Thiem top, Österreichs
Sportsystem Flop

Was hat das heimische System mit den Erfolgen unseres Tennisstars zu tun? Gar nichts.

Auf den Triumph über Sandplatzkönig Rafael Nadal in Rom folgte die Lehrstunde gegen Novak Djokovic. Trotzdem zählt der 23-jährige Niederösterreicher Dominic Thiem bei den French Open in Paris (28. Mai bis 11. Juni) zumindest zu den Geheimfavoriten. In der absoluten Weltspitze ist Thiem mit Platz 7 in der aktuellen Weltrangliste ohnehin schon angekommen. Österreich hat also auch im Tennis wieder seinen Sporthelden. Mit dem Weg dorthin hat unser nach wie vor verbürokratisiertes und übersubventioniertes Sportsystem aber herzlich wenig zu tun.

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Sportförderung - Thiem top, Österreichs
Sportsystem Flop

Der Erfolg von Dominic Thiem ist das Ergebnis konsequenter Arbeit abseits der ausgetretenen Pfade des Verbandssports. Mehr noch: Während sich der eine oder andere Funktionär aus Mitteln der öffentlichen Sportförderung die privaten Brieftaschen vollstopft, musste die Familie Thiem vor Jahren sogar eine ererbte Wiener Innenstadtwohnung verkaufen, um dem Sohn den Traum von einer Karriere im Welttennis am Leben zu erhalten. In dieser Hinsicht sind die Thiems im österreichischen Sport allerdings keine Ausnahme, sondern die Regel.

Österreichs bis dato einziger Grand Slam-Sieger Thomas Muster wurde ohne wesentliche Beiträge des heimischen Sportsystems zur Nummer eins der Welt – und zählt heute zu den erklärten Kritikern desselben. Auch die Geschwister Mirna und Dinko Jukic bekamen seinerzeit vom Schwimmverband ständig Prügel vor die Füße geworfen, bevor dessen Funktionäre selbst im Korruptionssumpf untergegangen sind. Und Ski-Kaiser Hermann Maier finanzierte seinen Karrierebeginn als Polier auf diversen Baustellen, bevor er sich innerhalb des Skiverbands sein ganz persönliches Trainingsumfeld erkämpfte. Heute gibt das „Team Marcel Hirscher” rund um Vater Ferdinand im Weltcup wie im Skiverband den Takt vor. Der ÖSV will nach diesem Vorbild mit einer Individualisierung der Trainingsorganisation in den nächsten Jahren wieder für eine breitere Spitze sorgen.

Über sechs Millionen Dollar hat Dominic Thiem seit 2011 an Preisgeldern auf der ATP-Tour kassiert und damit das finanzielle Risiko, das seine Eltern eingegangen sind, längst ausgeglichen. Wie viele überragende Talente aber vorher nicht nur im Tennis wegen der unverändert komplizierten und wenig transparenten staatlichen Sportförderung hierzulande scheitern, kann man nur erahnen. Folgerichtig stellte Sportminister Hans Peter Doskozil das neue Bundes-Sportförderungsgesetz auch unter das Motto „Struktur- und Prozessoptimierung”. Dass aber die über 200 Millionen Euro, die Jahr für Jahr in den österreichischen Sport fließen, in Zukunft dort ankommen, wo die Basis für internationale Spitzenleistungen gelegt wird, darf nach allen bisherigen Erfahrungen stark bezweifelt werden.