So wird man zum
Bestsellerautor

Barbara und Christian Schiller sind ein Musterbeispiel für höchst erfolgreiche Aussteiger. Das österreichische Ehepaar hat seinen alten Beruf an den Nagel gehängt und zählt unter dem Namen "B.C. Schiller" zu den erfolgreichsten Selfpublishing-Autoren im deutschsprachigen Raum. Wie ist es dazu gekommen? Und lässt sich das nachmachen? Wir haben mit dem Erfolgsduo gesprochen.

von Karriere - So wird man zum
Bestsellerautor © Bild: Fabian Hensel Photography

Wie hat alles angefangen?
Barbara Schiller: Wir haben mehr als 20 Jahre lang eine Werbeagentur geführt, die ist mir immer mehr auf die Nerven gegangen, weil der Stress immer größer geworden ist. Mein Mann hat, bevor wir verheiratet waren, schon zwei Romane geschrieben. Und ich hab ihn über die Jahre dazu bewegt, dass wir zusammen auch einmal einen schreiben.
Damit wir einfach mal Abstand vom Alltag bekommen, etwas Neues probieren. Aber nicht mit dem Hintergedanken, dass wir davon leben können, sondern rein, dass man für sich selbst einfach etwas tut.
Ich hab ihn dann soweit gehabt, als einer unserer größten Kunden abgesprungen ist damals. Wir waren dann drei Wochen in Mallorca, haben uns eingeigelt, untertags den Plot entwickelt, am Abend noch die Mitarbeiter kontrolliert. Das Resultat war unser erster „Toni Braun“-Thriller „Töten ist ganz einfach“.

Und wie kam es zu Amazon?
Barbara: Ein Literaturagent in Berlin war begeistert von dem Buch und hat das dann großen Publikumsverlagen vorgestellt. Die hätten gemeint, es sei ganz nett und so, aber sie hätten genug englischsprachige Thriller und außerdem sollten wir erstmal ein zweites Buch schreiben.
Das wollte ich nicht, ich wollte zuerst das erste auf den Markt bringen, wenn man sich schon die Arbeit antut. Und dann kam eben Glück dazu, das ist so im Leben. Zu Ehrgeiz und Disziplin braucht man auch Glück. In Amerika ist Kindle Direct Publishing gestartet, die Self Publishing Plattform von Amazon. Ich hab mir das angeschaut, die Stories, die da erschienen sind und zu Christian gesagt, das sei doch ein tolles Format. Also haben wir beschlossen, es zu probieren: Wir haben das Buch hochgeladen, alle Anforderungen erfüllt, und ein professionelles Cover erstellen lassen.

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Hat das auf Anhieb funktioniert?
Barbara: Da hat sich dann ein halbes Jahr lang einmal nichts getan, wir waren im Ranking immer so um die 100.000. Und bei Amazon ist es ja entscheidend, dass man in das Top-100-Ranking kommt.
Und eines Abends bin ich im Wohnzimmer gesessen, schau auf das Ranking und plötzlich war unser Buch auf Platz 87. Das erste Buch hat es im Endeffekt dann auf Platz 14 geschafft, das zweite Buch war dann innerhalb von drei Tagen auf Platz 1.
Und dann ist auf einmal diese Erfolgswelle gekommen.

Lässt sich dieser Knackpunkt, wo es umspringt, beschreiben?
Christian Schiller: Nicht wirklich, aber es hat schon auch ein wenig mit den Bloggern zu tun gehabt, die wir nach einem halben Jahr kontaktiert haben. Durch Meinungsbildner bekommt man eine gewisse Vervielfältigung. Und durch Rezensionen, die positiv gewesen sind, die sind ja bei Amazon sehr wichtig.
Barbara: Bei Amazon ist die Sichtbarkeit sehr wichtig, und die erreicht man unter anderem durch Rezensionen und solche Marketingaktionen wie mit den Bloggern.

Was ist ihr Erfolgsrezept?
Barbara: Natürlich zu einem Teil die Entscheidung, unsere Bücher selbst bei Kindle Direct Publishing zu veröffentlichen. Wir sind aber auch fleißig, wir sind diszipliniert, wir setzen uns Ziele…
Christian: …und haben gute Ideen!
Barbara: Und gehen das Ganze sehr strategisch an. Wir machen Sachen professionell, dazu gehört eben ein Buchcover vom Art-Designer und ein Lektorat, ein Korrektorat. Ich glaub, das sind alle Erfolgsbausteine. Und wir schreiben halt gut! (lacht)

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Setzen Sie sich einen Zeitrahmen für ein Buch? Wie darf man sich das vorstellen?
Barbara: Wir haben eigene Pläne, zum Beispiel die Ansage „Toni Braun 3 möchten wir Anfang Mai veröffentlichen, Vorlaufzeit 3-4 Monate“, dann fangen wir an, wollen die Rohfassung einmal fertig haben, dann die Kapiteleinteilung, dann die Plot-Entwicklung.
Ein Krimi oder Thriller muss ja sehr hart durchdacht werden, man braucht viele Wendungen oder Twists. Man muss den Leser überraschen können. Alles wird genau getimt, bis wann es fertig sein muss.

Wo sammeln Sie Ihre Inspiration?
Christian: Das ist eigentlich nur unsere Fantasie.

Also kein Miteinbeziehen von Ereignissen aus der Realität?
Christian: Nein, das machen wir überhaupt nicht. Wenn wir mit deutschen Medien Interviews haben, merken wir, dass besonders die Deutschen das nicht verstehen. Sie fragen, woher wir das recherchieren.

Also gar keine Recherche?
Barbara: Nachher schon natürlich. Wenn im Buch jemand abgestochen worden ist und bestimmte Verletzungen hat, dann schauen wir uns schon an, wie das in Realität ablaufen würde und recherchieren dazu.
Christian: Wir sind auch einmal in Bratislava gewesen und haben uns mit einem ehemaligen Polizisten getroffen, der uns zum dortigen Rotlicht-Milieu und dem Mädchenhandel informiert hat.

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Wie darf man sich Ihre Zusammenarbeit vorstellen? Gibt es fix verteilte Aufgaben?
Barbara: Wir haben ja unterschiedliche Point-of-Views bei unseren Büchern. Das heißt wir haben zum Beispiel die Sicht vom Chefinspektor Toni Braun, dann haben wir die Sicht vom Killer oder die Sicht von einer ehemaligen Journalistin. Und das teilen wir uns auf.
Ich übernehme dann meistens die bösen Parts, ich morde in Büchern sehr gerne und es macht mir Spaß dort böse zu sein. Der Christian übernimmt dann eher Parts wie die des Toni Braun…
Christian: Und da sitzt dann jeder in seinem Zimmer und schreibt am Abend seinen Part des Buchs. Anschließend lesen wir den Part des anderen und löschen gegenseitig seitenweise (lacht)
Barbara: Und bringen uns dann gegenseitig um gedanklich (lacht)
Christian: Wir haben teilweise heftige Auseinandersetzungen, das ist ganz normal und gehört dazu.

Gibt es eine treibende Kraft unter Ihnen? Oder schaukeln Sie sich gegenseitig hoch?
Barbara: Ich würde sagen, wir schaukeln uns gegenseitig hoch, das trifft es gut. Man kann ja nicht immer gut drauf sein, da ist es wichtig, dass der andere da ist.
Christian: Wir haben das von unseren Erfahrungen mit der Werbeagentur sehr gut im Griff. Es gibt Schreibblockaden. Man nimmt sich ein gewisses Seitenpensum vor und sagt von 10:00 bis 14:00 wird einfach geschrieben - und wenn einem nichts einfällt, sollte man trotzdem schreiben, damit man ein gewisses Seiten- oder Wortlimit erreicht und nicht aus dem Rhythmus kommt.

Welches Limit setzt man sich?
Christian: Zwischen 2.000 und 3.000 Wörter am Tag, würde ich sagen. Wir gehen es dann am Abend durch, also lesen es vor und korrigieren dann gleich dabei, wenn Wendungen nicht stimmen oder Doppelungen vorkommen.

»Das Schönste am neuen Leben ist die Freiheit, die wir in vollen Zügen genießen können«

Wie hat sich Ihr Leben seit Ihrem Erfolg verändert?
Barbara: Der Punkt ist der, dass wir nicht mehr so glücklich waren mit unserem Leben: Der Stress und das viele Negative. Dann sind diese kleinen Erfolge passiert mit den Büchern, die waren ja nicht geplant. Und dann haben wir entdeckt, dass sich da eigentlich eine Möglichkeit auftut und man ein vollkommen neues Leben führen kann. Dann kommen natürlich auch die Zweifel wegen des Risikos, wir waren damals ja nicht mehr 20 oder 30.
Wir hatten auch nicht viel finanzielle Sicherheit, aber im Endeffekt haben wir uns gefragt, warum wir das eigentlich nicht machen sollten und haben den Sprung ins Ungewisse gewagt.
Mit einem Schlag: Wir haben innerhalb von sechs Wochen die Agentur verkauft, wir haben unser Haus in Oberösterreich verkauft, auf das wir einen Kredit hatten. Wir hatten also keine Schulden mehr, keine Mitarbeiter, das war alles weg auf einmal. Da sind wir schon kurz in ein mentales Loch gefallen. Ich bin noch lange Zeit nachher mit schlechtem Gewissen um 8:00 aufgewacht und hab mir gedacht, dass ich in die Agentur muss. Aber jetzt ist alles sehr schön. Das Schönste am neuen Leben ist die Freiheit, die wir in vollen Zügen genießen können. Ich bin jeden Tag dankbar dafür, das ist so cool.
Christian: Man muss ehrlicherweise ergänzen, dass wir auch gar nicht so viel drüber nachgedacht haben. Je mehr man nachdenkt, desto eher wägt man ab und denkt sich, dass man es bleiben lassen sollte.
Barbara: Alle haben uns gesagt, dass wir das doch nicht machen können, das sei doch verrückt. Und ob wir spinnen (lacht). Und wenn man auf all das hört, macht man es auch nicht. Die Erfolgsstorys sind ja immer die gleichen, die Leute sind ehrgeizig, arbeiten viel und trauen sich vor allem etwas. Zu Erfolgen gehört auch Mut. Und ich bin stolz drauf, dass wir mutig waren.

Sie veröffentlichen ja im Eigenverlag. Bleiben klassische Verlage eine Überlegung für Sie?
Barbara: Die haben nach unseren Erfolgen angeklopft und sind dann an uns herangetreten. Wir haben vor drei Jahren bei Bastei-Lübbe haben wir den sechsten Fall mit Toni Braun „Rattenkinder“ veröffentlicht. Das war ziemlich erfolgreich, wir haben in drei Monaten mehr als 50.000 Taschenbücher verkauft und 40.000 eBooks, das war super. Aber wir haben das dann beendet, weil wir nicht glücklich waren mit dieser Kooperation, menschlich gesehen.
Wir machen jetzt ungefähr 80% im Self-Publishing und haben noch eine Serie bei Random House Penguin. Das ist die Targa-Reihe, die spielt in Berlin. Aber so richtig Spaß macht uns weiterhin das Self-Publishing. Und nächstes Jahr werden wir mit Amazon Publishing, der Verlagssparte von Amazon, eine Serie machen, die haben das schon gekauft.
Erstmals sind auch Übersetzungsrechte bei diesem Dreiteiler dabei, das heißt, dass Amazon das für den englischsprachigen Raum übersetzen wird. Die Übersetzung an sich kostet ja schon sehr viel Geld. Und wir haben die Erfahrung gemacht, dass Amazon Publishing sehr viel Wert auf Marketing legt und hier sehr aktiv ist.
Das ist für uns auch von Vorteil, weil wir für diese spezielle Serie von vielen Buchhandlungen Anfragen für Exemplare erhalten haben und Amazon Publishing als Verlag übernimmt das auch für uns.

»Man muss an sich glauben, von der Story überzeugt sein und sie fertig schreiben«

Was sind Ihrer Ansicht nach Grundvoraussetzungen, um überhaupt eine Chance zu haben auf dem digitalen Markt zu bestehen?
Christian: Draufhaben muss man Professionalität, das ist das Erste. Man muss schreiben können, das ist klar. Und mit Disziplin dran bleiben.
Barbara: Man muss aber auch an sich glauben, man muss von der Story überzeugt sein und sie fertig schreiben. Man muss sich ein Ziel setzen, dass man das unbedingt machen möchte. Und man sollte sich nicht scheuen davor, Knowhow aus dem Netz zu holen. Es gibt Facebook, überall Selbstgruppen, die sind alle sehr toll und hilfsbereit.
Christian: Hilfestellung geben ja auch Amazon und Kindle Direct Publishing selbst. Und es gibt den Kindle Storyteller Award, der die besten Bücher verlagsunabhängiger Autorinnen und Autoren auszeichnet und auf der Frankfurter Buchmesse verliehen wird. Wir sitzen dieses Jahr in der Jury. Das ist ein tolles Tool für aufstrebende Autoren. Das hat‘s bei uns noch nicht gegeben.
Barbara: Da würde ich jetzt mitmachen, wenn ich neu anfange. Da würde ich das Buch einreichen, denn auch wenn ich nur in die Top 100 reinkomme, bin ich schon in der Werbeschiene drinnen, und werde da vorgestellt. Bei einem Gewinn des Awards winken sogar 10.000 Euro und ein Marketingpaket von 20.000 Euro.

Und der Kindle Storyteller-Award wir zu Jahresbeginn ausgeschrieben?
Christian: Er ist Anfang Mai gestartet mit einer Einreichungsfrist von drei Monaten. Amazon und Kindle Direct Publishing richten den Wettbewerb in Deutschland gemeinsam mit dem Focus aus. Der Leiter des Kultur-Ressorts sitzt mit uns in der Jury. Da gibt es Einreichungskriterien wie eine Mindestanzahl von Seiten und solche Sachen. Aus den Top-100-Einreichungen bleiben sechs Bücher übrig, die die Jury dann zu bewerten hat. Und am 11. Oktober werden dann zwei Gewinner, der Preisträger des Hauptpreises und der des Storyteller X Award für außergewöhnliche Erzählformen, bekanntgegeben.

Welche Tipps würden Sie jemandem geben, der anfangen möchte zu schreiben?
Barbara: Man sollte sich einmal einen Plan machen: Was möchte ich schreiben? Zum Beispiel einen Krimi oder einen Fantasy-Roman. Wann möchte ich das fertig haben? Was möchte ich für einen Umfang haben? Wenn ich das habe, fange ich mit einem Exposé an, also in drei bis vier Seiten mal den Grundinhalt des Buches zu beschreiben. Dann kann man die Kapiteleinteilung setzen, sich die Storyline ausdenken und dann kann man zu schreiben beginnen.
Vorab sucht man sich schlauerweise auch schon Kanäle, wo man sich in Schreibpausen Tipps für die Veröffentlichung holen aber auch Marketing betreiben kann. Wichtig ist, wie das Buch Sichtbarkeit bekommen kann. Da ist Einiges zu tun!
Christian: Man kann begleitend schon zum Beispiel einen Instagram-Account führen, wo man Werbung für sein Projekt macht. „Hallo, ich schreibe eine Roman!“ oder „Ich trink‘ 10 Tassen Kaffee“, solche Sachen einfach, die ein bisschen ins Private gehen, um Aufmerksamkeit zu generieren.

»Man muss auf jeden Fall sehr authentisch sein und darf nichts Aufgesetztes machen«

Ist dieser Social-Media-Aspekt unumgänglich?
Barbara: Das ist schon wichtig, dass man da 1-2 Stunden am Tag aktiv ist, überhaupt dann, wenn man so wie wir schon mehrere Tausend Fans hat. Man muss auf jeden Fall authentisch sein und darf nichts Aufgesetztes machen, das würden die Fans sofort checken. Da kann man heutzutage als Autor viel machen.

Ab wann fängt man an, mit Büchern im Eigenverlag Geld zu verdienen?
Barbara: Heutzutage verdient man eigentlich schon Geld, wenn man in den Top 1000 ist. Wenn man in den Top 100 ist verdient man natürlich besser, in den Top 10 verdient man supergut und auf Platz 1 verdient man mega. Das ist finanziell sehr, sehr interessant.

Wie hoch ist der Anteil, den man als Autor bekommt?
Christian: Der Anteil beträgt 70 Prozent vom Kaufpreis. Also wenn man sagt, man hat ein Buch um 2,99 Euro am Markt, dann bleiben ungefähr 2 Euro. Vor Steuern natürlich.

»Leute waren im Scherz böse auf uns, weil sie U-Bahn-Stationen verpasst haben«

Was macht ein gutes Buch Ihrer Ansicht nach in drei Worten aus?
Christian: Gutes Buch macht aus, dass ich es aufschlage, die ersten Seiten lese und es am liebsten auslesen würde. Die Personen müssen mich sofort fesseln, die Handlung muss mich fesseln du die Charaktere müssen zum Leben beginnen. Das ist das Entscheidende.
Wir haben auch dahingehend Rezensionen bekommen, dass Leute im Scherz böse auf uns waren, weil sie U-Bahn-Stationen wegen unseren Büchern verpasst haben. So muss es sein (lacht)

Und für einen Thriller im Speziellen?
Barbara: Ein Thriller muss ein Pageturner sein. Es muss viele Wendungen geben. Es gibt nichts Lähmenderes als wenn man einen Thriller liest und in der Mitte schon weiß, wie es ausgeht. Für uns ist es überhaupt noch schwieriger einen Thriller zu lesen, weil wir ihn ja ganz anders lesen mittlerweile, nämlich mit einem gewissen Lektoratsblick. Ich lese gewisse Worte und weiß schon genau, wer der Böse ist.

Zu den Personen: B.C. Schiller sind Barbara und Christian Schiller. Sie gehören zu den erfolgreichsten Selfpublishing-Autoren im deutschsprachigen Raum und ihre Thriller haben bereits mehr als 1.300.000 Leser begeistert. Bisher haben sie 20 Thriller veröffentlicht und viele waren Nr. 1 Bestseller und wochenlang in den Top 100 Charts.