Simon Schwarz:
Hitzestau trotz Sauerkraut

Während Schauspieler Simon Schwarz einen arbeitsintensiven Sommer in Berlin verbringt, behält er als Privatdetektiv im neuen Bayernkrimi einen kühlen Kopf und schwärmt von ­Umweltschutz, Sauerkraut und seiner neuen Produzentenrolle.

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Hitzestau trotz Sauerkraut © Bild: Sebastian Reich

Schweißperlen. Schwitzflecken. Hitzestau. Die unsägliche Dreieinigkeit des Hochsommers trifft auch Simon Schwarz. Der Schauspieler („Altes Geld“, „Bösterreich“, „Alles wird gut“, „Der Knochenmann“, „Komm, süßer Tod“) steht aktuell in Berlin in einem alten, stillgelegten Krankenhaus vor der Kamera. Klimaanlage und Ventilatoren gibt es keine. Die Kleidung auf dem Set: keine kurzen Hosen, sondern Hemd, Hose und Jacke. In einer Drehpause schnauft der 47-jährige gebürtige Wiener: „Was ich dieses Jahr vom Sommer hab? Er ist besonders heiß. Hier drinnen hat es schon 40 Grad.“

50 Kilo Sauerkraut

Um zumindest einen kühlen Kopf zu bewahren, reden wir über Sauerkraut. Das wirkt basisch, entgiftend – und kühlend. Beruflich spielte der fein gehobelte Weißkohl zuletzt eine tragende Rolle. Schwarz amüsiert nämlich als übereifriger Privatdetektiv Rudi Birkenberger im soeben angelaufenen Kinofilm „Sauerkrautkoma“, der fünften Verfilmung eines Bayernkrimis aus der Feder von Rita Falk. Nach „Dampfnudelblues“, „Winterkartoffelknödel“, „Schweinskopf al dente“ und „Grießnockerlaffäre“ unterhalten neben Schwarz Sebastian Bezzel, Enzi Fuchs, Nora von Waldstätten, Ulrike Beimpold und Michael Ostrowski in der deutschen Kriminalkomödie. 50 Kilo Sauerkraut wurden während der Dreharbeiten verspeist. Seine outrierte Parodie eines sterbenden Schwans nach dem übermäßigen Genuss des fermentierten Gemüses belustigte ­Simon Schwarz selbst. „Beim Dreh haben wir viel davon gegessen, sodass es schon nicht mehr witzig war“, berichtet er. „Ich liebe bodenständiges Essen und finde Sauerkraut großartig. Ich kann da auch regionale Unterschiede erkennen. In Wien ist es oft karamellisiert, in Bayern ist es meistens saurer.“ Ebenda, in Bayern, spielt die Handlung von „Sauerkrautkoma“.

Der Hohepriester der Wurschtigkeit, Dorfpolizist Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel), wird vom öden Kaff Niederkaltenkirchen nach München versetzt. Dort muss er sich nicht nur mit einem Mordfall herum­schlagen, sondern auch mit Privatdetektiv ­Birkenberger (Simon Schwarz). Die beiden beackern den undurchsichtigen Fall und leben auch noch zusammen in einer wenig glamourösen Wohngemeinschaft. Schwarz grinst: „Den Rudi hab ich jetzt schon das fünfte Mal gespielt. Ich mag diese Figur wahnsinnig. Er ist sympathisch, aber auch sehr schrullig. Er ist ein bisschen einsam und verloren, aber doch liebenswert. Eine Randfigur in der Gesellschaft, die ihre Prinzipien hat. Das gefällt mir.“ Eine schrullige Seite der Filmfigur, die auch Simon Schwarz nicht fremd ist: das Faible für Tomaten mit Blechgeschmack. Bei Privatdetektiv Birkenberger gibt es ­Raviolidosen bereits zum Frühstück. Eine Reminiszenz an Schwarz’ Kindheit. „Diese Raviolidosen haben wir, wenn wir Bergsteigen gegangen sind, als Kinder immer gegessen. Die kann man am Gaskocher gut aufwärmen, aber auch roh essen.“ Heute sei er weit davon entfernt, sich so etwas einzuverleiben. Heute sei er heikel und wählerisch.

Wie auch das Filmteam von „Sauerkrautkoma“, dem der „Grüne Drehpass“ für eine umweltbewusstere Produktion überreicht wurde, weil der CO2-Ausstoß bei der Herstellung so gering wie möglich blieb. Zu den achtsamen Maßnahmen auf dem Set gehörten die Benutzung möglichst vieler umweltfreundlicher Fahrzeuge und der Verzicht auf Altgewohntes: Einzelabholungen und eigene Wohnmobile für Darsteller wurden abgeschafft, die tägliche Dispo gab es nur in digitaler Form, im Cateringbereich wurde der Müll getrennt und auf Plastikbecher und Einweggeschirr verzichtet. Das entspricht auch Schwarz’ Blick auf die Welt. „Ich war und bin sehr umwelt­bewusst, aber ich hab auch große Schwächen. Mein Fußabdruck ist sicherlich kein guter, weil ich berufsbedingt jede Woche zweimal im Flieger sitze. Mit der Bahn könnte ich die Drehtage aber schlichtweg nicht absolvieren.“ Trotzdem befolgt der Schauspieler sein eigenes Regelwerk: regionaler Einkauf, Ökostrom, keine Fast Fashion. Die Hemden lässt er sich schneidern. Regionales Handwerk unterstützt er sehr gern. Und im Bioladen macht er einen großen Bogen um Limetten aus Kolumbien. „Denn das ist für mich völlig absurd!“

Fokus auf das Schöne

Alles im grünen Bereich im Hause Schwarz, könnte man sagen. Beruflich ist das Jahr recht dicht. Privat gibt es keine Krisen, der Schauspieler schätzt sich glücklich. Und das, obwohl er dieses Jahr ein paar Mal mit der Polizei zu tun hatte – immer als Opfer. „Es ist hier in Berlin mein altes Auto gestohlen worden, und dann hat jemand ­Daten-, also Personaliendiebstahl mit meinem Namen und meiner Adresse gemacht“, erzählt er. Das Auto ist weg, ein alter Defender, an dem Schwarz sehr hing und der bald ein Oldtimer geworden wäre. Auch der Datenklau „war irgendwie aussichtslos“. Da könne man nur damit leben. „Wenn man sich da zu verteidigen weiß, geht es, aber in dem Fall will ich keine ­verwirrte 70-jährige Frau sein, der das passiert, denn das aufzuklären ist ziemlich kompliziert“, resümiert Schwarz.

Ein bisschen Euphorie steht dem Sohn eines Theaterwissenschaftlers und einer Germanistin trotz dieser Verluste ins Gesicht geschrieben. Im Herbst kommt sein erster selbst produzierter Spielfilm, „Zerschlag mein Herz“, in die österreichischen Kinos. „Diese neue Rolle als Produzent war anstrengend, aufwendig und intensiv, aber gut. So schwer das Thema ist, so glücklich bin ich darüber, wenn der Film ab 5. Oktober zu sehen sein wird.“ Als Schauspieler im Mittelpunkt zu stehen, war „ohnehin nie Plan oder Überlegung“, überrascht Schwarz. Seiner Tochter und seinem Sohn habe er immer abgeraten, diesen Berufsweg einzuschlagen. „Es stand auch lustigerweise nie zur Debatte. Mein Sohn sagte einmal seinen Freunden, das habe ihm sein Vater schon ausreichend vergrault.“

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Printausgabe 32/2018