"Stoppen den Dreh
sofort bei Problemen"

Der österreichische Tiertrainer Karl Lang über die Vorfälle beim Dreh von " Bailey - ein Freund fürs Leben" und die Arbeit mit Tieren vor der Kamera.

von Tierfilm - "Stoppen den Dreh
sofort bei Problemen" © Bild: Shutterstock

Herr Lang, wäre Szenarien, wie sie das Video vom Dreh von „Bailey – ein Freund fürs Leben“ zeigt, auch in Österreich möglich?
Karl Lang: Wir sind alle betroffen und bestürzt, dass so etwas in unserer Branche noch immer vorkommt. In Österreich ist das nicht möglich. Wenn man bei Tierszenen merkt, dass nur das geringste Problem auftaucht, stoppen wir den Dreh sofort. Bei uns funktioniert das, da wir mit dem Regisseur direkt in Kontakt stehen. In Amerika werden die unmittelbar mit dem Tier arbeitenden Trainer oft nicht bis zum Regisseur vorgelassen. Dennoch ist das keine Entschuldigung dafür, dass man einen Hund am Set Angst, Stress oder gar Gefahren aussetzt. Dieses Video zeigt, hier waren Stümper am Werk. Entweder sie hatten den falschen Hund eingesetzt – es könnte ja sein, dass er ein Double vom Double vom Double war – oder sie haben sich nicht genug Zeit genommen, dem Hund die Szene so erklären, dass er versteht, was man von ihm will.

Wird denn nicht geprobt?
Das war der Fall. Man hat mit ihm die Szene zunächst so einstudiert, dass er von der anderen Seite ins Becken hätte springen sollen. Das hat er angeblich auch getan. Kollegen haben mir aber erzählt, dass man später die Seiten gewechselt hatte. Der Hund war orientierungslos. Er wusste nicht mehr, was er tun soll. Auf der anderen Seite des Beckens stand eine Trainerin, die ihn ständig rief, aber durfte nicht zu ihr. Denn anstatt den logischeren und schnelleren Weg über den Rand zu nehmen, sollte es im Wasser trotz tosenden Wassers queren. Der Hund geriet auch noch darüber in Panik, weil sein Betreuer offensichtlich unter Druck geraten war. Und das verunsicherte den Hund noch mehr und löste bei ihm Panik aus. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte man den Dreh stoppen müssen. Das hätte man in Österreich auch gemacht.

Sah es nicht so aus, als wäre der Hund fast ertrunken?
Das möchte ich nicht bestätigen. Aber eindeutig hat man auf den Hund zu wenig Rücksicht genommen. Man kann Wasser mittels Filmtechnologie sehr hochschlagen lassen, ohne dass es in Wirklichkeit so ist. Es hätten mehr Leute im Wasser sein sollen, um ihn davon abzuhalten, an den Beckenrand zu schwimmen, wo der Sog am stärksten war.
Drei Motoren von Motorbooten haben eine Strömung erzeugt. Vor allem die Firma, die dieses Becken erzeugt hat, hätte berücksichtigen müssen, dass es am Beckenende Probleme gibt.

Wann stoppen Sie den Dreh, wann spürt man, dass man einen Hund überfordert?
Beim Hund ist das ganz einfach. Solange der Hund bereit ist, mitzuspielen, ist das in Ordnung. Sobald der Hund aber keine Lust mehr hat, muss man etwas ändern. Und wenn man spürt, dass ein Hund etwas nicht mehr gern macht, stoppen wir sofort und machen Pause, um das Problem in den Griff zu bekommen. Am besten geht man mit dem Hund ganz in Ruhe zum Set und zwar allein und ohne Kameras. Dabei kann man dann das Problem herausfinden. In Amerika ist das nicht möglich. Aber wenn die Amerikaner bei uns drehen, müssen sie sich an unsere Regeln und Gesetze halten. Wir haben bereits öfter mit Amerikanern gedreht und da war immer alles in Ordnung.

Was ist in Österreich beim Dreh mit Tieren zu beachten?
Bei uns wird alles streng überwacht. Es muss immer ein offizieller, staatlicher Tierschutzbeauftragter am Dreh sein, auch wenn Amerikaner drehen. Ohne Amtstierarzt vor Ort darf nicht gedreht werden. Dem müssen vor dem Dreh auch die betreffenden Auszüge aus den Drehbüchern vorgelegt werden. Oft muss man auch noch jede Kleinigkeit erklären. Wenn etwa eine Katze vom Tisch auf ein Sofa springt, muss der Amtstierarzt genau wissen, wie hoch der Tisch, wie wird bei uns genau überprüft. Das ist manchmal ziemlich mühsam.

Am Ende des Filmabspanns liest man „No animals were harmed“ („Keine Tiere kamen zu schaden.“). Ist demnach darauf kein Verlass?
Dieser Satz bezieht sich nur darauf, was man im Film tatsächlich sieht, aber nicht darauf, wie gewisse Fertigkeit trainiert worden sind. Es gibt nur wenige Pferde, die sich fallen lassen können, aber wir wissen nicht, mit welchen Mitteln sie dazu getrieben worden sind.
Ist es heute trotz hoch entwickelter Technik, wie CGI (Computer Generated Imagery) überhaupt notwendig, Tiere im Film auftreten zu lassen?
CGI ist eine Kostenfrage und nicht immer die optimale Lösung.

Weshalb sind zahlreiche Hunde in amerikanischen Filmen so schlank?
In Amerika werden Filmtiere in einem äußerst sportlichen Zustand gehalten. Sie sind alle fit und gut bemuskelt., werden jeden Tag am Laufband trainiert. Und schauen Sie doch auf die Filmkatzen, die sind oft so schlank. Das ist nahezu schon grenzwertig.

Wie halten Sie Ihre Tiere filmfit?
Wir achten darauf, dass sie in einem ausgezeichneten Zustand sind, denn ich muss immer mit dem nächsten Auftrag rechnen. Und man darf nicht vergessen, dass wir in Österreich und in Deutschland eine kleine Gemeinde von Filmtiertrainern sind. Unsere Tiere sind unser Kapital. Dennoch möchte ich noch einmal betonen: Wir distanzieren uns von diesen Amerikanern, aber, aufgrund der hohen Dichte an Amerikanischen – Tiertrainern kann man die natürlich nicht alle in einen Topf werfen .

Zur Person: Karl Lang wurde 1970 in Wien geboren. Schon im Kindesalter gehörte seine Leidenschaft den Tieren. So brachte er bereits im Volksschulalter dem Dackel seiner Großmutter diverse Kunststücke bei. Nach seiner Ausbildung als Tierpfleger in Schönbrunn wurden Filmemacher aufgrund seiner Tiershows auf ihn aufmerksam und so folgte der Schritt in die Selbständigkeit. Nach etlichen Bemühungen und Amtswegen gelang es Karl Lang den 1. Gewerbeschein als Tiertrainer in Österreich zu lösen und gründete 1996 Animal Action Austria, die 1. Filmtierschule Österreichs. Karl Lang zeichnet sich vor allem durch sein Fachwissen und seine langjährige Erfahrung im Bereich Tiertraining sowie durch seine filmtechnischen Kenntnisse aus. Seine große Begabung besteht im Training der verschiedensten Tierarten.

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