Petrikovics vor Gericht

Verfahren gegen erkrankten Ex-Immofinanz-Vorstand Gertner wird ausgeschieden

Der Immofinanz-Strafprozess hat am Landesgericht in Wien begonnen. Richterin Claudia Moravec-Loidolt eröffnete die Hauptverhandlung gegen Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics, seinen früheren Vorstandskollegen Christian Thornton, den ehemaligen Vize-Aufsichtsratschef der Constantia Privatbank, Helmut Schwager, sowie den Treuhänder Ernst Hable. Der fünfte Angeklagte, Ex-Immofinanz-Vorstand Norbert Gertner, ist wegen einer Erkrankung nicht vor Gericht erschienen und wurde von seinem Anwalt entschuldigt. Die Richterin schied daraufhin zu Beginn der Verhandlung das Verfahren gegen Gertner "zur Vermeidung von Verzögerungen" aus.

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Causa Immofinanz - Petrikovics vor Gericht

Die Vorwürfe gegen die nunmehr nur mehr vier Angeklagten lauten auf Untreue und auf "Bildung einer kriminellen Vereinigung", die Strafdrohung liegt bei bis zu zehn Jahren Haft. Es geht um Aktienoptionsgeschäfte, mit denen sich die früheren Immofinanz-Manager laut Anklage ohne Zustimmung des Aufsichtsrats auf Kosten des Unternehmens bereichert haben sollen. Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe. Die Causa wurde aus dem gesamten Immofinanz-Komplex, in dem es um den Vorwurf von Anlagebetrug geht, herausgelöst und wird nun separat verhandelt. Bis zu einer allfälligen rechtskräftigen Verurteilung gilt für alle Angeklagten die Unschuldsvermutung.

Das Interesse von Medien und Öffentlichkeit an dem ersten Strafprozess rund um den börsenotierten Immobilienkonzern ist recht groß, besonders der Hauptangeklagte Petrikovics stand vor Verhandlungsbeginn im Blitzlichtgewitter.

Die Richterin hat die Hauptverhandlung für neun Prozesstage bis 20. Februar angesetzt. Staatsanwalt Volkert Sackmann stützt seine Anklage auf ein Gutachten des Sachverständigen Gerhard Altenberger. Unter den geladenen 19 Zeugen sind Turnauer-Erbin Christine de Castelbajac, früher Eigentümerin der Constantia Privatbank, Ex-Wienerberger-Chef Erhard Schaschl, Ex-CA-Generaldirektor Guido Schmidt-Chiari und der ehemalige Aufsichtsratschef der Constantia Privatbank, Prinz Michael von und zu Liechtenstein.

Schwager lehnt Gerichtssachverständigen ab

Beim Immofinanz-Prozess hat der Anwalt des ehemaligen Vize-Aufsichtsratsvorsitzenden der Constantia Privatbank, Helmut Schwager, bereits zu Prozessbeginn einen Befangenheitsantrag gegen den gerichtlich bestellten Sachverständigen Gerhard Altenberger eingebracht. Anwalt Georg Zanger beantragte die Nichtverlesung und die Nichterörterung des Gutachtens bzw. "die Nichtzulassung des Sachverständigen" im Hinblick auf "verfassungsrechtliche Bedenken".

Zanger monierte unter anderem, dass zwar die Wiederbestellung des Sachverständigen aus dem Ermittlungsverfahren im Hauptverfahren konform mit der österreichischen Strafprozessordnung sei, nicht aber mit dem Grundsatz der Waffengleichheit, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verankert sei. Zanger betonte, dass schon der Anschein einer Befangenheit des Sachverständigen nach der Rechtsprechung ausreichend für dessen Abberufung sei.


Außerdem forderte Zanger die Verlesung der Privatgutachten von der Angeklagtenseite der Experten Thomas Keppert, Heinz Krejci und Marc Steffen Rapp bzw. die Beiziehung dieser Experten als gerichtliche Sachverständige. Darüber hinaus stellte Zanger den Antrag, die genannten Experten als Zeugen zu laden. Sollten diese Anträge abgewiesen werden, will Zanger diese Vorgehensweise als Nichtigkeitsgrund im Verfahren rügen, geht aus dem Antrag hervor. Richterin Claudia Moravec-Loidolt sagte, sie werde später über den Befangenheitsantrag entscheiden.

Sammelklagen nur am Rande betroffen

Der Immofinanz-Strafprozess betrifft die rund 2.500 Geschädigten in Sachen Immofinanz und Immoeast nur am Rande, informiert der Verein für Konsumenteninformation (VKI). Die Vorwürfe rund um die Täuschung von tausenden Kleinanlegern seien aber nach wie vor Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen, nicht aber Teil der heute verhandelten Anklage.

„Wir hoffen immer noch, dass die Geschädigten am Ende des Tages den Ersatz der erlittenen Schäden auch gerichtlich durchsetzen können“, so VKI-Rechtsexperte Peter Kolba in einer Presseaussendung. Laut Kolba hat der VKI im Frühjahr 2010 Strafanzeige gegen jene Verbände (Immofinanz AG, Immoeast AG und ehemalige Constantia Privatbank AG – heute: Aviso Zeta Bank AG) eingebracht, deren ehemalige Führungspersonen im Zentrum der Erhebungen um den Immofinanz-Skandal stehen. Die Staatsanwaltschaft habe ihre Ermittlungen auch auf diese Firmen ausgedehnt.

Rund 2.000 geschädigte Kleinanleger hätten sich in der Folge über den VKI diesem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen. Dieses Ermittlungsverfahren ist laut Kolba nach wie vor im Gange. Die heute verhandelte Anklage sei aus diesem Verfahren ausgeschieden worden und betreffe andere Vorwürfe. Daneben laufen laut Kolba rund um den Immofinanz-Skandal auch strafrechtliche Ermittlungen gegen den AWD – ein Unternehmen der Schweizer Swiss Life. Der Vorwurf laut hier: Verdacht auf gewerbsmäßigen Betrug.

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