Schriftstellerin Elfriede Gerstl verstorben:
Engagierte Feministin stirbt mit 76 Jahren

Nach langer schwerer Krankheit in Wien gestorben Aktiv unter anderem im Rahmen der "Wiener Gruppe"

Die österreichische Autorin Elfriede Gerstl ist nach langer schwerer Krankheit im Alter von 76 Jahren gestorben. Dies teilte ihr Freund und Kollege Herbert J. Wimmer der APA mit. Gerstl verfasste Gedichte, Essays und kurze Prosastücke und war im Rahmen der "Wiener Gruppe" aktiv. Besonders dem Thema der Geschlechterrollen hatte sich die engagierte Feministin verschrieben.

Schriftstellerin Elfriede Gerstl verstorben:
Engagierte Feministin stirbt mit 76 Jahren

Elfriede Gerstl wurde am 16. Juni 1932 in Wien geboren und überlebte als jüdisches Kind die Zeit des Nationalsozialismus in Wien in diversen Verstecken. Sie studierte Medizin und Psychologie und veröffentlichte seit 1955 vereinzelte Schriften. Ihre erste Buchpublikation war "Gesellschaftsspiele mit mir" (1962), in den Jahren darauf entstand in Berlin das bahnbrechende Werk "Spielräume". Zu ihren bekanntesten Veröffentlichungen zählt der Band "Kleiderflug, Schreiben-Sammeln-Lebensräume", der 2007 in erweiterter Form neu publiziert wurde. Nicht nur zur Wiener Gruppe, sondern zu allen relevanten literarischen Szenen hatte Gerstl in den 50er, 60er und 70er Jahren Zugang. Sie erhielt in ihrer Laufbahn zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Heimrad-Bäcker-Preis 2007 sowie den Erich-Fried-Preis und den Georg Trakl Preis für Lyrik (beide 1999).

Als "sehr genaue Beobachterin des gesellschaftlichen Lebens" würdigte Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren, seine Kollegin Elfriede Gerstl. "Da gibt es keine zweite, die das so erfassen und wiedergeben konnte wie sie", so der Autor zur APA. Gerstl sei von vornherein eine "Angehörige der Absetzbewegung von staatlichen Einflüssen" gewesen und sei in der Aufbruchgeneration junger Autoren in den 1970er Jahren gemeinsam mit Franz Schuh und Peter Turrini eine der exponiertesten Schriftsteller gewesen.

"Poetisch und sprachgewandt"
Sie sei stets eine Verfechterin der eigenen Literatur gewesen und habe sich - nicht zuletzt im Rahmen der Gründung der Grazer Autorenversammlung - als Verfechterin sozialer Absicherungsnotwendigkeiten der Literatur positioniert. Auch wenn sie nie Funktionärin der IG Autoren gewesen sei, habe sie es als "automatisch richtig empfunden, für die Rechte der Autoren einzutreten", so Ruiss.

Tief betroffen äußerte sich auch Kulturministerin Claudia Schmied in einer Reaktion. Elfriede Gerstl habe die literarische Avantgarde in Österreich repräsentiert. "Ihr Schreiben war mutig nach der Verfolgung durch das nationalsozialistische Terrorregime. Es war selbstbestimmt in einer Welt, in der Autorinnen hinter ihren männlichen Kollegen zurückstecken mussten", so Schmied in einer Aussendung. Gerstls Werk sei "poetisch und sprachgewandt, ihr öffentliches Auftreten jedoch bescheiden" gewesen. Durch ihren Tod habe die deutschsprachige Nachkriegsliteratur eine "wichtige Vertreterin verloren, deren Werk in all seiner Bedeutung erst zukünftige Generationen erfassen werden können".

(apa/red)