Lunchit: Das Ende der Kantine?

Eine App soll die Mittagessenskultur im Job aufmischen. News sprach mit dem Gründer

Gut und günstig in der Arbeit zu Mittag essen? "Kantine" ist dabei nicht zwangsläufig das Zauberwort, das einem dazu einfällt. Und auch Essengutscheine haben oft den Haken, dass sie nicht überall akzeptiert werden. Diese Nische will "Lunchit" für sich nun entdeckt haben. Hinter dem neuen Erstattungsmodell steckt eine App, die seit kurzem auch in Österreich verfügbar ist. Wenn der Arbeitgeber mitspielt. News.at hat sich mit dem Gründer Ralph Meyer unterhalten, was genau hinter "Lunchit" steckt.

von Guten App-etit - Lunchit: Das Ende der Kantine? © Bild: SpendIt AG

Wo haben Sie heute zu Mittag gegessen?
Meyer: Zuhause bei meiner Frau (lacht) .

Dann erübrigt sich meine Frage, ob man in dem Restaurant auch „Lunchit“ nutzen kann.
Meyer: Zuhause lässt sich „Lunchit“ nicht nutzen, weil man da ja keinen Beleg bekommt, aber ansonsten überall. Das ist ja das Schöne, dass „Lunchit“ vom System her offen konzipiert ist und man mit der App im Gegensatz zu den bestehenden Gutscheinmodellen, die immer an Akzeptanzpartner gekoppelt sind, überall essen kann, wo man einen Beleg bekommt.

Beschreiben Sie „Lunchit“ bitte in ein, zwei Sätzen.
Meyer: Das Prinzip ist ganz einfach: Es geht darum, den Mitarbeitern auf einfachem Weg einen Zuschuss zum Mittagessen zu zahlen. Der Mitarbeiter geht dabei essen, wo er will und lässt sich danach einen Beleg ausstellen. Diesen Beleg scannt er mit der App am Smartphone ein, die ihn digitalisiert und er bekommt am Ende des Monats einen bestimmten Betrag der Konsumation erstattet.

»Die App ersetzt die Kantine in keinster Weise«

Sind Kantinen Ihrer Ansicht nach damit angezählt?
Meyer: Überhaupt nicht. Die App ersetzt die Kantine in keinster Weise, sondern stellt in einem oder anderen Fall eine mögliche Alternative dar. Grundsätzlich ist es also ein ergänzendes Modell.
Wir sprechen große Unternehmen an, zum Beispiel die Bank, die in der Zentrale eine Kantine hat, aber in der Filiale eben nichts. Aber auch kleine Unternehmen, die sich sowieso keine Kantine leisten würden.

Es ist also eher als Konkurrenz zu den Essensgutscheinen zu verstehen?
Meyer: Theoretisch ja, aber wenn man den Markt betrachtet auch in diesem Fall nicht. Die Unternehmen, die bisher bei uns gebucht haben, sind eigentlich nicht von den Essensgutscheinen auf uns umgestiegen, sie hatten bisher einfach gar keine Lösung. Grund dafür war in den meisten Fällen der administrative Aufwand und die damit verbundene Zettelwirtschaft. Man kann also eher sagen, dass wir den Markt um die Firmen erweitern, die zum ersten Mal ein Erstattungsmodell anbieten möchten.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, „Lunchit“ aus der Taufe zu heben?
Meyer: Die Idee hatten wir zuerst für Deutschland, wir waren dort schon mit einem anderen Produkt auf dem Markt. Das Essensthema hat uns immer schon fasziniert und kannten es von unseren bestehenden Kunden, die uns mehr oder weniger aufgefordert hatten das zu digitalisieren.
Zuerst hatten wir uns gedacht, wir machen so etwas ähnliches wie Gutscheine auf einer Plastikkarte und irgendwann hatten dann die Idee für dieses Erstattungsmodell über Smartphones, was im übrigen auch einen großen Vorteil für den Arbeitgeber hat: Es können keine Gutscheine mehr verloren gehen. Wir erstatten ja wirklich nur das, was konsumiert wird.

Wie funktioniert die konkrete Praxis mit „Lunchit“ für den Arbeitnehmer?
Meyer: Den Beleg kann der Mitarbeiter nach dem Scannen wegschmeißen. In der App bekommt der Nutzer dann das unmittelbare Feedback, dass der Beleg akzeptiert wurde. Und dann sieht man auch, dass sich das Erstattungsguthaben erhöht hat. Das liegt in Österreich bei maximalen 4,40 Euro pro Konsumation. So kann man theoretisch bis zu rund 80 Euro pro Monat aufsammeln, die dann mit Ende des Monats steuerfrei zum Lohn ausbezahlt werden.

Und was bedeutet das für den Arbeitgeber?
Meyer: Wir haben bei „Lunchit“ den gesamten Bestell- und Onboarding-Prozess digital abrufbar, wie man das von einer Online-Bank und ähnlichen Services kennt. Das einzige, was man als Unternehmen braucht, ist die einmalige Angabe der Unternehmensdaten und die Eingabe der E-Mail-Adressen der Mitarbeiter, damit sie sich per Einladung die App runterladen können.
Der Arbeitgeber hat keinen Tresor mehr, wo sich Wertgutscheine befinden, er hat auch keinen Schwund mehr. Und darüber hinaus kann er die tägliche Erstattungshöhe selbst festlegen. Der ganze Registrierungsprozess dauert vielleicht 5 Minuten und die Anmeldungen – natürlich abhängig von der Anzahl an Mitarbeitern - auch wenige Minuten.

Was ist der Anreiz für ein Unternehmen, sich für dieses System zu entscheiden? Im Endeffekt sind es ja dennoch bis zu 80 Euro mehr pro Monat, die der Arbeitgeber pro Mitarbeiter zu entrichten hat…
Meyer: Natürlich, man muss klar sagen, dass „Lunchit“ ein On-Top-Benefit ist. Da muss auch die Motivation da sein, sich am Arbeitsmarkt abzuheben und dass einem als Arbeitgeber das Thema der Mittagsessen-Förderung wichtig ist.
Mit dieser Bezuschussung ist man als Mitarbeiter auch in der Lage, sich was „Gscheites“ zu kaufen. Idealerweise hebt sich also auch das Ernährungsverhalten und die Essenskultur in Kombination mit der Freiheit, dass man zu jedem Lokal gehen kann.

»Österreich ist als Markt für Essensbezuschussung fast genauso groß wie Deutschland«

Wie sind die Rahmenbedingungen für „Lunchit“ in Österreich? Welche Unterschiede gibt es zu Deutschland?
Meyer: Österreich ist hinsichtlich der Anzahl der Arbeitnehmer natürlich kleiner als Deutschland, aber als Markt für Essensbezuschussung fast genauso groß. In Österreich hat es einfach einen wesentlich höheren Stellenwert, was man einkauft und was man isst. In Deutschland ist Essen teilweise nur auf Ernährung reduziert.
Das Thema Essen spielt für die Arbeitgeber also eine große Rolle, auch viele Handwerksbetriebe zahlen Zuschuss. In großen Unternehmen ist es sowieso üblich, dass es Kantine oder andere Lösungen gibt.
Steuerlich verhält es ähnlich zu Deutschland, aber es gibt einen Unterschied, nämlich den „Wurstsemmelparagraf“. Der besagt, dass man 4,40 Euro Förderung für ein Vollmenü bekommt, aber nur 1,10 Euro, wenn man sich etwas vom Imbissstand oder vom Supermarkt holt. Die App fragt also in Österreich nach – und das ist der Unterschied zu Deutschland – ob man im Restaurant oder bei einem Imbiss gegessen hat.

Welche Referenzen haben Sie bereits?
Meyer: Ich darf nicht alle Kunden nennen, aber in Österreich unter anderem die Spedition Dachser und die Firma Etron aus Wien und die KaufmannGruppe aus Linz. Zu den größten Kunden in Deutschland zählen Anwalt.de, Orderbird oder Media Partisans, also fast alles New-Economy-Unternehmen.
Etablierte Unternehmen, mit denen wir sprechen, sind bei „Lunchit“ alle noch in der Testphase. Dazu gehören unter anderem zwei namhafte Banken in Deutschland, die aber auch noch nicht genannt werden wollen. Es war für uns schon auch ein Learning, dass die Early Adopters vorwiegend die schnell wachsenden, jungen Unternehmen sind. Wir führen aber auch schon Gespräche mit großen österreichischen Einzelhändlern und Banken. Aber dieser Prozess ist noch am Laufen, weil wir hier erst seit ein wenigen Monaten auf dem Markt sind.

Und womit verdient „Lunchit“ Geld?
Meyer: Im Sinne von „Software as a Service“ erheben wir als Entwickler und Betreiber der Plattform pro Nutzer eine Servicegebühr vom Arbeitgeber. Die ist entweder als Monats- oder Jahresgebühr zu entrichten, bei der Jahresgebühr zahlt man dann nur 10 Monate. In Österreich sind das zwischen 6,90 und 11,90 Euro pro Monat.

Die rund 80 Euro, die man einem Arbeitnehmer pro Monat maximal gutschreiben kann, entsprechen also ungefähr Kosten von rund 90 Euro?
Meyer: Sie müssen ungefähr 10% von der Konsumation rechnen, die wir als Gebühr einheben. Uns geht’s natürlich darum, dass die Einführung für den Kunden insgesamt positiv sein muss und deshalb muss man sich auch immer den Vergleich gegenüber Alternativen vor Augen führen. Wenn man beispielsweise mit Essengutscheinen arbeitet, dann hat man meistens einen Schwund von 10-15%. Die müssen in dem Fall auch vom Arbeitgeber bezahlt werden, fallen bei unserem Modell aber weg.
Zu unseren Erfahrungswerten zählt auch, dass „Lunchit“ ungefähr 12-14 Mal im Monat verwendet, also nicht jeder Arbeitstag genutzt wird.

»Unser Ziel ist es, dass wir im Digitalbereich Marktführer werden«

Welche Ziele verfolgen Sie in Österreich?
Meyer: Österreich ist unser erster Auslandsmarkt, deshalb ist es für uns in erster Linie wichtig Erfahrungen zu sammeln. Und die sind bisher sehr positiv, wir haben relativ schnell einen eigenen Country Manager eingestellt, der den Markt übernommen hat. Unser Ziel ist es, dass wir im Digitalbereich, wo wir die ersten sind, Marktführer werden.
Uns geht es gar nicht so darum, das bestehende Papiermodell zu verdrängen, sondern noch mehr österreichische Unternehmen davon zu überzeugen, dass sie die Mittagspause bezuschussen. Das ist auch ein kultureller Aspekt, dem es etwa in den USA oft mangelt: In Europa geht man mittags aus und kauft sich etwas zu essen. Das ist ein Faktor, der die Lebensqualität bereichern kann und ein Moment, wo man mal nicht auf dem Computer oder das Smartphone schaut, sondern einfach was Gutes isst. Am besten natürlich in Gesellschaft.

Und welche App ist für Sie persönlich unverzichtbar?
Meyer: Für mich ist es die Wetter-App, ich nutze MoreCast. In diesem Zusammenhang ist es natürlich schön zu sehen, dass auch „Lunchit“ im Konzert der Apps als regelmäßiger Kontaktpunkt dienen kann, obwohl wir ein kleines Unternehmen sind. Auf die Art und Weise bringen wir vor allem den Arbeitgeber regelmäßig ins Spiel, da unsere App mit seinem Logo gebrandet werden kann. Sogesehen hat der Mitarbeiter theoretisch mindestens eine gute Rückkopplung zum „Chef“.

© SpendIt AG

Zur Person: Dr. Ralph Meyer ist Mitgründer und Vorstand der Spendit AG in München. Spendit ist der deutsche Marktführer für digitale Mitarbeiter-Benefits. Derzeit arbeiten 35 Mitarbeiter im Unternehmen, das seit September 2016 auch in Österreich tätig ist. Weitere europäische Märkte werden folgen.