Das Ende einer Ära:
ÖFB-Teamchef Koller geht

Marcel Koller bleibt noch bis zum Auslaufen seines Vertrages mit Jahresende

Mit dem Abschied von Marcel Koller wird für Österreichs Fußball-Nationalteam am 31. Dezember 2017 eine Ära zu Ende gehen. Der Schweizer wird zumindest 54 Länderspiele auf der Bank gesessen haben, er wird in dieser Statistik nur von Wunderteam-Coach Hugo Meisl übertroffen. Er führte die ÖFB-Auswahl in die erweiterte Weltspitze, ehe der Rückfall kam, der nun zur Beendigung der Zusammenarbeit führte.

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Fussball - Das Ende einer Ära:
ÖFB-Teamchef Koller geht

Als Koller am 1. November 2011 den Job als österreichischer Nationaltrainer antrat, rieb sich nicht nur so manche heimische Fußball-Legende ungläubig die Augen. Der ÖFB besetzte das wichtigste Betreueramt des Landes mit einem hierzulande praktisch unbekannten Coach, der zuvor nach seinem Rauswurf in Bochum über zwei Jahre lang arbeitslos gewesen war. Aber Koller belehrte seine Kritiker schnell eines Besseren. Dem heute 56-Jährigen gelang es, das schon zuvor vorhandene Potenzial der Mannschaft auszuschöpfen - er formte eine schlagkräftige Truppe und impfte ihr eine konkrete Spielidee, basierend auf Pressing und geordnetem Spielaufbau, ein.

Langsamer Aufschwung

Dadurch begann schon bald der Aufschwung, wenn auch vorerst nur langsam. In der Qualifikation für die WM 2014 reichte es nur zu Rang drei, doch bereits in dieser Ausscheidung vermittelte die ÖFB-Auswahl den Eindruck, nach langen Jahren der Krise wieder den Anschluss an Europas Elite gefunden zu haben.Den ultimativen Beweis dafür traten die Österreicher in der Qualifikation für die EM 2016 an. Mit neun Siegen und einem Remis sicherte sich das Nationalteam erstmals auf sportlichem Weg einen EURO-Startplatz und löste einen Hype aus, wie es ihn seit der WM 1998 nicht mehr gegeben hatte.

Architekt des Fußball-Wunders

Das ÖFB-Team stand plötzlich auf Platz zehn der FIFA-Weltrangliste, für ein Heimspiel gegen Liechtenstein wurden binnen Tagen 50.000 Tickets abgesetzt und Spieler wie David Alaba oder Marko Arnautovic avancierten zu Lieblingen der Nation - so wie auch Koller selbst. Der Schweizer galt als Architekt des Fußball-Wunders, über ihn wurden Bücher geschrieben und mit ihm Werbeverträge abgeschlossen. Doch ausgerechnet als die Mannschaft am Zenit schien und in Frankreich auf der großen EM-Bühne glänzen wollte, setzte man zum Sinkflug an, teils aus eigenem Verschulden, teils aus einer Verkettung unglücklicher Umstände.

Niemand weiß, was passiert wäre, hätte Alaba gegen Ungarn statt der Stange ins Netz getroffen, hätte Aleksandar Dragovic in dieser Partie nicht Rot gesehen und sich Zlatko Junuzovic nicht verletzt. Oder hätte man mit einem Sieg gegen Island doch noch das Achtelfinal-Ticket gebucht. Niemand weiß aber auch, was passiert wäre, hätte Koller in der EM-Vorbereitung weniger die mentale Erholung seiner Spieler als vermehrt das Training auf dem Platz forciert. Was passiert wäre, hätte er die Warnsignale in den Testspielen davor ernst genommen, bei der EM auf die zu dieser Zeit in Form befindlichen Spieler gesetzt oder nicht ausgerechnet in der Entscheidungspartie gegen Island eine Dreierkette aufgeboten.

Pech und überzogene Erwartungshaltung?

Doch nicht nur die EURO, auch deren Aufarbeitung wurde in den Sand gesetzt. Die einzigen Fehler des ÖFB während des Turniers waren laut Sportdirektor Willi Ruttensteiner, dass die Spieler einmal wegen eines Sponsortermins zu spät ins Bett und ein anderes Mal wegen eines Staus zu spät zum Aktivieren kamen. Ansonsten sei das enttäuschende Abschneiden auf Pech, die schlechte Verfassung einiger Kicker und die angeblich überzogene Erwartungshaltung von Medien und Fans zurückzuführen gewesen. Koller konnte bei sich selbst auch auf mehrmalige Nachfrage keinen Fehler erkennen - zumindest gab er öffentlich keinen zu.

Glück aufgebraucht

Ab der Zeit rund um die Endrunde erwies sich auch als Bumerang, was das Nationalteam davor stark gemacht hatte. Kollers Festhalten an einem Stamm, unabhängig davon, ob Spieler bei ihren Vereinen zum Einsatz kamen, brachte nicht mehr die gewünschten Ergebnisse. In der WM-Qualifikation war das Glück mit dem Auftakt-2:1 in Georgien endgültig aufgebraucht. Dazu gesellten sich das Fehlen eines treffsicheren Goalgetters, Verletzungen von Schlüsselspielern, aber auch hausgemachte Probleme wie jenes der mangelhaften Reaktion auf Umstellungen des Gegners oder der Besetzung des Linksverteidigers.

Weil sich Alaba im Zentrum besser aufgehoben fühlt und Christian Fuchs nach der EM seinen Rücktritt erklärte, setzte Koller zunächst auf Markus Suttner und dann auf Kevin Wimmer, jedoch ohne Erfolg. Mittlerweile etablierte sich Martin Hinteregger auf dieser Position, was zur kuriosen Situation führte, dass Österreichs derzeit bester Innenverteidiger im ÖFB-Team Linksverteidiger spielt und einer der besten Linksverteidiger der Welt im Mittelfeld.

Zu viele Baustellen

Am Ende waren es für Koller zu viele Baustellen, um als erster ÖFB-Teamchef die sportliche Qualifikation für eine EM und WM zu schaffen. Dennoch hinterlässt er ein Vermächtnis von bleibendem Wert. Die Mannschaft ist weitgehend intakt, hat nach wie vor Qualität und wurde zuletzt mit aufstrebenden Jungen ergänzt. Und der vom Schweizer vorgenommene Professionalisierungsschub rund um das Nationalteam wird wohl auch von Kollers Nachfolger nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

Marcel KOLLER (56 Jahre):
Geboren: 11. November 1960 in Zürich
Familienstand: verheiratet, zwei Kinder aus erster Ehe

Erfolge als Spieler (nur Grasshoppers Zürich/1978-1996):
* 7-mal Schweizer Meister mit Grasshoppers Zürich
* 5-mal Schweizer Cupsieger mit Grasshoppers Zürich
* 55-mal Nationalspieler für die Schweiz, Teilnahme an der EM 1996

Trainerstationen:
* 1996 bis 1997 Co-Trainer Grasshoppers Zürich
* 1997/98 bis Dezember 1998 Cheftrainer FC Wil
* Jänner 1999 bis Dezember 2001 FC St. Gallen
* Jänner 2002 bis Oktober 2003 Grasshoppers Zürich
* November 2003 bis Juni 2004 1. FC Köln
* Mai 2005 bis September 2009 VfL Bochum
* 1. November 2011 - 31.12.2017: Teamchef Österreich
(Bilanz: 52 Spiele - 23 Siege, 13 Remis, 16
Niederlagen - Torverhältnis 77:56)

Erfolge als Trainer:
* Qualifikation mit dem ÖFB-Team für die EURO 2016
* EM-Qualifikation mit 9 Siegen und 1 Remis
* Platz 10 in der FIFA-Weltrangliste mit ÖFB-Team
* 2 mal Schweizer Meister: 1999/2000 mit FC St. Gallen, 2002/03 mit
Grasshoppers Zürich
* 2005/06 Aufstieg mit VfL Bochum in die erste deutsche Bundesliga

Kommentare

Ich glaube mit dem schlechten Abschneiden bei der EM in Frankreich , hat Koller seine Autorität, und Glaubwürdigkeit bei den ( Star ) -spielern verloren. Es war der Geist der Qualifikation sichtbar nicht mehr vorhanden. Daher bei allen Beteuerungen der Spieler, ein Abrutschen ins Mittelmaß.

Ist schon lustig das immer der Trainer daran glauben muss. Elf überbezahlte und unterforderte Kasperln die einem Ball nachlaufen werden weiter überbezahlt ohne viel Leisten zu müsssen und der Schweitzer muss gehen ??? Diese Supermänner sollten sich mal ein Beispiel an den Frauen nehmen,die nichts bis wenig bezahlt bekommen und so weit in ihrer Klasse gekommen sind. Denkt mal darüber nach

Diese Blindgänger im ÖFB und Ahnungslosen entscheiden ohne etwas vom Fussball zu verstehen!!! Die Spieler gehören entlassen, nur große Klappe, aber am Spielfeld lauter Nullen!!! Typisch Österreich, deswegen sind wir auch nur Mittelmaß und werden es immer bleiben! Aber was will man von diesen Funktionären erwarten oder war einer davon einmal aktiv erfolgreich???

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