskinn zu haben und eine Prinzessin zu sein.

Über Geschmack und Hausverstand in der politischen Debatte lässt sich bei solchen Beispielen nicht einmal mehr streiten, nur den Kopf schütteln. Sonst haben wir noch Probleme?

Was das Land braucht, was Menschen ängstigt oder sorgt, das sollte doch zweieinhalb Wochen vor der Wahl im Brennpunkt stehen. Nicht, ob Kern und/oder Kurz Slim Fit tragen, Strache links oder rechts im Bett liegt oder Strolz Bäume umarmt. Wer hat eigentlich etwas dagegen, dass sich unsere gewählten Vertreter gut kleiden? An Anzügen oder Krawatten festzumachen, wer der bessere Politiker ist, das ist ein Vollholler. Da stehen sich Kern und Kurz ohnehin näher als in jeder anderen Causa.

Fest steht: Wer am 15. Oktober als Erster durch die Zielgerade geht, findet ein Land vor, dem es grundsätzlich gut geht. Das beweisen die Wirtschaftsdaten und auch verschiedene Wettbewerbsrankings. Allerdings ist Österreich in einigen Bereichen auch schwächer geworden und muss wieder aufholen. Darin werden sich wohl alle einig sein.

Fest steht aber vor allem eines: Wer das Land wirklich in die Zukunft führen will, muss die im Wahlkampf und in den vergangenen Monaten ausgehobenen Gräben zumachen, egal welche Koalition zustande kommt, und muss vor allem die wichtigsten Themen im Auge haben, die unsere Zukunft positiv beeinflussen können: Veränderungen sind bei den Themen Bildung, Pensionen, Gesundheit gefragt. Aber auch der Arbeitsmarkt muss in Bewegung kommen. Okay, die Arbeitslosenzahlen sind zuletzt gesunken, aber das System Arbeit muss neu gedacht werden. In Zeiten der Digitalisierung beschleunigen sich Arbeitsprozesse, aber die Rahmenbedingungen in Österreich ändern sich nicht so schnell. Das geht nicht. Arbeitszeiten müssen flexibler werden, natürlich mit einem klaren Fokus auf Vereinbarkeit von Familie und Arbeit. Das heißt nicht, dass jeder täglich zwölf Stunden arbeiten muss. Aber vereinbar für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber sollte das Modell sein - eben angepasst an das heutige Leben.

Der Staat hat massive Schulden, die abgebaut werden müssen. Damit wir weniger Zinsen auf die Schuldenberge zahlen. Das bedeutet ein völliges Umdenken in mehreren Bereichen, z. B. Bildung, Gesundheit, Verwaltung etc. Reformieren sollten nicht jene, die seit Jahrzehnten den Status quo aufrechterhalten. Man muss offen hinterfragen dürfen, warum ein System bisher nicht reformierbar war. Mit der Rasenmäher-Methode zehn Prozent überall einzusparen, ist kein kluger Weg. Vielmehr brauchen manche Bereiche der Verwaltung wohl mehr und andere wiederum viel weniger Personal.

Eine effektive Evaluierung und öffentliche Diskussion dazu fehlen aber. Warum wohl? Weil viel zu viele Lobbys immer und überall mitreden. Die Lösung dieses Problems ist sicher entscheidend für den Kanzler der neuen Regierung. Wie immer er heißt.