Das ganze Werk zu ist längst fällig. Weshalb aber gerade jetzt, wenn das Wichtigste fehlt: eine Titeldarstellerin, die das Werk verlangt. Agneta Eichenholz hat eine helle, leichte, aber viel zu kleine Stimme für das Haus. Kokett tänzelt sie über Willy Deckers Bühne und fügt sich in das ansehnliche Ambiente. Dämonie, die von dieser Frau ausgeht, die alle und alles verschlingt, sucht man vergeblich. Und das ist eines der Hauptprobleme dieser Aufführung. Alles bleibt glatt.Dabei hätte man mit diesem Werk den Kommentar zur derzeitigen #metoo-Debatte: Lulu ist der Inbegriff der ausgebeuteten Frau, die aber selbst ausbeutet. Hier kämpft die Cottage gegen das kleine Kriminal.
Von kühler Schärfe ist das Musikalische geprägt. Im ersten Akt setzt Ingo Metzmacher vor allem auf Präzision, entfacht im zweiten mit dem herrlich klingenden Wiener Staatsopernorchester eine Art von hellem, aber kaltem Feuer. Da wird hörbar, wie die Wiener Philharmoniker den Berg‘schen Originalklang draufhaben. Fulminant ertönt Cerhas Ergänzung.
Das Ereignis ist Angela Denoke als Geschwitz. Sie bringt nicht nur eine Stimme, sondern auch Darstellungskraft auf die Bühne. Bo Skovhus gefällt sehr als Dr. Schön und komplettiert als Jack the Ripper. Wolfgang Bankl überzeugt in jeder Hinsicht als Zirkusdirektor und als Athlet. Franz Grundheber berührt als Schigolch. Herbert Lippert (Alwa), Jörg Schneider (Maler) fügen sich ins Ganze.