So war das Justin-Bieber-Konzert

16.000 Fans sorgten in der ausverkauften Stadthalle für Kreischalarm

Er ist gerade mal Anfang 20, hat aber schon viel erlebt: Justin Bieber ist in den vergangenen Jahren vor den Augen der Weltöffentlichkeit herangewachsen - vom süßen Teenieschwarm, der selbst ein Teenie war, zum jungen Mann, der gerne ein ernst zu nehmender Popstar wäre. Ganz geschafft hat er diesen Wandel noch nicht, wie sein Auftritt am Dienstagabend in der ausverkauften Wiener Stadthalle zeigte.

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Wien - So war das Justin-Bieber-Konzert

Wenn Bieber für etwas in den vergangenen Monaten gut war, dann Schlagzeilen. Ein kleiner Rückblick auf sein Verhalten seit dem Österreichdebüt vor drei Jahren zeigt, dass es alles andere als langweilig sein dürfte mit dem Kanadier: Verklagt von einem Chauffeur und einem ehemaligen Nachbarn, hinausgeworfen aus einer mexikanischen Ruinenstadt, Probleme aufgrund eines nach Deutschland mit auf Tour genommenen Affen, Ärger wegen Graffiti in Brasilien und Australien...

Gefeiert, beklatscht und zugekreischt

Diesem - zugegebenermaßen kleinen Auszug - stand aber immer auch jener junge Mann gegenüber, der versuchte, sich in der Popwelt zu etablieren - und zwar eine Spur seriöser, als viele es von ihm erwartet haben. Er wolle "gute Musik" machen, hieß es da. Für seine 16.000 Anhänger in der Stadthalle stand das aber ohnedies außer Zweifel: Von der ersten Sekunde an wurde Bieber gefeiert, beklatscht und ihm eifrigst zugekreischt. Im Unterschied zu einigen jüngeren Auftritten hatte der 22-Jährige diesmal auch kein Problem damit und spulte letztlich knappe zwei Stunden lang eine sehr professionelle, wenngleich auch etwas zerfahrene Show ab.

Diese führte recht gut vor Augen, woran es bei Bieber derzeit hakt: Während nämlich ein Song wie sein erster großer Hit "Baby" mittlerweile zu brav wirkt und ein bisschen aus der Reihe fällt, ist auch das restliche Konzept nicht wirklich ausgegoren. Natürlich stimmen da die Abstimmungen mit den mehr als ein Dutzend Tänzern, die Bieber immer wieder umschwirren wie die Motten das Licht. Natürlich drückt da der Sound, der (zum Teil) von der fünfköpfigen Live-Band im Hintergrund kommt. Und natürlich versteht er sich im Umgang mit der johlenden Menge.

Akustikeinlage mit Gitarre

Aber ist das nun glattgebügelter Mainstream-Pop mit gelegentlichem Hang zu Balladen? Oder doch der leicht verruchte Disco-Besuch mit entsprechend beatlastiger Umsetzung und sexy Posen? Will Bieber lieber die Schwiegermütter ansprechen oder doch ein Bad Boy sein? Man wird auch nach einer kurzen Akustikeinlage mit Gitarre ("Cold Water" und "Love Yourself" beweisen hier trotz der ansonst durchgängigen vokalen Unterstützung vom Band, dass der junge Mann singen kann), einem Ausflug ans Schlagzeug oder einer Trampolineinlage über den Köpfen der Fans nicht schlauer.

Frage-Antwort-Runde mit Fans

Immerhin serviert Bieber der versammelten Schar viel Neues: Von den rund 20 Songs stammen dreiviertel vom aktuellen Album "Purpose", das stark mit Elementen von zeitgenössischem R'n'B und elektronischer Tanzmusik spielt. Und das bietet durchaus gelungene Momente, wie die eingängige Single "What Do You Mean?" vor Augen und Ohren führt. Zudem gibt sich Bieber als Star zum Anfassen, wenngleich die Motivation an diesem Abend nicht die höchste gewesen sein dürfte. Aber auch eine kurze Frage-Antwort-Runde mit den Fans in der ersten Reihe absolviert er stets mit einem Lächeln und erklärte ziemlich erwartbar, was ihn motiviere oder wie ihm die Tour bisher gefalle.

Genau da fällt aber auch teilweise die Fassade. "Zu lang" sei sie, die Konzertreise. Aber natürlich genieße er sie sehr. Dabei ist eigentlich erst Halbzeit, hat Bieber doch noch bis April kommenden Jahres die Welt im Rahmen seiner "Purpose"-Tour zu beglücken. Ein anderer offener Moment betrifft seine Berühmtheit, die er selbst ansprach. "Vor euren Augen aufzuwachsen, ist teilweise wirklich schwer, aber auch ziemlich großartig."

Ob nun das Eine oder das Andere: Druck dürfte Bieber in jedem Fall verspürt haben, seit er als junger Bub mit YouTube-Videos zu einem Plattendeal kam. Schnell war ein neuer Popstar geboren, der in Zeiten Sozialer Medien allzeit verfügbar schien und gerade mit diesem Umstand nicht immer gut umgehen konnte. Als Performer schlägt er sich im Zirkus der Großen - von Namensvetter Justin Timberlake bis Lady Gaga - bis dato nicht schlecht, hat aber offensichtlich noch Aufholbedarf. Vielleicht findet er aber noch eine Nische in diesem millionenschweren Business, in der er sich wohlfühlt. Den "Beliebers", wie sich seine Fans nennen, dürfte es egal sein. Sie kennen sowieso kein Halten, wenn Justin vorbeischaut.

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