Reif für
die Insel

Wer sich nach weißen Sandstränden, türkisfarbenem Meer und viel Ruhe sehnt, ist auf den Malediven genau richtig. Der Inselstaat ist aber nicht nur ober Wasser ein Traumziel. Auch die Unterwasserwelt ist eine Reise wert

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Malediven - Reif für
die Insel

Viel braucht es nicht. Taucherbrille, Schnorchel, vielleicht ein Paar Flossen. Und schon geht es los. Bereits beim ersten Blick ins weite Blau des Indischen Ozeans eröffnet sich ein unglaubliches Farbenspiel. Papageienfische in grellen Grüntönen nagen an den Korallen. Ein kleiner Schwarzspitzen-Riffhai schwimmt gemächlich vor sich hin. Dazwischen tummelt sich ein Schwarm blau-gelber Doktorfische. Die Unterwasserwelt der Malediven ist atemberaubend. Zwar hat „El Niño“ 2016 auch hier seine Spuren hinterlassen und einige Korallen ihrer prächtigen Farbe beraubt. Doch der Großteil hat den Temperaturanstieg des Wassers gut überstanden und bietet Tauchern wie Schnorchlern ein einzigartiges Spektakel.
Auf den Malediven dreht sich alles um das Meer. Warum das so ist, wird einem gleich beim ersten Schritt vor die Ankunftshalle des Flughafens klar. Denn das Land besteht aus lauter kleinen Inseln, präzise aus 1.196. Die größte von ihnen ist Malé, auf der auch die gleichnamige Hauptstadt liegt. Und die misst gerade zwei Quadratkilometer, also nicht einmal so viel wie der erste Wiener Gemein­debezirk. Dennoch leben hier knapp 100.000 Menschen, also rund ein Viertel der insgesamt 417.000 Einwohner. Das macht Malé zu ­einem der am dichtesten bewohnten Orte weltweit.

Meer im Mittelpunkt

Entsprechend wichtig ist den Maledivern das Wasser – nicht nur, um vom bunten Treiben der Hauptstadt Abstand zu nehmen, sondern auch als Transportroute, als Nahrungsquelle und nicht zuletzt als Tourismusmagnet. Das unwirkliche Türkis des Wassers sticht nämlich gleich auf der Flughafeninsel, die direkt neben Malé liegt, ins Auge. Und lässt einen den Rest des Urlaubs nicht mehr los.

Für Touristen ist die Reise auf dem Flughafen aber noch nicht zu Ende. Mittels Speedboat oder Wasserflugzeug – allein der Flug über die Atolle ist ein Erlebnis – geht es auf eine der 125 Hotelinseln. Dort erwartet Besucher das, wofür die Male­diven berühmt sind: weiße Sandstrände, ­üppige Palmen und die typischen Wasserbungalows. Diese Bauweise hat vor allem praktische Gründe: Laut maledivischem Gesetz dürfen nur 30 Prozent einer Touristeninsel bebaut werden. Da der Uferbereich nicht dazu zählt, verlagern die Hotels manche Zimmer eben einfach aufs Wasser.

Der Tourismus auf den Malediven hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Jedes Jahr kommen neue Resorts hinzu. Aus gutem Grund: Die Strände hier wurden nicht nur einmal zu den weltweit schönsten gekürt. Die Kapazitäten reichen trotzdem nicht. Deshalb boomen seit ­Kurzem sogenannte Guesthouses auf den Inseln der Einheimischen. Im Gegensatz zu den Hotelinseln, die Urlaubern allen erdenklichen Luxus von Massagen bis zum privaten Pool bieten, geht es dort bescheidener zu. Auch hat man so die Möglichkeit, mit Einheimischen, die nicht im Hotelbetrieb arbeiten, in Kontakt zu kommen. Wer aber den Sonnenuntergang betrachten und dabei ein Glas Wein oder Bier genießen will, kann hier schnell enttäuscht werden. In dem streng muslimischen Land ist Alkohol nämlich verboten. Die großen Resorts haben Ausnahmelizenzen, um Alkohol ausschenken zu dürfen. Das Gleiche gilt übrigens auch für das Servieren von Schweinefleisch. Für kleine Guesthouses sind diese Lizenzen jedoch oft unerschwinglich. Wen das nicht stört, der kann hier schon ab 30 Euro pro Nacht absteigen.

Der zunehmende Tourismus führt aber auch zu Problemen, vor allem in Bezug auf die Umwelt. Für die Müllbeseitigung gibt es keine Auflagen. Abfall wird entweder im Meer versenkt oder auf die sogenannte Müllinsel in der Nähe des Flughafens gebracht und verbrannt. Manche Hotels fordern ihre Gäste deshalb auf, ihre Plastikabfälle nach Hause mitzunehmen.

© TUI/florianalbert.net TUI/Florian Albert Lokale Fischer bieten den Hotels täglich frischen Fisch und Meeresfrüchte an

Kehrseite des Paradieses

Groß ist der ökologische Fußabdruck auch aufgrund der langen Lieferwege. Jedes noch so kleine Teil für die Technik, jede Packung Milch und jedes Laken muss extra hergebracht werden – mit Containerschiffen, etwa aus Hamburg. Zudem verbrauchen die Resorts enorm viel Energie – für die Entsalzung des Wassers, die Kläran­lage, die Beleuchtung, die Klimaanlagen. Erzeugt wird der Strom meist mit Dieselgeneratoren. 3.000 Liter Kraftstoff werden am Tag pro Resort verbraucht. Das sollte man als Tourist im Hinterkopf behalten und vielleicht zweimal überlegen, ob der Duschgang wirklich so lange dauern oder das Licht den ganzen Tag brennen muss. Tut man das, kann man mit ruhigem Gewissen das Postkarten-Feeling auf den ­Malediven genießen.

Die politischen Schwierigkeiten hat das Land jedenfalls gut in den Griff bekommen. Erst im Februar wurde der Ausnahmezustand verhängt, Grund war eine Auseinandersetzung zwischen dem Präsidenten Abdulla Yameen und dem Obersten Gerichtshof. Mittlerweile wurde der Ausnahmezustand aufgehoben, und Touristen können die Hauptstadt Malé sorglos besuchen. Und sie ist auf jeden Fall eine Reise wert: die engen Gassen, das bunte Treiben am Fischmarkt oder die Imposanz des ­Tsunami-Denkmals (auch hier hinterließ das Seebeben im Dezember 2004 seine Spuren).

© TUI/florianalbert.net TUI/Florian Albert Allein der Flug mit dem Wasserflugzeug über die Atolle ist ein Erlebnis

Entschleunigung

Den Urlaub auf den paradiesischen Hotel­inseln sollte man hingegen ruhig angehen, schon aufgrund der eingeschränkten Bewegungsfreiheit. Die meisten Inseln lassen sich zu Fuß in einer halben Stunde bis Stunde gemütlich umrunden. Doch genau das macht den Reiz des Inselstaates aus. Hier hat man nicht den Druck, ständig Sehenswürdigkeiten besichtigen zu müssen. Das kann den getriebenen Mitteleuropäer anfangs vielleicht ein wenig überfordern. Aber sobald die innere Ruhe einmal eingekehrt ist, dankt es der Geist mit Entspannung. So ist endlich Zeit für das Buch, das man schon lange lesen wollte. Oder um einfach dazusitzen und auf den Horizont zu schauen.

Schleicht sich nach ein paar Tagen dennoch Langeweile ein, bieten die meisten Resorts eine Vielzahl an Aktivitäten – von Stand-up-Paddling über Windsurfen bis Sunset-Fishing. Besonders empfiehlt es sich, die Unterwasserwelt bei geführten Schnorcheltrips zu erkunden. So erfährt man, welcher Fisch einem gerade an der Nase vorbeischwimmt. Auch den Tauchschein kann man in den meisten Resorts machen. Die Schwerelosigkeit unter Wasser hat einen besonderen Reiz. Und mit etwas Glück bekommt man dabei auch die etwas scheueren Tiere – wie die Grüne Meeresschildkröte oder den Oktopus – zu Gesicht. Ein Erlebnis, das man nicht so schnell vergisst.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Printausgabe 23 2018

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