Opel streicht Bochum

Ab 2016 keine Autos mehr von diesem Standort - 3.000 Jobs sind gefährdet

Hiobsbotschaft für die deutsche Stadt Bochum: Der defizitäre Hersteller Opel legt die Autoproduktion dort ab 2016 still. "2016 endet die Fertigung kompletter Fahrzeuge in Bochum", sagte Opel-Interimschef Thomas Sedran am Montag in Frankfurt. Damit reagiert der Autobauer auf hohe Verluste durch den Absatzeinbruch in Europa und baut teure Überkapazitäten ab. Möglicherweise werden aber Autoteile weiter in Bochum gefertigt.

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Autoindustrie - Opel streicht Bochum

In dem 50 Jahre alten Werk könnten bis zu 3.000 Stellen wegfallen. Das bedeute aber nicht das Aus für den Standort im Ruhrgebiet, betonte Sedran: "Opel bleibt auch zukünftig in Bochum präsent. Nicht nur mit dem Logistikzentrum, auch mit einer im Detail noch festzulegenden Komponentenfertigung."


Das Warenverteilzentrum mit derzeit 430 Mitarbeitern solle erhalten werden und möglicherweise künftig mehr Menschen beschäftigen: "Wir haben Ideen, wie wir es ausbauen können." In dem geplanten Komponentenwerk könnte nach dpa-Informationen zudem eine dreistellige Zahl von Jobs entstehen.

Alternative Nutzung möglich

Zudem spricht Opel seit Juni mit Vertretern des Landes Nordrhein-Westfalen, der Stadt Bochum und den Arbeitnehmervertretern über alternative Nutzungen des Standortes. Betriebsbedingte Kündigungen will die Adam Opel AG auch über Jobangebote in anderen deutschen Werken oder attraktive Abfindungen vermeiden.

Der Traditionsautobauer leidet wie andere Massenhersteller massiv unter der Absatzkrise in Südeuropa und kann seine Werke kaum auslasten. Deshalb hatte Opel ab Anfang September mehr als 10.000 Beschäftigte an mehreren Standorten tageweise in Zwangspause geschickt. Auch im Jänner ist an einigen Tagen Kurzarbeit geplant. Über einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 2016 solle mit dem Betriebsrat verhandelt werden.

Brüderle kritisert Management

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hat General Motors (GM) nach dem angekündigten Aus für das Bochumer Opel-Werk schwere Vorwürfe gemacht. Der Mutterkonzern habe bei Opel jahrelang Entscheidungen verschleppt, sagte Brüderle am Montag in Berlin. Zudem habe GM Opel in Deutschland diskriminiert, indem das Unternehmen weder in China noch in Lateinamerika frei habe handeln dürfen.

"Bisher hat General Motors ein Beispiel dafür geliefert, wie internationale Konzerne mit Mitarbeiten in Deutschland nicht umgehen sollten." Chancen für staatliche Eingriffe sieht Brüderle nicht: "Der Staat kann ja nicht grundlegende Strukturprobleme lösen, sondern immer nur leicht flankieren", sagte der Ex-Bundeswirtschaftsminister.

Merkel will sich nicht einschalten

Die deutsche Regierung sieht keinen Anlass, sich in den Streit um das angekündigte Ende der Automobilproduktion im Bochumer Opel-Werk einzuschalten. "In erster Linie sind jetzt aber auch Opel und GM gefordert, ihren Kolleginnen und Kollegen Perspektiven aufzuzeigen", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Montag in Berlin. Es sei Aufgabe von Opel und dessen Mutterkonzern General Motors alles zu unternehmen, um sozialverträgliche Lösungen zu finden. Auch das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt Bochum müssten ausloten, welche Möglichkeiten es für die Beschäftigten gebe."Die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung bedauern diese Entscheidung, das Werk zu schließen, ganz außerordentlich", sagte Streiter. Dies sei ein schwerer Schlag für die Beschäftigten und den Industriestandort Bochum.

Betriebsrat verlangt Erhalt der Getriebeproduktion

Angesichts der geplanten Rückstufung des Bochumer Opelwerkes zu einem Ersatzteil- und Komponentenwerk verlangt der Betriebsrat, das Aus für die Bochumer Getriebefertigung zu revidieren. "Wie soll ich denn zukünftig eine Komponentenproduktion einrichten, wenn ich heute schon einen wichtigen Teil schließe", sagte der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel am Montag. Die Getriebefertigung mit rund 300 Beschäftigten in Bochum soll nach den bisherigen Planungen 2013 schließen. Wenn Opel für das Werk eine Zukunft als Komponentenwerk plane, passe das mit der Schließung einer wichtigen Komponentenproduktion nicht zusammen, sagte Einenkel.

GM hat schwere Fehler gemacht

Nach der Bekanntgabe des Produktionsstopps für Opel in Bochum 2016 hat der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer dem Opel-Mutterkonzern GM schwere strategische Fehler vorgeworfen. Statt Bochum Ende 2016 zu schließen, hätte GM das englische Werk in Ellesmere Port kurzfristig dichtmachen sollen. In England wäre eine kurzfristige Schließung rechtlich möglich gewesen, sagte Dudenhöffer. Für die deutschen Werke gilt eine Beschäftigungsgarantie bis Ende 2014.

Zweiter Fehler von GM sei es gewesen, die bevorstehende Schließung von Bochum so lange zu verheimlichen. "Das war schon über ein halbes Jahr bekannt, Opel hat sich nur nicht getraut, es zu sagen", kritisierte Dudenhöffer. Durch die ständigen Diskussionen seien Kunden und Mitarbeiter verunsichert und die Marke beschädigt worden.

Die Pläne, Bochum als Teilewerk für den Opel-Konzern mit deutlich reduzierter Belegschaft weiterzuführen, hält Dudenhöffer für unrealistisch. "Ich glaube nicht an die Zukunft als Komponentenwerk." Der Standort Bochum liege etwas abseits und auch die Komponentenfertigung der anderen Werke sei keineswegs ausgelastet. Bochum solle sich nicht noch mal an "irgendwelche Hoffnungen klammern", sagte Dudenhöffer.

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