Reiche Angeklagte

Petrikovics hat 30 Mio. Euro - Hable mit Stiftungsvermögen bis 45 Mio. Euro

Der Immofinanz-Strafprozess hat am Landesgericht in Wien begonnen. Richterin Claudia Moravec-Loidolt eröffnete die Hauptverhandlung gegen Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics, seinen früheren Vorstandskollegen Christian Thornton, den ehemaligen Vize-Aufsichtsratschef der Constantia Privatbank, Helmut Schwager, sowie den Treuhänder Ernst Hable. Der fünfte Angeklagte, Ex-Immofinanz-Vorstand Norbert Gertner, ist wegen einer Erkrankung nicht vor Gericht erschienen. Die Richterin schied daraufhin zu Beginn der Verhandlung das Verfahren gegen Gertner "zur Vermeidung von Verzögerungen" aus. Die verbliebenen vier Angeklagten im Immofinanz-Prozess wurden zu Verhandlungsbeginn zu ihren Finanzen befragt. Dabei zeigten sich teilweise beachtliche Vermögen.

von Petrikovics vor Gericht. © Bild: APA/HELMUT FOHRINGER

Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics etwa setzte auch nach seinem Ausscheiden aus dem Immo-Konzern im Herbst 2008 weiterhin auf Immobilien. Petrikovics schilderte seine Besitztümer: 14 Eigentumswohnungen, zwei Zinshäuser und sieben Zinshausbeteiligungen, 250.000 Stück Immofinanz-Aktien, 100.000 Stück Immoeast-Aktien, 3,5 Mio. Euro Barvermögen, und 15 Mio. Euro bei der Constantia Privatbank, "um die prozessiere ich gerade". Als Angestellter der S&F Immobilien GmbH verdiene er derzeit 2.400 Euro netto. Insgesamt habe er rund 30 Mio. Euro, "wenn ich diesen teuren Prozess gewinne", fügte er hinzu.

Reicher als Petrikovics ist der mitangeklagte Ernst Hable, früher Steuerberater und als Treuhänder tätig. In einer von ihm und seiner Frau gegründeten Stiftung liegen "40 bis 45 Millionen Euro", die Stiftung sei aber "eigentümerlos", betonte Hable. Dazu kommen noch rund 900.000 Euro in Wertpapieren, "überwiegend Immofinanz-Aktien" und weitere Vermögensbestandteile. Ohne Stiftung habe er 1,3 Mio. Euro.

"Ärmere" Mit-Angeklagte

Der mitangeklagte Helmut Schwager verwies darauf, sein Vermögen sei "alles vom Staatsanwalt blockiert". Drei Millionen Euro habe er in Wertpapieren, weiters drei Vorsorgewohnungen und Anteile an vier Mietshäusern.

Vergleichsweise bescheiden präsentierte der mitangeklagte Christian Thornton seine Vermögenslage: Er habe kein Liegenschaftsvermögen, 100.000 Euro Barvermögen und 20.000 Stück Immofinanzaktien, aktueller Wert 65.000 Euro. Als Selbstständiger in der Immobilienbranche verdiene er monatlich rund 4.500 Euro.

Kläger: Angeklagte verdienten risikolos Millionen

Staatsanwalt Volkert Sackmann hat den vier anwesenden Angeklagten im Immofinanz-Prozess, allen voran Karl Petrikovics, Untreue vorgeworfen. Ihnen sei es darum gegangen, "ohne Risiko und ohne Kapitaleinsatz Geld zu verdienen". Sie hätten in nur elf Monaten 21 Mio. Euro vollkommen risikolos lukriert. Das Geld würde jemanden abgehen, denn "Geld wächst nicht auf Bäumen, irgendwo muss der korrespondierte Schaden eingetreten sein", argumentierte der Ankläger. Untreue sei "der Diebstahl des Bevollmächtigten", der mit einem Missbrauch der Befugnis einhergehe. Dass die Geschäfte zur persönlichen Bereicherung dienten, mache die Delikte noch verwerflicher.


Staatsanwalt Sackmann versuchte die hochkomplexen Options- und Aktiengeschäfte der Angeklagten "auf das Wesentliche" zu reduzieren. Die Idee des Konzepts war es, "wir machen Geld mit Immobilien und wir laden die Bevölkerung ein", sich daran zu beteiligen. Petrikovics habe als Vorstandschef der Constantia Privatbank (CPB), der Immofinanz und der Immoeast über den Immofinanz-Konzern mit rund 800 Gesellschaften faktisch geherrscht.

"Schaden in Kauf genommen"

Petrikovics und Gertner verdienten immer dann viel, "wenn die Bank hohe Gewinne machte", so der Ankläger. Machten dagegen Immofinanz und Immoeast hohe Gewinne, wirkte sich das auf ihr Gehalt nicht aus, denn die beiden Bankmanager wurden von der CPB bezahlt, während die Gehälter für ihre Vorstandsfunktionen bei den zwei Immo-Gesellschaften ruhten. Daher sei die oberste Maxime gewesen: "In der Bank dürfen keine Verluste entstehen".

Allerdings "wenn es um den eigenen Vorteil ging, dann wurde ein Schaden auch bei der Bank in Kauf genommen", betonte Sackmann unter Hinweis auf Optionsprämien, die der Bank für Optionen für 5 Millionen Immoeast-Aktien von Petrikovics, Gertner und Schwager in Höhe von 5,9 Mio. Euro nicht bezahlt wurden. Bei diesen Geschäften hätten die angeklagten Ex-Immofinanz-Manager ohne jegliches Risiko Millionen verdienen können. Später ließen die Angeklagten diese Option aber verfallen, um die Schäden auf mehrere CPB-Gesellschaften zu verteilen.

Petrikovics-Anwalt: Kein relevanter Schaden

Der Verteidiger des Hauptangeklagten früheren Immofinanz-Chefs Karl Petrikovics entgegnete dem Staatsanwalt in seinem Plädoyer, dass durch das Handeln der Angeklagten gar kein Schaden entstanden sei. "Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise liegt hier kein relevanter Schaden vor, einen Schaden kann man nur bei formalistischer Betrachtungsweise sehen", meinte Anwalt Otto Dietrich.

Ohne die Finanzkrise 2008 würde es dieses Verfahren gar nicht geben, es wären keine Ermittlungen nach dem Kursverfall der Aktien eingeleitet worden, und es hätte keinen öffentlichen Druck gegeben, einen Schuldigen zu finden, meinte der Verteidiger. Die Staatsanwaltschaft sei im Zuge der Ermittlungen "zufällig" auf die Hable-Akten gestoßen, um die es in diesem Verfahren nun geht.

Bei den Hable-Optionen handelt es sich aber laut Petrikovics-Verteidiger nicht quasi um eine Wette auf den Kursgewinn im Nachhinein, sondern die Wurzel für diese Aktiengeschäfte liege in einem Aufsichtsratsbeschluss im Jahr 2003. Demnach hätten Petrikovics und sein Vorstandskollege Norbert Gertner das Recht auf Aktienoptionen im Zuge von Kapitalerhöhungen eingeräumt bekommen. Dafür gebe es einen gültigen Aufsichtsratsbeschluss, so Dietrich.

"Kein Schaden und kein Schädigungvorsatz"

Die Angeklagten hätten die Dokumentation einer Vereinbarung über die Optionen zwar "rückdatiert", das sei aber nicht strafrechtlich relevant, weil die eigentliche Vereinbarung ja zuvor mündlich tatsächlich so getroffen worden sei, argumentierte der Anwalt. Die Scheinrechnungen, die den Angeklagten vorgeworfen würden, hätten wirtschaftlich gesehen gar keinen Schaden bewirkt, meinte der Verteidiger. Es habe sich lediglich um einen "konzerninternen Forderungsausgleich" gehandelt.

Überhaupt hätten die Beschuldigten gar nicht an sich selbst gedacht, meinte Dietrich: "Legt man die formalistische Sichtweise der Staatsanwaltschaft ab und betrachtet die Vorgangsweise mit wirtschaftlicher Vernunft, so liegt kein Schaden und kein Schädigungsvorsatz vor. Der Angeklagte hat weniger im eigenen Interesse als im Interesse der beteiligten Unternehmen gehandelt".

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