Vom Stoff zur Fahne:
Wie unsere Nationalflagge entsteht

Ein Großteil der Fahnen wird in einem heimischen Traditionsbetrieb produziert

Am 26. Oktober holt Österreich wieder die Nationalflaggen hervor. Hergestellt werden viele dieser Fahnen in einem heimischen Unternehmen, dem österreichischen Fahnen- und Flaggenhersteller "Fahnengärtner". Der Geschäftsführer des Traditionsbetriebs verrät, warum er ganz auf österreichische Produktion setzt, wie eine Fahne entsteht und in welchen Bundesländern die meisten Nationalflaggen verkauft werden.

von
Tradition - Vom Stoff zur Fahne:
Wie unsere Nationalflagge entsteht

Die Anfänge

Im beschaulichen Salzburger Pinzgau stellt Österreichs größter Fahnenproduzent seine Produkte her - und das schon seit 1945. Damals hat das Ehepaar Arnold und Anni Gärtner die Firma "Gärtner & Co Wäschefabrik" ins Leben gerufen. Wenn zu Beginn freilich auch noch nicht die Herstellung von Fahnen und Flaggen im Vordergrund gestanden ist. Kurz nach dem Krieg "wurden vor allem Dinge des täglichen Bedarfs produziert", sagt Geschäftsführer und Gesellschafter Gerald Heerdegen. Wäschereparaturen und die Produktion von Schürzen und Arbeitsbekleidung stellten unter anderem das tägliche Geschäft dar. Bereits ab 1950 konzentrierten sich die Gründer dann auf die Fahnenproduktion. Die erste Messe mit Nationalfahnen von Gärtner fand 1951 in Villach statt (siehe Foto unten). In den 1950ern erfand Arnold Gärtner die heute noch weit verbreitete "Zimmer frei"-Fahne.

100 Prozent "Made in Austria"

1978 hat Volker Heerdegen die Geschäftsführung des Unternehmens und nach dem Tod des Ehepaars Gärtner ihre Firmenanteile übernommen. Seit 1. Juli 2005 führt sein Sohn nun den heimischen Familienbetrieb weiter. Er setzt genauso wie seine Vorgänger zu 100 Prozent auf "Made in Austria". Warum? "Es geht um Wertschöpfung und um den Erhalt von Arbeitsplätzen", sagt Gerald Heerdegen. Gerade in der ländlichen Pinzgauer Region trage ein Arbeitgeber Verantwortung. Rund 100 Mitarbeiter beschäftigt sein Betrieb, 70 Prozent davon sind Frauen. "Ich bin mir der zusätzlichen regionalen Bedeutung sehr bewusst", erklärt er.

Fahnengärtner Firmenzentrale
© Fahnengärtner Die Firmenzentrale in Mittersill
»Wir sind ein Unternehmen der Menschlichkeit«
Fahnengärtner-Geschäftsführer Gerald Heerdegen
© ANDREAS HAUCH 2016 Geschäftsführender Gesellschafter Gerald Heerdegen

Eine rein österreichische Produktion hört sich gut an, ist aber nicht immer ganz einfach: Stichwort Lohnnebenkosten. "Das funktioniert nur mit hoher Qualität und neuen Produkten und Errungenschaften", teilt Heerdegen mit. In den südlichen und östlichen Nachbarländern liegt das Lohnniveau laut Geschäftsführer rund ein Fünftel unter jenem in Österreich. Den leichten Weg will er trotzdem nicht gehen. Er sagt klar: "Wir sind ein Unternehmen der Menschlichkeit."

Vom Stoff zur Fahne oder Flagge

Fahnen und Flaggen sind ein einfaches, aber auch arbeitsintensives Produkt. Für den Geschäftsführer steckt darin die Herausforderung. 10 bis 15 Minuten näht eine Mitarbeiterin im Schnitt an einer Fahne. Vieles läuft heutzutage zwar maschinell ab, doch die Handarbeit ist bei der Fahnenproduktion - genauso wie im Textilbereich - nicht wegzudenken.

Ausgangspunkt für eine Fahne oder Flagge ist zunächst einmal ein Stück Stoff. Die Bedruckung erfolgt maschinell, wobei ab einer Anzahl von 10 bis 15 Stück der Siebdruck zum Einsatz kommt und bei einer geringeren Anzahl ein Digitaldruck vorgenommen wird. Die anschließende Fixierung der Farben (durch Temperatur), die Wäsche (um den Stoff von überschüssigem Farbstoff zu befreien) und die Trocknung übernehmen ebenfalls Maschinen. Danach beginnt der manuelle Teil: die sogenannte Konfektion. Hier werden die Stoffe kontrolliert, zugeschnitten und vernäht. Teilweise kommen bei diesen Arbeitsschritten Maschinen zum Einsatz - wie ein Nähautomat, der Kanten abnähen kann, oder ein Laser für den Zuschnitt. Aber "ohne Näherin geht gar nichts", sagt Heerdegen. Dieser Produktionsschritt sei einfach nicht automatisierbar.

Näherinnen der Firma "Fahnengärtner" damals und heute:

Näherinnen von Fahnengärtner früher © Fahnengärtner Näherinnen von Fahnengärtner heute © Fahnengärtner

Wie viele Nationalflaggen gekauft werden

Pro Jahr vernähen die Mitarbeiter von "Fahnengärtner" rund eine halbe Million Quadratmeter Stoff zu Fahnen. Das sind umgerechnet 120.000 bis 150.000 Fahnen und Stoffmengen im Ausmaß von über 70 Fußballfeldern. Einen Großteil des Verkaufs machen Werbefahnen für diverse Unternehmen wie Möbelhäuser und Supermärkte aus. Nationalflaggen werden im Schnitt pro Jahr 1.700 - 2.000 verkauft. Der Jahresumsatz der Firma liegt bei circa 8 Millionen Euro.


Tirol und Salzburg führen übrigens die Liste der Bundesländer in Bezug auf den Flaggenkauf an. Das liegt weniger an einem gesteigerten Nationalbewusstsein, als am verstärkten Tourismus, beispielsweise aufgrund der Beflaggung von Hotels. Die Fahnen des Traditionsunternehmens sind unter anderem vor Österreichs Parlament, in der Präsidentschaftskanzlei, bei Staatsbesuchen, in etlichen Gemeinden und Landeshauptmannschaften zu sehen.

Und wie sieht es mit dem Nationalstolz der Österreicher aus? Generell steigt rund um Tage wie den 1. Mai oder den Nationalfeiertag am 26. Oktober die Nachfrage an Nationalflaggen bei privaten Käufern, wie Heerdegen bestätigt. Ein Hoch erlebt der Verkauf von Nationalflaggen derzeit nicht. "Es sind aber schon weniger Flaggen verkauft worden" sagt der Unternehmer.

Das Interview wurde bereits im April 2017 mit Gerald Heerdegen geführt.