Elfriede Ott ist gestorben

Schauspielerin kurz nach ihrem 94. Geburtstag im Kreise der Familie verstorben

Elfriede Ott ist in der Nacht auf heute im Kreise ihrer Familie verstorben. Sie spielte 60 Jahre lang Soloprogramme und ebenso lange TV-Rollen. In Erinnerung ist vielen vor allem ihr komisches Talent. Ott war eine der beliebtesten und vielseitigsten Schauspielerinnen des Landes.

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Elfriede Ott galt als die Doyenne des Theaters an der Josefstadt. Jetzt soll die Schauspielerin und Kabarettistin im Alter von 94 Jahren im Kreise ihrer Familie verstorben sein, wie ihr Sohn Goran David Ott gegenüber "Wien heute" des ORF bestätigte. Am Dienstag, ihrem 94. Geburtstag, kam die gelernte Uhrmacherin ins Spital.

»Sie besitzt die Fähigkeit, alle Seiten des wienerischen Temperaments«

Hilde Spiel sagte einmal: "Sie besitzt die Fähigkeit, alle Seiten des wienerischen Temperaments, das Graziöse wie das Grantige, das Maliziöse wie das Sentimentale, das Raimund'sche Gemüt wie das Nestroy'sche Gift in rascher Aufeinanderfolge abzuwandeln." Die Wiener Uhrmacherstochter, die nach eigenen Angaben das Theaterspielen schon als Kind dem Verstecken oder Tempelhüpfen vorzog, brachte das Publikum in all diesen Varianten jahrzehntelang zum Lachen und Weinen.

Kein vorgezeichneter Weg

Dabei schien ihr Weg nicht vorgezeichnet. Die am 11. Juni 1925 in Wien Geborene musste zunächst in die Fußstapfen des Vaters treten, nahm aber schon früh heimlichen Schauspielunterricht bei Lise Medelsky. Ihre humoristische Ader zeigte sich bereits beim ersten Vorsprechen am Burgtheater, wie Ott gerne erzählte: "Bei meiner Lehrerin hatte ich die 'Jungfrau von Orleans' einstudiert. Als ich rezitierte, hab' ich alles haargenau nachempfunden, auch das Zucken im Gesicht, das die Medelsky befallen hatte. Lothar Müthel (Direktor des Burgtheaters, 1939-1945, Anm.) erzählte mir später, er habe noch nie so sehr über eine Jeanne d'Arc gelacht wie damals. Aber er hat mich genommen."

Debüt am Burgtheater

1944 debütierte die spätere Grande Dame der Wiener Volkskomödie denn auch am Burgtheater, dessen Ensemble sie bis 1949 angehörte, in Gerhart Hauptmanns "Die Goldene Harfe". Ott spielte auch in Goethes "Stella", in Grillparzers "Sappho" oder in Shakespeares "Sommernachtstraum". Die Partner an ihrer Seiten waren Kapazunder wie Curd Jürgens, Raoul Aslan und Oskar Werner. Ihre ganze Liebe gehörte aber dem Theater an der Josefstadt, wie sie selbst in einem Interview bekannte. Dort fand die Schauspielerin 1958 ihre künstlerische Heimat und gehörte bis 2011 als Ensemble- und Ehrenmitglied zu den unangefochtenen Publikumslieblingen. Zum letzten Mal war die Doyenne dort am 9. Jänner 2011 in der musikalischen Collage "Eh wurscht" zu sehen.

© Sebastian Reich/News

Erster Ehemann Waldbrunn und das Kabarett

Ihre zweite Karriere als Kabarettistin startete Ott in den 1950er-Jahren u.a. an der Seite ihres ersten Ehemanns Ernst Waldbrunn, mit dem die Kammerschauspielerin von 1950 bis 1964 verheiratet war und dem sie bis zu dessen Tod 1977 freundschaftlich verbunden blieb. Nach der Scheidung schlug die Spezialistin des klassisch-wienerischen Genres die nächste Richtung ein und gab Abende als Diseuse, gemeinsam mit Julius Patzak oder Waldemar Kmentt. Ihre Soloprogramme wurden großteils von "Lebensmensch Hans Weigel" zusammengestellt, mit dem sie bis zu seinem Tod 1991 liiert und das gemeinsame letzte halbe Jahr auch verheiratet war. Er galt als Otts "Erfinder" und gestaltete für sie das legendäre Programm "Phantasie in Ö-Dur", das zu einem Markenzeichen der Partnerschaft Ott-Weigel wurde.

Festspiel-Leiterin

Wie nebenbei und doch mit vollem Herzblut leitete Elfriede Ott - in den letzten Jahren gemeinsam mit ihrem Adoptivsohn Goran David - 30 Jahre lang die Maria Enzersdorfer Festspiele, die sie 1983 gemeinsam mit Hans Weigel ins Leben gerufen hatte. 2012 fand mit Nestroys Posse "Umsonst" die letzte Inszenierung statt, nachdem der Pachtvertrag für den Standort auf Burg Liechtenstein nicht mehr verlängert wurde.

Viele Schüler

1985 gründete Ott die Schauspielabteilung des Wiener Konservatoriums, die sie bis 2004 leitete. Danach folgte die "Schauspielakademie Elfriede Ott", die heute von ihrem Adoptivsohn geleitet wird. Ott war stets stolz auf ihre Schüler und besuchte zahlreiche ihrer Aufführungen. Zu den bekanntesten Absolventen ihres "Studio der Erfahrungen" zählen Andre Heller, Nicolas Ofczarek, Christoph Friedl oder Sandra Cervik. Ihr erster Kinofilm "Die unabsichtliche Entführung der Elfriede Ott" von Andreas Prochaska, in dem sich die damals 85-Jährige selbst spielte, wurde nicht nur ein Kassenschlager, sondern auch mit dem Österreichischen Filmpreis 2011 ausgezeichnet. Bildschirmpopularität hatte sich die Künstlerin aber bereits zuvor in populären Fernsehserien wie "Hallo - Hotel Sacher...Portier!" und "Die liebe Familie" erworben.

© Sebastian Reich/News

Abschied von der Bühne

Gebeutelt von einigen körperlichen Gebrechen gab Ott 2013 ihren endgültigen Abschied von der Bühne. Untätig blieb die Frau mit dem vitalen Naturell aber auch danach nicht: sie malte und schrieb einige populäre Bücher. Ihr später Wunsch, das Publikum solle von ihr in Erinnerung behalten, "dass ich viele Menschen zum Lachen gebracht haben", dürfte der Schauspiellegende jedenfalls gelungen sein.

Große Trauer um Ott

Zu unzähligen Trauerbekundungen hat das Ableben Otts geführt. Mit Ott verliere die Republik "eine ihrer beliebtesten und profiliertesten Schauspielerinnen", zollte Bundespräsident Alexander Van der Bellen der Verstorbenen seinen Respekt.

Van der Bellen: "Generationenübergreifend bewundert"

"Besonders in typisch österreichischen Rollen begeisterte sie jahrzehntelang ein dankbares Publikum und spielte sich in die Herzen der Theaterbegeisterten", so Van der Bellen weiter. "Bis ins hohe Alter vermochte Elfriede Ott ihr Talent auf der Bühne, im Fernsehen und Film einzusetzen, wofür sie generationenübergreifend bewundert wurde." Zudem habe sie sich stets für nachkommende Bühnentalente engagiert. "Wir alle werden Elfriede Ott ein ehrendes und dankbares Andenken bewahren."

Kaup-Hasler: "Verneigen uns vor einer Großen"

Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) sieht mit Ott ein "bedeutendes Stück Wiener Theatertradition" verschwinden. "Mit unverwechselbarer Raffinesse gelang es ihr, selbst einfache Texte der Trivialität zu entheben und Kultstatus erlangen zu lassen." Dabei blieb Ott "bodenständig, herzlich sowie Wien und seinen Bewohnern verbunden. Wir verneigen uns vor einer Großen, die man in dieser Stadt zu Recht und mit liebevollen Respekt 'die Ott' nennt." Betroffen zeigte sich auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda. "Heute ist ein trauriger Tag für das Theater und die Kultur. Mit Elfriede Ott ist eine der ganz Großen von uns gegangen."

Sobotka: "Große Schauspielerin"

Der erste Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) beschrieb Ott in einer Aussendung als "große Schauspielerin, die es nicht nur im Theater an der Josefstadt schaffte, die österreichische Lebensweise auf die Bühne zu bringen". Nicht zuletzt für ihre Nachwuchsförderung "gilt unser besonderer Dank". Ex-Kulturminister und Wiens ÖVP-Landesparteiobmann, Gernot Blümel, verwies auf ihre Leistungen auf den Bühnen der Stadt, hielt aber auch fest: "Durch ihr vielseitiges Talent prägte sie nicht nur die Theaterlandschaft, sondern begeisterte die Menschen auch als Kabarettistin und Kino-Schauspielerin."

Wiener FPÖ: "Großer Verlust"

Von einem großen Verlust sprach auch Gerald Ebinger, Kultursprecher der Wiener FPÖ: "Ihr Engagement für das Theater und den Nachwuchs wird eine tiefe Lücke in der heimischen Kulturlandschaft hinterlassen." Ebinger kündigte zudem einen Antrag seiner Partei im Wiener Rathaus an, um eine geeignete Straße oder einen geeigneten Platz nach Ott zu benennen. Dass die Schauspielerin die Theater- und Filmlandschaft geprägt hat, betonte NEOS-Kultursprecher Sepp Schellhorn: "Das Wiener Urgestein begeisterte mehr als ein halbes Jahrhundert ihr Publikum, egal ob auf der Bühne oder auf der Leinwand." Sie werde auch "nach ihrem Tod für ihr Wirken und ihre Leistungen unvergessen bleiben".

Trauer in der Josefstadt

Große Trauer herrschte in Otts Stammhaus, dem Theater in der Josefstadt. "Mit Elfriede Ott geht eine große Persönlichkeit von uns, schauspielerisch wie menschlich", erklärte Direktor Herbert Föttinger. Sie war "zweifellos eine herausragende Komödiantin und eine der außergewöhnlichsten Volksschauspielerinnen Österreichs. Als solche war sie bekannt und beliebt, als solche hat sie sich in die Herzen des Publikums gespielt."

Eine Auswahl an Otts wichtigsten Filmen:

  • 1949 "Mein Freund, der nicht nein sagen kann", Regie: Alfred
    Stöger
  • 1949 "Das Siegel Gottes", Regie: Alfred Stöger
  • 1958 "Die Conways und die Zeit", Regie: Theodor Grädler
  • 1961 "Höllenangst", Regie: Axel von Ambesser
  • 1971 "Wiener Totentanz", Regie: Walter Davy
  • 1973-1975 "Hallo - Hotel Sacher...Portier!", TV-Serie
  • 1979 "Lasst uns lügen", Regie: Hermann Lanske
  • 1980 "Der Mustergatte", Regie: Peter Loos
  • 1980-1993 "Die liebe Familie", TV-Serie
  • 1982 "Die Perle Anna", Regie: Claus Homschak
  • 1992 "Duett", Regie: Xaver Schwarzenberger
  • 1995 "Vermischte Gefühle", Regie: Wolfgang Steuer
  • 1995 "Zum Glück gibt's meine Frau", Regie: Xaver
    Schwarzenberger
  • 2010 "Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott",
    Regie: Andreas Prochaska