"Ich war reif fürs Irrenhaus"

Wenn seine Klassiker erklingen, schunkeln die Leute und singen lauthals mit. Was kaum wer wusste: Dem Mann dahinter war lange so ganz und gar nicht nach Party zumute: Burnout. Nun spricht Peter Cornelius erstmals über die düstere Seite einer strahlenden Karriere.

von Menschen - "Ich war reif fürs Irrenhaus" © Bild: Ricardo Herrgott/News

Herr Cornelius, wie wichtig ist Ihnen Popmusik?
Mein Film wurde im brillantesten Zeitalter belichtet, das die Popularmusik je erlebt hat: in den Sechzigern mit den die Zeiten überstrahlenden Genies Lennon und McCartney, mit Jagger und Richards, den Kinks und Hendrix, der für mich als Gitarristen, weil er ein Naturereignis war, noch heute phänomenal ist. Sie alle und viele mehr hatten Einfluss auf mich. So sehr, dass ich mir vorgenommen habe, mein Leben auf Gedeih und Verderb mit Musikmachen zu verbringen. Das bedeutete: Entweder ich setze mich durch, oder ich gehe unter -dann aber auch im Leben, denn etwas anderes konnte ich mir für mich nicht vorstellen.

Einerseits wollten Sie professionell Musik machen, andererseits wollten Sie sich dem Markt nicht ausliefern - klingt nach einer Art Lebensdilemma...
Mich der Branche ausliefern - das wollte ich nie. Diese Bedrohung hatte für mich einen Namen: Freiheitsverlust. Aber man betritt zwangsläufig einen abschüssigen Hang, der, wenn es regnet, auch noch verdammt rutschig wird. Es wird abschüssig, und man wird mitgerissen von einem Weg, den man zunächst eben oder bergauf zu gehen begonnen hat.

Was zieht einen so runter?
All diese Zwänge, die aus den Gegebenheiten heraus entstehen, und die viele Zeit, die dabei draufgeht, in der man nicht kreativ sein kann. Aber man kann der Plattenfirma Unterstützung und Kooperation nicht verweigern, wenn man endlich einen Vertrag in Deutschland bekommen hat. Denn wenn man diese Unterstützung verweigert, dann weigert sich eventuell die Firma, an dir weiterzuarbeiten. Es war ja nicht so, dass die von Anfang an waggonweise Cornelius-Platten verkauft hätten und mit dem Herstellen nicht nachgekommen wären.

Verzeihung, aber da und dort ein paar PR-Termine, ist das denn wirklich so schlimm?
Die wurden in manchen Karrierephasen zur Hauptbetätigung. Wie viel Zeit habe ich wohl damit verbracht, Entfernungen zu überwinden! Nun bin ich aber Songwriter - und genau das konnte ich nicht mehr sein. Ich bin keiner, der im Auto, im Flugzeug oder in Kantinen von Fernsehanstalten Songs schreiben kann. Man müsste einen inneren Kippschalter haben, der einen nach einer Promotionswoche sofort zur kreativen Studioarbeit zurückkehren lässt -aber den habe ich leider nicht. Ich hätte mich damals gerne zweimal gehabt: einmal als jenen, der die Promotion macht, und einmal als jenen, der nichts anderes zu tun hat, als in den Tag hineinzuleben und Songs zu schreiben. Aber dieser Freiraum ist allmählich zu kurz gekommen. Und irgendwann war ich dann nicht mehr bloß reif für die Insel, sondern reif fürs Irrenhaus.

Erzählen Sie.

Das komplette Interview mit Peter Cornelius können Sie in der aktuellen Printausgabe von News (Nr. 47/2018) nachlesen!