Knien oder nicht?
Hymnenstreit beschäftigt USA

Trump brachte mit "Hurensöhne"-Aussage die (Sport-)Prominenz gegen sich auf

Donald Trump hat wieder einmal aus einem Störfeuer einen Flächenbrand gemacht. Mit seiner Aufforderung an die Teambesitzer der National Football League (NFL), Spieler zu entlassen, die während des Abspielens der US-Hymne knien, zog er den Protest des halben Landes inklusive dem Großteil der US-(Sport)-Prominenz - unter dem Hashtag #TakeAKnee - auf sich. Hochrangige Politiker stärken hingegen den US-Präsidenten. Die Wogen wollen sich nicht glätten.

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#TakeAKnee - Knien oder nicht?
Hymnenstreit beschäftigt USA

Alles begann mit einer Aussage Donald Trumps: Dieser hatte Football-Spieler, die beim Erklingen der Nationalhymne auf die Knie gehen oder sitzen bleiben, als "Hurensöhne" bezeichnet. Auf die Hintergründe dieser Geste, die sich gegen Rassismus und Diskriminierung vor allem gegen Afroamerikaner in den USA richtet, ging er dabei überhaupt nicht ein.

Daraufhin reagierten viele Spieler der Liga verärgert: Ikonen wie die Basketball-Superstars LeBron James und Michael Jordan, aber selbst Football-Gigant Tom Brady, der Trump nahesteht, kritisierten den Präsident öffentlich.

Basketballer wieder ausgeladen

Trump selbst hatte in der Vorwoche die Einladung an die Golden State Warriors zum obligatorischen Besuch im Weißen Haus nach dem Titelgewinn zurückgezogen, nachdem die Protagonisten des NBA-Gewinners erklärt hatten, sie hätten keine Lust, Trump zu treffen. LeBron James betonte, die Menschen regierten das Land, nicht eine einzelne Person - schon gar nicht Trump. Der dreimalige NBA-Champion nannte den Präsidenten allerdings nicht beim Namen, sondern bezeichnete ihn nur als "der Typ".

Trump "wie ein Sechstklässler"

Trainer-Legende Gregg Popovic kritisierte Trump scharf. "Unser Land ist eine Peinlichkeit für diese Welt", sagte der Coach der San Antonio Spurs. Trump verhalte sich "wie ein Sechstklässler, der in seinem Hinterhof eine Party veranstalten will und feststellt, dass jemand nicht kommen will und ihn deshalb wieder auslädt."

Basketball-Legende Michael Jordan erklärte bereits am Sonntag, dass die USA eine lange Tradition von gewaltlosen, friedlichen Protesten haben. "Diejenigen, die vom Recht Gebrauch machen, sich friedlich zu äußern, sollten nicht verteufelt oder geächtet werden", betonte der Eigentümer der Charlotte Bobcats.

Am Montag äußerte sich auch Tom Brady, der Star des NFL-Champions New England Patriots. "Auf keinen Fall stimme ich damit überein, was er gesagt hat. Ich dachte, es war einfach spaltend", sagte der 40-Jährige, laut eigenen Aussagen sogar ein Freund von Trump, über die Aussagen des Staatsoberhaupts dem Radiosender "WEEI" aus Boston. Das US-amerikanische Olympische Komitee und der Sportartikel-Hersteller Nike erklärten sich mit den Protesten ebenfalls solidarisch.

Und auch in der amerikanischen Motorsport-Serie NASCAR, die vor allem in den Südstaaten der USA beliebt ist, werden mittlerweile Stimmen laut, die nicht mit Trump übereinstimmen. Dale Earnhardt Jr., der beliebteste Fahrer, meinte auf Twitter, er unterstütze das Recht auf friedliche Proteste. Earnhardts Aussage steht in klarem Kontrast zu etlichen NASCAR-Teambesitzern, die erklärten, dass sie protestierende Fahrer nicht billigen würden.

Football-Profi Alejandro Villanueva von den Pittsburgh Steelers folgte am Sonntag allerdings nicht dem Beispiel seiner Teamkollegen, die vor dem Spiel in Chicago während der US-Hymne in der Kabine blieben. Der ehemalige Soldat, der in Afghanistan stationiert war, stand alleine am Rande des Feldes. Seit dem Sonntag ist das Steelers-Trikot von Villanueva das meistverkaufte im gesamten NFL-Katalog.

Clooney und Co. knien nieder

Der Schauspieler und Filmregisseur George Clooney schloss sich indes als jüngster Prominenter dem Kreis der Unterstützer der "#TakeAKnee"-Bewegung an. In einem Kurzgedicht schrieb der Oscar-Gewinner, dass er für die Menschen in dem USA bete und dass "Dissens in diesem großartigen Land" immer unter Schutz stehen wird. "Ich bete dafür, dass wir mehr finden, das uns zusammenbringt als uns spaltet. Ich bete für die Führer unserer Nation, dass sie dasselbe tun", erklärte der Clooney, der Trump nicht namentlich erwähnte. "Und wenn ich bete, knie ich", beschloss er das Gedicht.

Trump nicht um Deeskalation bemüht

Trump hielt den Krieg der Worte weiter am Kochen, indem er via Twitter verlautbarte, dass es bei seiner Haltung nicht um die Rassenfrage gehe, sondern "um Respekt für unser Land, die Flagge und die Nationalhymne. Die NFL muss das verstehen!". Weiters schrieb er: "Riesige Gegenreaktion gegen die NFL wegen Nichtachtung unseres Landes." Anhand der Fernsehquoten lässt sich diese Behauptung jedoch nicht untermauern.

Auch vor Journalisten legte er nach. So viele Menschen seien im Kampf für die USA gestorben, sagte Trump am Dienstag in Washington. Dies nicht zu respektieren, indem man bei der Hymne niederknie statt zu stehen, sei eine Schande. "Man darf unser Land nicht verächtlich behandeln", sagte Trump. "Ich war beschämt von dem, was passiert ist."

Unterstützer für Trump

Ryan und Sessions stellten sich an die Seite des Präsidenten. Der hochrangige Republikaner Ryan erklärte: "Die Leute haben das Recht, sich so auszudrücken, wie sie es für richtig halten. Meine Meinung ist aber, dass sie das nicht während der Hymne machen sollen. Die Nationalhymne, unsere Flagge und die Leute, die sie verteidigen und repräsentieren, die sollten immer und überall gefeiert werden."

US-Justizminister Sessions schickte eine Drohung hinterher. Sportler, die während der Hymne protestieren, würden einen "großen Fehler" machen, erklärte er. "Die Spieler sind nicht Gegenstand einer Strafverfolgung, aber wenn sie einen provokativen Akt setzen, können sie verurteilt werden. Und der Präsident hat das Recht, sie zu verurteilen, und ich würde diese Handlungen verurteilen", sagte der Justizminister.

Auch Fans hinter Trump

Und auch einige Fans empfinden die kniende Protestaktion als Affront gegen das Land: Sie verbrennen nun reihenweise Fan-Utensilien und Eintrittskarten. Unter dem Hashtag "NFLBurnNotice" halten erboste Fans auf sozialen Netzwerken mittlerweile fest, wie sie Kleidungsstücke und Karten ihrer Lieblingsmannschaft verbrennen.

"Ich werde nicht mehr dafür zahlen, ich kann mir das nicht mehr anschauen", sagt Brandon Finn, ein laut eigenen Aussagen langjähriger Saisonkartenbesitzer der NY Giants in einem YouTube-Video und verbrennt anschließend seine Tickets. "Polizisten lassen für unser großartiges Land ihr Leben und diese Typen protestieren dagegen? Ohne mich."

Für einen anderen, Robert Williams, überschreiten die Spieler beim Niederknien während der Hymne vor dem Spiel eine rote Linie. "Ihr werdet unser Land nicht verachten, ihr werdet unsere Flagge nicht verachten und ihr werdet auch all die Menschen nicht verachten, die für dieses Land ihr Leben gelassen haben. Also schaut euch an, wie das Zeug brennt", sagt Williams.

Gespaltenes Land

Jüngste Umfragen, wie der Hymnenprotest in den USA aufgenommen wird, ergeben kein klares Bild. Es gibt sowohl Erhebungen, in denen die Befragten die Aktionen mit großer Mehrheit ablehnen, weil sich so etwas im Angesicht der Flagge nicht gehöre. Andere Umfragen ergeben überwiegende Zustimmung für die Spieler, wieder andere ein geteiltes Echo. Oft sagten Befragte, der Protest müsse ein klareres Ziel haben, damit sie ihn besser einordnen könnten.

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