" Bin menschenverwöhnt"

Zum 80. Geburtstag sprach der "Bühnenmensch" im Interview über sein Leben

Heute feiert der Doyen des Burgtheaters, Michael Heltau, seinen 80. Geburtstag. Eine Festvorstellung, bei der nicht nur der runde Geburtstag gefeiert wird, gibt es erst am 22. Oktober. Was das Publikum an diesem Abend erwartet, was der Schauspieler vom Feiern auf Knopfdruck hält und warum es ihm immer besser geht, erzählte er im Gespräch mit der APA.

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    Michael Heltau

    Burgtheater-Doyen, Kammerschauspieler, Chansonnier und Entertainer feiert heute seinen 80. Geburtstag.

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    Michael Heltau

    Der glückliche "Bühnenmensch" (1982) damals.

Ihren 75. Geburtstag feierten Sie öffentlich lediglich mit dem Interviewband "Auf Stichwort: Michael Heltau", zum 80. Geburtstag gibt es - allerdings erst im Herbst - eine Festvorstellung im Burgtheater. Haben Sie diesmal mehr Lust, sich feiern zu lassen?

Michael Heltau: Nein. Wieder nicht. Und ich versuche, trotz des Feierns meine Haut zu retten. Wenn sich Feiern ergeben, an irgendeinem Tag des Jahres, wenn ein Mensch, mit dem man was zu tun hat, auf einmal etwas sehr Nettes über einen sagt, ist das etwas Schönes. Aber auf Knopfdruck sozusagen, für einen Geburtstag, noch dazu einen so runden, etwas Passendes zu sagen - da kommen dann diese Allgemeinplätze, noch dazu gerade an dem Tag, wo so viele Leute zuhören. Ich versuche, meine Haut dahin gehend zu retten, die Feierlichkeiten gut zu steuern, besser gesagt: einiges zu vermeiden, ohne Menschen dabei zu verletzen. Also war meine erste Bitte ans Burgtheater, erst im Oktober etwas zu machen.

Wissen Sie schon, wie der Abend aussehen wird?

Heltau: Bei meinen letzten Programmen ist jeweils ein Live-Mitschnitt entstanden. Während der Proben von "Es ist immer jetzt" hat Christoph Hellhake über ein paar Monate - nur für sich selbst - fotografiert. Ganz ohne Bühnenhilfsmittel, ohne Licht. Ich bin ein Fotomuffel, man hat für sich selber keine Augen. Als die Fotos vorlagen, sagten alle, das ist so toll. Und ich fand es deshalb gut, weil man dabei eine lustvolle Arbeit sieht. Es ist also eine Doppel-CD entstanden, mit einem Buch, das wieder Claudia Kaufmann-Freßner macht, und das ich sehr elegant finde. Das wird an diesem Tag präsentiert. Und das kann man feiern.

Im Vorjahr ist der Band "Auf'd Nacht, Herr Direktor" erschienen. Wie kam es dazu, wenige Jahre nach dem Interviewbuch "Auf Stichwort: Michael Heltau" eine weitere Publikation herauszubringen?

Heltau: Schon nach meinen frühen Erfolgen kamen Verlage auf mich zu und meinten, es muss ein Buch geben. Ich dachte damals: Mit 35 ein Buch, was soll da überhaupt drinnen stehen? Und habe es verweigert. Als es über die Seventies gegangen ist, bin ich schachmatt gewesen. Und so kam eben "Auf Stichwort". Es ist ein Interview-Buch geworden, weil Biografien mehr oder weniger ident sind: Alle kommen auf die Welt, gehen in die Schule, kommen in den Beruf. Bei mir ist aber nicht alles ohne Umwege verlaufen. Ich hatte genau so viele Schwierigkeiten, wie sie für mich wichtig waren. Ich war nicht immer die erste Wahl, aber ein paar mir wichtige Menschen wie Giorgio Strehler oder Gustav Manker haben bei mir gesagt: Der ist es.

Nach diesem Interviewband dachte ich dann, da weiß man zu wenig vom zweiten Standbein, den Liedern. Aber ein zweites Buch wollte ich auch nicht machen. Bald war klar: Das muss vor allem Bildmaterial sein, und Gabriela Brandenstein hat wirklich einen Safe geöffnet. In dem Buch bin ich immer nur mit knappen Sätzen und Zitaten vertreten, worum es mir bei diesem Genre geht...

Sie treten im Sommer unter anderem wieder im Hörbiger-Haus auf. Was verbindet Sie mit diesem Ort?

Heltau: Die Paula Wessely. Ich bin in meinem Leben so menschenverwöhnt geworden. Das heißt natürlich auch, dass man dieses Glück mit 80 Jahren in der Erinnerung wach halten muss. Und daran muss man festhalten. Und die Wessely war eine Lebensfreundin, und das ist nie eine Einbahnstraße.

Sie haben sich in Ihrem letzten Interview mit der APA als Glückskind bezeichnet und gemeint, Sie würden sich ohnehin ununterbrochen freuen. Ist das so geblieben oder blicken Sie heute doch anders auf Ihr Leben?

Heltau: Es ist mehr geworden! Ich bin katholisch erzogen, aber den Aberglauben habe ich weggegeben. Obwohl man sagt, "versündige dich nicht", muss ich sagen: Mir geht es immer besser! In den letzten zehn Jahren habe ich bemerkt, dass es nicht nur gut war, diesen Beruf auszulassen, sondern jetzt lässt er mich aus. Er stellt keine Anforderungen mehr. Vor ein paar Tagen sagte eine junge Dame zu mir: "Herr Heltau, andere Künstler haben ein Publikum, Sie haben Freunde." Und wenn jetzt jemand sagt: "Sie fehlen uns", ist es schön, dass sich immer noch Leute wünschen, mich in Rollen zu sehen. Das ist doch ein Übergeschenk, das ist ein Lotteriegewinn.

Ich habe jetzt viel mehr Zeit für Dinge, die ich früher auch gemacht habe, aber eben nur nebenher. Lesen, zum Beispiel. Es waren ja immer zwei Berufe, die ich ausgeübt habe, das Theater mit den Riesenrollen und dann die Lieder. Über 15 Jahre lang habe ich Shows nebenher gemacht, alles unter einem Hut gebracht. Während du's machst, darfst du natürlich nicht sagen, "das ist viel".

In Ihrem jüngsten Programm "Es ist immer jetzt" heißt es einmal "Es bleibt jetzt. Es wird niemals später." Fürchten Sie das Später?

Heltau: Ich meine das so, dass man den Augenblick im wahrsten Sinne des Wortes genießen soll. Aus dem Fenster schauen und sagen: "Mein Gott, ist es heuer grün." Und warum? Weil es so wahnsinnig viel geregnet hat. Weil es ein sogenanntes Sauwetter gegeben hat. Und das ist der Augenblick. Das, was ich gerade sehe. Ich werde nicht sagen: "Ich freue mich auf den Herbst." Ist es denn jetzt so schlecht? Als Rezept klingt es platt, es zu machen ist nicht platt, sondern praktisch und hilfreich.

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