Salzburger Finanzskandal-Prozess: Burgstaller im Zeugenstand

Ehemaliger Finanzreferent des Landes gab als Zeuge per Videokonferenz Auskunft

Am 14. Verhandlungstag im dritten Salzburger Finanzskandal-Prozess um dubiose Swap-Geschäfte zwischen Stadt und Land Salzburg ist am Dienstag Ex-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) als Zeugin befragt worden. Sie erklärte, sie könne sich nicht an ein Gespräch im Jahr 2007 mit Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) erinnern, in dem es angeblich um die Übertragung von "faulen Papieren" gegangen sei. Der ehemalige Finanzreferent des Landes, David Brenner, gab als Zeuge per Videokonferenz Auskunft.

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Salzburg - Salzburger Finanzskandal-Prozess: Burgstaller im Zeugenstand

Am Dienstagnachmittag ist Ex-Landesfinanzreferent David Brenner (SPÖ) als Zeuge zu dem Swap-Deal zwischen Stadt und Land Salzburg in einer Videokonferenz befragt worden. Brenner sagte, er gehe davon aus, dass die Übertragung des Portfolios an das Land bei seiner Amtsübernahme Ende 2007, Anfang 2008 eine von vielen Informationen war, die für ihn damals aber keinen besonderen Bedeutungswert hatte.

»Damals kein besonderer Bedeutungswert«

Inhaltliche Details über das Portfolio seien ihm damals nicht bekannt gewesen, er habe sich damit nicht weiter beschäftigt, sagte Ex-LHStv. Brenner, der aufgrund seiner Berufstätigkeit - er ist Geschäftsführer des Kronospan-Werks Lambertswalde in Dresden - vom dortigen Amtsgericht dem Salzburger Schöffengericht Rede und Antwort stand. Bei seiner Amtsübernahme habe es auch keinen Hinweis darauf gegeben, dass mit der Übertragung etwas nicht in Ordnung gewesen wäre, sagte Brenner.

Aussage über Portfolio

Die vorsitzende Richterin wollte von dem Ex-Politiker wissen, ob das Portfolio der Stadt in jenes des Landes seiner Meinung nach überhaupt gepasst hätte. "Eine persönliche Beurteilung kann ich dazu nicht vornehmen", antwortete Brenner. Im Laufe der Befragung erklärte er, dass er sich gedacht habe, das Land habe die Positionen von der Stadt gekauft. Es sei für ihn logisch gewesen, wenn einer die Positionen des anderen übernimmt, müsse man etwas dafür bezahlen. Heute wisse er, dass es offensichtlich anders gelaufen sei, "sonst würden wir nicht hier sitzen", verwies Brenner auf den Strafprozess.

» Ich kann mir vorstellen, dass diese Geschichte für Brenner und somit auch für die Stadt unangenehm werden könnte...«

Der Zeuge wurde über die inhaltliche Bedeutung von E-Mails befragt, die sich einige Angeklagten geschrieben haben und in denen auch sein Name gefallen war. Laut Aktenlage schrieb der damalige Mitarbeiter der Finanzabteilung der Stadt an den Bürgermeister am 20. Oktober 2012, rund eineinhalb Monate vor Platzen des Finanzskandals: "Wenn der Rechnungshof dem Land nun auf die Zehen steigt, wird das den Druck der anderen Parteien auf David Brenner erhöhen. Es ist nicht auszuschließen, dass David Brenner in seinem Ärger auf die Stadt die 'unsere Geschichte' mit den Derivaten ans Tageslicht zerrt. (...) Ich kann mir vorstellen, dass diese Geschichte für Brenner und somit auch für die Stadt unangenehm werden könnte..."

"Sachliche Arbeitsverhältnisse"

Brenner sagte dazu, der Verfasser des E-Mails könnte sich Gedanken gemacht haben, wie weit sein Info-Stand über die Übertragung der Papiere gewesen sei. Dessen Befürchtung, dass er die "Geschichte" an die Öffentlichkeit zerren könnte, könne er nicht beurteilten, so Brenner. Erste Hinweise, dass die Derivate negativ bewertet seien, habe es zum Jahreswechsel 2012/13 gegeben. Sein Arbeitsverhältnis zu Heinz Schaden sei - wie zu anderen Politikern - auch "sachlich" gewesen.

Brenner wurde auch mit dem Antwort-Mail des Bürgermeisters an den Mitarbeiter am 21. Oktober 2012 konfrontiert. Darin hieß es: "Die LHF (Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, Anm.) weiß Bescheid, aber DB handelt irrational. Aber, was soll es, wir haben keine Derivate mehr, thanks to Raus und Paulus!" Dieses E-Mail möchte er nicht interpretieren, sagte der Zeuge. Auch Burgstaller war am Vormittag zu diesem Schreiben befragt worden. Sie sagte, sie kenne dieses E-Mail aus einem Zeitungsbericht, sie sei nicht beteiligt daran. "Ich war im Oktober 2012 von irgendwelchen Geschäften zwischen Stadt und Land nicht informiert", betonte Burgstaller.

»Es gab Tequila, Schnaps, Tränen und Musik. Sie waren besoffen, weil sie traurig waren, ich war auch traurig«

Detail am Rande: Zeuge Roth hatte heute dem Salzburger Schöffengericht noch die Stimmung der Delegierten nach der gescheiterten Salzburger Olympiabewerbung am 4. Juli 2007 in Guatemala beschrieben. "Es gab Tequila, Schnaps, Tränen und Musik. Sie waren besoffen, weil sie traurig waren, ich war auch traurig."

Burgstaller im Zeugenstand

Die Ex-Landeshauptfrau sagte bereits am Vormittag aus. Sie erklärte, sie könne sich nicht an ein Gespräch im Jahr 2007 mit Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) erinnern, in dem es angeblich um die Übertragung von "faulen Papieren" gegangen sei. Dieses Gespräch zwischen Burgstaller und Schaden soll laut dem damaligen Olympia-Strategieberater Erwin Roth am Tag der gescheiterten Salzburger Olympiabewerbung am 4. Juli 2007 in Guatemala-City stattgefunden haben. Nachdem Salzburg als erster der drei Bewerber für die Olympischen Winterspiele 2014 ausgeschieden war (den Zuschlag erhielt Sotschi, Anm.), sei er in ein Tagescafe gegenüber dem IOC-Hotel gegangen, erklärte Roth, der heute ebenfalls als Zeuge gehört wurde. Er habe Stimmen hinter seinem Rücken vernommen, die er als jene von Burgstaller und Schaden "identifiziert" habe.

"Faule Papiere" der Stadt, sollte das Land übernehmen

Auf Befragung der vorsitzenden Richterin Anna-Sophie Geisselhofer schildert Roth, was er gehört habe: Zunächst hätten die beiden über die Musik in dem Raum gesprochen. Dann sei es um "faule Papiere" der Stadt gegangen, die das Land übernehmen sollte, sagte Roth. Schaden habe Burgstaller gefragt, ob das Land die Papiere nicht verstecken könne. Die Landeshauptfrau habe geantwortet, nein, das ginge nicht. Daraufhin habe der Bürgermeister erklärt, dass der damalige Finanzreferent LHStv. Othmar Raus (SPÖ) aber schon zugestimmt habe. Über das Gespräch habe er am Folgetag ein Protokoll in seinen Kalender eingetragen, sagte Roth.

Schaden von rund 4,9 Millionen Euro

Laut Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist durch die Übertragung von sechs negativ bewerteten Zinstauschgeschäften im September 2007 ein Schaden von rund 4,9 Millionen Euro zum Nachteil des Landes entstanden, weil es keine finanzielle Gegenleistung seitens der Stadt dafür gegeben habe. Schaden und Raus hätten den Deal politisch vereinbart. Die beiden Parteikollegen wurden in diesem Strafverfahren wegen Untreue angeklagt, ebenso die ehemalige Budgetreferatsleiterin des Landes, Monika Rathgeber, sowie der damalige Finanzabteilungsleiter des Landes, Hofrat Eduard Paulus, und drei weitere Mitarbeiter von Stadt und Land Salzburg.

»Wir waren damals alle sehr erschüttert.«

Mit den Aussagen von Roth konfrontiert, sagte Burgstaller zur Richterin, sie könne so ein Gespräch mit Schaden ausschließen. An dem Tag des Ausscheidens Salzburgs in Guatemala habe man sich über die gescheiterte Bewerbung ausgetauscht. "Wir waren damals alle sehr erschüttert." Sie könne sich an kein Gespräch über "faule Papiere" im Jahr 2007 oder in den Folgejahren erinnern, erklärte Burgstaller mit ruhiger Stimme.

"Wo ist die Wahrheit?"

"Wo ist die Wahrheit?", fragte Geisselhofer. Dazu Burgstaller: Von einem Stadt-Land-Transfer habe sie erst Ende 2012 in einer Zeitung gelesen, nachdem die Finanzaffäre im Land Salzburg bekannt geworden sei. "Ich habe mich sehr gewundert." Dass das Land Hunderte Millionen Euro durch Spekulationen verloren haben soll, habe sie nach einer Regierungssitzung Anfang Dezember 2012 erfahren. "Das war für mich wie ein Schlag ins Gesicht."

»Wie ich es gesagt habe, so hat es stattgefunden«

Der Strategieberater blieb auch nach der Aussage von Burgstaller bei seinen Angaben. "Wie ich es gesagt habe, so hat es stattgefunden." Bei seiner Befragung durch den Verteidiger erklärte er, er würde keinen "Revanchismus" gegenüber Schaden wegen eines Zerwürfnisses 2004 im Zuge der Olympiabewerbung betreiben. Roth warf Schaden wegen eines Zuschlags für eine Werbeagentur "Freunderlwirtschaft" vor. Für so etwas sei er nicht zu haben, betonte Roth, der den Bürgermeister als "korrupt" bezeichnete.

Dieses Zerwürfnis mit dem Stadtchef sei bis heute geblieben, sagte der Strategieberater. Schaden habe nach der gescheiterten Olympia-Bewerbung erklärt, er, Roth, habe 1,2 Millionen bekommen, aber der Stadt nichts gebracht. "Da war ich richtig sauer." So habe er etwa erreicht, dass Ex-Trainer Walter Mayer (er war in eine Doping-Affäre verwickelt, Anm.) seine Klage gegen den damaligen IOC-Präsidenten Jacques Rogge Anfang 2007 zurückzog. Eine Klage hätte der Salzburger Bewerbung geschadet, meinte Roth.

Der Prozess wird morgen, Mittwoch, mit der Zeugeneinvernahme von Salzburgs Ex-Wirtschaftskammerdirektor Wolfgang Gmachl um 9.00 Uhr fortgesetzt. Geplant ist noch eine ergänzende Befragung des Gerichtssachverständigen Christian Imo und Angeklagten.

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