Fußball-Transfers:
Wahnsinn mit Methode

Warum der internationale Fußballmarkt längst aus dem Ruder gelaufen ist

Wanderson Maciel Sousa Campos ist 22 Jahre alt, belgisch-brasilianischer Doppelstaatsbürger und Profifußballer. Vor einem Jahr wechselte der flinke Flügelstürmer vom spanischen Absteiger Getafe zu Red Bull Salzburg – ablösefrei. Jetzt zieht es Wanderson weiter, zum russischen Erstligisten Krasnodar am Schwarzen Meer. Für den vorzeitigen Vertragsaustritt überweisen die Russen kolportierte acht Millionen Euro an Red Bull Salzburg. Ein Jackpot für den österreichischen Meister und Cupsieger. Das ist kein Einzelfall.

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Wahnsinn mit Methode

Wanderson zählte in der vergangenen Saison nicht einmal zur Stammformation der Salzburger, brachte es auf insgesamt nur 20 Ligaeinsätze. Dazu musste er eine viermonatige Sperre des Weltfußballverbandes Fifa absitzen, weil schon beim Wechsel von Wanderson aus Belgien nach Spanien nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein soll.

Der „Fall Wanderson” ist trotzdem nur eine kleine Randnotiz im internationalen Fußballbusiness. Der weltweite Schacher mit Kickern treibt in dieser Transferperiode (in Europa bis 31. August) wahrscheinlich auf einen neuen Höhepunkt zu.

Dubioses Milliardengeschäft

Schon 2015 haben die Fußballklubs rund um den Globus laut offiziellen Angaben der Fifa rund vier Milliarden Euro an Ablöse für neue Spieler bezahlt. Nimmt man aber die über hundert Spielerverträge, die auf der Internet-Plattform „Football Leaks” seit Ende September 2015 veröffentlicht wurden, als Maßstab her, dann wird in Wahrheit jährlich mindestens das Doppelte auf dem Transfermarkt umgesetzt. Längst geht es im Fußball nicht um den Sport, sondern um ständig steigende Renditen für zum Teil dubiose Investoren, aktuell nachzulesen im „Spiegel”-Buch „Football Leaks. Die schmutzigen Geschäfte im Profifußball”.

An der Echtheit der von „Football Leaks” veröffentlichten Verträge samt Nebenabsprachen besteht in der Zwischenzeit kein Zweifel mehr. Auch das anhängige Steuerverfahren gegen Cristiano Ronaldo in Spanien geht letztlich auf die Dokumente der Enthüllungsplattform zurück.

Wie verrückt das Fußball-Business tickt, zeigen auch die aktuellen Spekulationen rund um Naby Keita. Für den 22-jährigen Mittelfeldspieler von RB Leipzig soll ein offizielles Angebot über 57 Millionen Euro vom FC Liverpool vorliegen. Aber erst ab 80 Millionen würden die Leipziger angeblich schwach werden. Im Sommer 2014 hatte der damalige Salzburg-Sportdirektor Ralf Rangnick den Mann aus Guinea vom französischen Zweitligisten FC Istres um 1,5 Millionen Euro Ablöse nach Österreich gelotst. Zwei Jahre später wechselte Naby Keita um 15 Millionen nach Leipzig. Wenn er jetzt tatsächlich um 80 Millionen nach Liverpool weiterverkauft wird, wäre das eine neue Rekordmarke für die Deutsche Bundesliga.

Die Rekordhalter

Internationaler Rekordhalter ist nach wie vor der französische Nationalspieler Paul Pogba. 105 Millionen Euro zahlte Manchester United im Sommer 2016 offiziell an Juventus Turin. Dabei hatte der heute 24-jährige Franzose ab 2009 alle Nachwuchsteams in Manchester durchlaufen, bevor er 2012 ablösefrei nach Turin wechselte. Den größten Schnitt bei Pogbas Rekordtransfer machte allerdings sein Berater Mino Raiola. Der soll nach den Enthüllungen von „Football Leaks” allein bei diesem Spielertransfer um 49 Millionen Euro reicher geworden sein, weil er bei allen drei Vertragspartnern die Hand aufgehalten hat: 27 Millionen zahlte Juve für „Vermittlungsdienste”, 19,4 Millionen überwies ManU an den Berater als „Erfolgsprämie”. Und Paul Pogba selbst musste laut Vertrag 2.6 Millionen an Mino Raiola abliefern. Diese „Aufwandsentschädigung” übernahm großzügiger weise aber auch Manchester United.

Top 10: Transfers Internationale

  1. Paul Pogba (FRA, 2016) 105 Mio. (Juve – ManU)
  2. Gareth Bale (WAL, 2013) 101 Mio. (Tottenham – Real)
  3. Cristiano Ronaldo (POR, 2009) 94 Mio. (ManU – Real)
  4. Gonzalo Higuain (ARG, 2016) 90 Mio. (Napoli – Juve)
  5. Neymar (BRA, 2013) 88,2 Mio. (Santos – Barca)
  6. Luis Suarez (URU, 2014) 81,7 Mio. (Liverpool – Barca)
  7. Angel Di Maria (ARG, 2014) 75 Mio. (Real – ManU)
  8. James Rodriguez (COL, 2014) 75 Mio. (Monaco – Real)
  9. Kevin De Bruyne (BEL, 2015) 74 Mio. (Wolfsburg – ManCity)
  10. Zinedine Zidane (FRA, 2001) 73,5 Mio. (Juve – Real)

Top 10: Transfers Österreicher

  1. Aleksandar Dragovic (2016) 18 Mio. (Kiew – Leverkusen)
  2. Marc Janko (2010) 6,5 Mio. (Salzburg – Twente)
  3. Marko Arnautovic (2010) 6,5 Mio. (Twente – Bremen)
  4. Kevin Wimmer (2015) 6 Mio. (Köln – Tottenham)
  5. Alessandro Schöpf (2016) 5,5 Mio. (Nürnberg – Schalke)
  6. Christian Fuchs (2011) 5 Mio. (Mainz – Schalke)
  7. Erwin Hoffer (2009) 5 Mio. (Rapid – Napoli)
  8. Martin Stranzl (2006) 4,5 Mio. (Stuttgart – Spartak)
  9. Andreas Ivanschitz (2006) 4 Mio. (Rapid – Salzburg)
  10. Walter Schachner (1983) 3,8 Mio. (Cesena – AC Turin)