Die Reise zum
Tal der Blumen

Warum Sie am Valentinstag fairtrade-zertifizierte Blumen schenken sollten

Die Reise zum Tal der Blumen führt über die Ruta de los Volcanes. Die wird ihrem Nahmen gerecht und schlängelt sich vorbei an spektakulären Landschaften, geprägt vom majestätischen Anblick einiger der höchsten Vulkane der Welt. Nach etwa einer Autostunde von der ecuadorianischen Hauptstadt Quito ist das Tal rund um das Städtchen Cayambe erreicht. Auf knapp 3.000 Metern Seehöhe ist die Luft dünn, aber klar, die Temperatur ganzjährig mild, mit warmen Tagen und kühlen Nächten. Ein ewiger Frühling. Und ein ideales Klima für den Blumenanbau.

von Fairtrade - Die Reise zum
Tal der Blumen © Bild: Georges Desrues

Hier, im Tal zwischen den drei Vulkanen Imbabura, Cotacachi und dem höchsten von ihnen, dem knapp 6.000 Meter hohen namensgebenden Cayambe, liegt das Zentrum der ecuadorianischen Blumenerzeugung. Seit Jahren zählt das Land zu den weltweit größten Exporteuren von Schnittblumen, vor allem sind es Rosen, die im großen Stil nach Europa, Nordamerika und Russland exportiert werden.

"Rosen, die am Äquator und in derartigen Höhenlagen wie der unseren wachsen, haben eine längere Wachstumsperiode, nämlich 15 statt 8 Wochen, wodurch jene mit langen Stämmen und großen Köpfen hier besonders gut gedeihen", erklärt Eduardo Letort, Miteigentümer und Geschäftsführer von Hojaverde, einer der zahlreichen Blumenfarmen im Tal, auf denen ein großer Teil der lokalen Bevölkerung arbeitet. "Durch die kühlen Nächte lassen sich vor allem zweifärbige Rosen sehr gut züchten, mit kontrastreichen Farbtönen an den Rändern und im Inneren der Blüten, wie sie bei einigen unserer Kunden ganz besonders beliebt sind", sagt Letort und öffnet die Türe zu einem der weitläufigen Gewächshäuser.

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Darin reihen sich übermannshohe Blumenstauden aneinander, ein Meer von Rosen in allen Farben und Schattierungen, mit mehr oder weniger aufgeblühten Köpfen. Die Luft ist überraschend trocken und sehr warm. Durch die milchweißen Plastikabdeckungen dringt abgeschwächt die äquatoriale Sonne ein und flutet die Blumen in diesiges Licht. Dazwischen arbeiten Männer und Frauen, schieben Wägen vor sich her und kontrollieren minutiös die Größe und Festigkeit der Rosenköpfe, bevor sie sie abschneiden und in ihre Wägen legen.

"Am höchsten ist der Ausstoß zu Weihnachten und zum Valentinstag im Februar, wenn in den Hauptabnehmerländern auf der nördlichen Welthalbkugel Winter herrscht und dort keine heimischen Blumen verfügbar sind", erklärt der Unternehmer. Zum Fest der Liebe und jenem der Liebenden also werden am meisten Schnittblumen quer über den Erdball geschifft, was freilich für eine nicht gerade rosige CO2-Bilanz sorgt.

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Eine solche ist allerdings auch nicht durch den Kauf von Ware aus Europa garantiert, wo die Niederlande größter Blumenproduzent sind. So haben Studien ergeben, dass Blumen aus energieverbrauchenden, geheizten und beleuchteten Glashäusern in vielen Fällen eine noch negativere CO2-Bilanz aufweisen als solche, die tausende Kilometer über die Ozeane dieser Welt geflogen oder geschifft werden.

Die dunklen Seiten des florierenden Handels

"Dafür kann man beim Kauf von europäischer Ware zumindest davon ausgehen, dass keine Arbeiter ausgebeutet wurden", sagt Silke Peters, die Autorin des Buchs "Blühende Geschäfte. Der weltweite Handel mit der Blume". Darin beleuchtet die Expertin für nachhaltiges Wirtschaften die dunklen Seiten des im wörtlichen Sinne florierenden weltweiten Blumenhandels.

»Auf vielen Farmen in Entwicklungsländern herrschen Missstände«

"Auf vielen Farmen in Entwicklungsländern herrschen Missstände, es gibt Probleme mit Arbeitsrechten, etliche Pflücker haben keinen Arbeitsvertrag. Große Mengen an Pflanzenschutzmitteln werden eingesetzt, was auch den Arbeitern zusetzt, die häufig nicht mit der nötigen Schutzkleidung ausgestattet sind und ungenügend über die Risiken aufgeklärt werden", so Peters.

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Hier herrschen völlig andere Zustände

Auf der Farm Hojaverde herrschen jedoch völlig andere Zustände. Sie war eine der ersten von zehn Blumenfarmen in der Region, die von der Organisation Fairtrade zertifiziert wurden. "Die Inspekteure von Fairtrade kontrollieren ganz genau, ob wir den sozialen und ökologischen Standards entsprechen, bevor sie uns das Siegel erteilen", betont Letort. Sie überprüften, ob die Mindestlöhne bezahlt, die sozialen Grundrechte gesichert, die Arbeiter geschützt wurden. Und Kinderarbeit sei selbstverständlich verboten.

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"Fairtrade-zertifizierte Blumen erzielen nicht unbedingt einen besseren Preis", erklärt Letort, "dafür zahlt der Händler 10 Prozent des Verkaufspreises zurück als sogenannte Fairtrade-Prämie". Im konkreten Fall sind das 10 Prozent der 50 Dollar-Cent, um die ein Bündel Rosen von Hojaverde verkauft werden, folglich 5 Dollar-Cent. Diese werden allerdings nicht an den Unternehmer oder an den Betrieb bezahlt, sondern an die 220 Angestellten der Farm.

»Sie sprühten die Chemikalien einfach über unseren Köpfen aus«

Zu ihnen zählt Pamela Puruncajas. "Die Arbeiter wählen neun unter ihnen in ein Komitee, das gemeinsam mit Managementvertretern in einem demokratischen Prozess über die Verwendung der Prämiengelder entscheidet", erklärt Puruncajas, selbst ein Mitglied des Komitees, "wir nutzen das Geld für verschiedene Projekte, zum Beispiel für günstige Kredite für die Arbeiter, für Kostenersatz für Medikamente, für Weiterbildung. Und wir unterstützen Schulen in unserer Gemeinde, darunter auch eine für behinderte Kinder." Auf diese Art sei seit 2003 die stattliche Summe von 600.000 Dollar an Prämie verwaltet worden.

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Keinesfalls aber dürfe dieses Geld dafür eingesetzt werden, irgendwelche Ausgaben zu decken, die für den Betrieb der Plantage oder zur Erreichung der Fairtrade-Standards anfallen, betont die Mutter zweier Kinder. "Die Managementvertreter haben lediglich eine beratende Funktion und ein Veto-Recht für den Fall, dass sie nachweisen können, dass ein gewünschtes Projekt nachteilig für das Unternehmen ist."

»Wir nutzen das Geld zum Beispiel für Kostenersatz für Medikamente«

Bevor sie vor zehn Jahren bei Hojaverde anfing, arbeitete die heute 31-Jährige auch auf anderen Farmen. "Im Vergleich zu hier herrschten dort katastrophale Zustände", betont sie, "es gab weder Umkleideräume noch Duschen, keinen Speisesaal und sie sprühten die Chemikalien einfach über unseren Köpfen aus." Bei Hojaverde indessen fühle sie sich sicher und gut versorgt, hier gebe es alle nötigen Einrichtungen, sogar eine Krankenstation, und ihr monatlicher Verdienst belaufe sich auf 470 Dollar, bei Arbeitszeiten von 6.30 bis 15.00 Uhr. Außerdem stünden ihr 21 Tage bezahlter Urlaub zu. Für ecuadorianische Verhältnisse seien das mehr als anständige Bedingungen, weswegen sie sich über nichts beschweren könne.

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Der Unternehmer Letorte indessen sieht Probleme aufkommen. "In den letzten Jahren stieg die Produktion von Blumen in afrikanischen Ländern wie Kenia, Tansania und Äthiopien rapide an, was zum einen daran liegt, dass von dort die Distanz zu den Verbraucherländern in Europa geringer ist. Vor allem aber liegt es an den Gehältern, die dort bezahlt werden und viel geringer sind als bei uns."

Und wie reagiert er darauf? "Ganz einfach, indem wir noch mehr auf Qualität setzen als bisher und gleichzeitig hoffen, dass wir noch mehr von unseren Blumen mit dem Fairtrade Siegel verkaufen können", so seine Antwort. Denn obwohl die ganze Farm und somit gesamte Produktion Fairtrade zertifiziert sind, kann Letorte nur 20 Prozent seiner Rosen als Fairtrade-Ware verkaufen und muss die restlichen 80 Prozent konventionell vermarkten. Was daran liegt, dass es einfach nicht mehr Markt für fair gehandelte Rosen von derartiger Qualität gibt. Deswegen auch der Aufruf der Buchautorin Silke Peters an die Konsumenten, sich so gut wie möglich über die Herkunft der Rosen zu informieren. Und zum Valentinstag vielleicht lieber weniger, dafür bessere, etwas teurere und vor allem fairere Rosen zu verschenken.

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