Ofczarek: Mehr als simple Mörderjagd

Für die achtteilige Thriller-Serie "Der Pass" rekrutierte der Bezahlsender Sky eine hochkarätige Besetzung. Burgschauspieler Nicholas Ofczarek ermittelt mit Charisma.

von Kultur - Ofczarek: Mehr als simple Mörderjagd © Bild: © Sky Deutschland / Wiedemann & Berg Television GmbH & Co. KG / Sammy Hart

Ob sie die Serie tatsächlich drehen würden, hing für die Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert von der Antwort eines einzigen Schauspielers ab: Nicholas Ofczarek sollte der Sky-Serie "Der Pass" Gesicht und Gestalt geben. Boss und Stennert haben nicht nur Regie geführt, sondern auch die Drehbücher zum achtteiligen Thriller verfasst. Und sie bildeten den österreichischen Ermittler Gedeon Winter nach der Gestalt des Nervenendenakrobaten Ofczarek.

Ein Charismatiker war da gefragt, der die Zuschauer durch seine Präsenz einfängt. Gedeon Winter hat die Hoffnung auf eine Karriere bei der Kriminalpolizei aufgegeben, seit er von Wien nach Salzburg versetzt wurde, weil er unerlaubt Informationen an einen Journalisten weitergegeben hat. Jetzt ist er ein Außenseiter im geschlossenen System. Seine imposante Gestalt, die er im Winter mit einem alten, schweren Mantel verhüllt, müsste Respekt einflößen. Doch mit seinen meist von Schlafmangel verquollenen Augen und dem vernachlässigten Haar vermittelt er den Eindruck eines Mannes, der nichts mehr zu erhoffen hat. Hätte Ofczarek abgesagt, wären sie von ihrem Projekt zurückgetreten, lassen Boss und Stennert im Gespräch mit News wissen.

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Doch Ofczarek sagte nicht ab: Das komplexe Drehbuch habe ihn überzeugt. Wie sieht er Winter, den Verlierer?"Es ist ein Mensch, der schon ein bisschen aufgegeben hat. Er kommt immer zu spät. Das ist in diesem Beruf so. Denn als Polizist kommt man meistens erst dann an den Tatort, wenn es schon passiert ist. Das desillusioniert, das macht kaputt. Man räumt immer nur auf, und das hebt diesen Mann aus den Angeln", erklärt Ofczarek seine Figur.

Die Thriller-Serie "Der Pass" ist ab 25. Jänner, 20.15 Uhr, auf dem Bezahlsender Sky an Freitagen in Doppelfolge zu sehen oder per Stream abzurufen. "Was Streaming-Dienste bieten, ist derzeit die innovativste Form der Unterhaltung, wenn es um die visuelle Gestaltung, um die Ästhetik und um die Art und Weise, wie man Geschichten erzählen kann, geht", zeigt sich Ofczarek beeindruckt. Das manifestiert sich auch in den Drehbüchern von Boss und Stennert. Was sich auf den ersten Blick wie ein konventioneller Krimi anlässt, entwickelt sich zum Psychogramm von Tätern und Ermittlern. Auf einem Bergpass an der österreichisch-deutschen Grenze -so die Geschichte - wird im Tiefschnee ein Toter gefunden. Die sterblichen Überreste des tiefgefrorenen Mannes sind penibel auf einem Grenzstein platziert: Der Oberkörper liegt in Österreich, die Beine ragen nach Deutschland. Kommissar Winter soll den Fall mit seiner deutschen Kollegin Ellie Stocker von der Kriminalpolizei Traunstein in Oberbayern übernehmen. Rasch wird geklärt, was der Täter vorhat: Er will Menschen für Taten bestrafen, die er für amoralisch hält. Seine Opfer sucht er in allen Gesellschaftsschichten. Das erste Opfer ist ein Schlepper, eines der nächsten ein Mädchen im Teenageralter, das auf Youtube Anleitungen gibt, wie sich junge Frauen attraktiv schminken.

Mehr als simple Mörderjagd

Boss und Stennert beschränken sich dabei nicht auf einen herkömmlichen Whodunit, sondern zeigen parallel zu den Fahndungen die mörderischen Umtriebe des Täters. "In dieser Serie geht es um die Psyche der Figuren. Man kann auch die Entwicklung des Killers verfolgen. Man lässt sich auf seine Perspektive ein und lernt, diese auch zu verstehen. Und bei den Kommissaren kann man beobachten, wie sie diese Ermittlungen menschlich prägen, sogar verändern. Das ist das Besondere an der Serie", erläutert Ofczarek.

Um das nachvollziehbar zu machen, haben Boss und Stennert die Darsteller präzise aufeinander abgestimmt. Ofczareks deutsche Kollegin Ellie Stocker wird von der Theater-und Filmschauspielerin Julia Jentsch dargestellt. Sie habe so einen speziellen Blick, wecke das Gefühl, irgendetwas sei in ihr noch verborgen, erklären die beiden ihre Wahl. Zunächst tritt Ellie Stocker als junge, ehrgeizige Ermittlerin auf, die stets versucht, ihre Kollegen zu motivieren. "Ich wusste gleich, Ellie wird noch andere Seiten zeigen, sie wird sich verändern. Das war die Herausforderung und das Interessante für mich", sagt Julia Jentsch. Nach Vorbildern unter literarischen Kriminalisten hat die 1978 geborene Berlinerin ebenso wenig gefahndet wie ihr Kollege Ofczarek. Sie sei keine Anhängerin solcher Geschichten. "Wenn ich mir im Fernsehen einen Krimi ansehe, dann wegen der Regie oder weil ich einen Kollegen kenne", sagt sie. Das Ärgste beim Dreh? Der Anblick der Leichen, die von Puppen oder authentisch geschminkten Menschen dargestellt wurden. "Aber das sah brutal, furchtbar aus. Das sind Bilder, die möchte ich selbst nicht sehen und diese aus dem Kopf zu bekommen, ist hart", sagt Jentsch.

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Für den Täter Gregor Ansbach wurde Franz Hartwig ausgewählt. Der gebürtige Dresdner beeindruckt mit durchdringendem Blick und enormer Wandlungsfähigkeit. Er schätzt es, dass seine Figur sehr intelligent ist. Einen simplen Mörder darzustellen, hätte ihn nicht so interessiert. Um diesen möglichst authentisch darzustellen, habe er seine Rolle penibel vorbereitet, mit einem Fallanalytiker über Täterprofile gesprochen, einen Computer-Hacker getroffen und mit dem Zehnfingersystem auf einer Tastatur zu schreiben gelernt.

Die Faszination des Bösen

Hat ihn diese Figur gelehrt, weshalb Kriminalgeschichte, weshalb das Böse so viele fasziniert? Hartwig: "Weil wir glauben, dass wir gut sind, kennen wir die andere Seite nicht. Und was man nicht kennt, das interessiert einen am meisten. Wir können uns nicht erklären, wie jemand fähig ist, jemandem anderen den Schädel einzuschlagen." Ofczarek bringt es auf den Punkt: "Ich glaube gar nicht, dass es so sehr um das Böse geht. Es ist das Abgründige, das Unheimliche, das nicht ganz Nachvollziehbare, das uns Angst macht. Und durch Kriminalfilme können wir dem in einem geschützten Raum begegnen. Jeder hat seine eigenen Abgründe oder die anderer, unter denen er zu leiden hat. Trotz allem gibt es das Streben nach Glück oder nach einem gewissen Glück. Wenn sich die Figuren trotzdem aufrichten und versuchen, die Dämonen in sich zu besiegen."

Jentsch ist nicht zum ersten Mal mit dem Bösen beruflich konfrontiert. Vor einem Jahr stellte sie in der dreiteiligen Fernsehkrimiserie "Das Verschwinden" eine Mutter dar, die nach ihrer abgängigen Tochter fahndet. "Das sind Themen, mit denen ich mich nicht immer beschäftigen möchte. Während man daran arbeitet, nehmen einen diese Geschichten ein. Aber wenn der Dreh abgeschlossen ist, kann man sich gut davon lösen", erklärt sie.

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Ofczarek gibt ihr recht: "Es hört dann auf, wenn es beendet ist. Das ist auch bei Theaterproben so. Irgendwann ist man zu Hause und wieder in seinem anderen Leben."

Zumindest, bis die Fortsetzung mit einer nächsten Staffel oder in anderen Geschichten folgt.

Wenn man schon beim Thema "Fortsetzung" ist: Wird Ofczareks Leben als Burgschauspieler ab September in der neuen Direktion Martin Kušejs eine Fortsetzung finden?"Wir hatten ein freundliches Gespräch. Er war sehr zuvorkommend. Wir reden weiter, wie wir die Zukunft gestalten."

Das sind zumindest keine schlechten Aussichten.

Zur Serie: "Der Pass" Auf einem Bergpass an der österreichisch-deutschen Grenze wird ein Toter aufgefunden. Der österreichische Kommissar Gedeon Winter und seine deutsche Kollegin Ellie Stocker ermitteln. Für die achtteilige Serie "Der Pass" haben Cyrill Boss und Philipp Stennert ein hochkarätiges Ensemble rekrutiert. Neben Nicholas Ofczarek, Julia Jentsch und Franz Hartwig komplettiert Roman Gregorowicz als Journalist. Sehenswert. Ab 25. Jänner auf Sky.