Mehr als ein einfacher Zweikampf

Technik, Wetter und Teamkollegen könnten das Duell Vettel gegen Alonso entscheiden

Beim WM-Showdown in der Formel 1 sind alle Blicke auf die Hauptdarsteller gerichtet: Fernando Alonso und Sebastian Vettel müssen in Brasilien um die WM-Krone rasen. Unter Umständen haben die beiden Stars die Entscheidung aber gar nicht in der eigenen Hand. Menschliche Fehler, ein technischer Defekt oder einfach nur verrücktes Wetter könnten das Titelrennen entscheiden.

von Sebastian Vettel und Fernando Alonso im Grand Prix von Japan in Suzuka © Bild: GEPA pictures/XPB/Batchelor

Die einzelnen Faktoren im Überblick.

FAHRER
Sebastian Vettel: Er ist der jüngste Doppel-Champion der Grand-Prix-Geschichte. Allein das sagt schon viel über seine Qualitäten aus. Obwohl erst 25 Jahre alt, hat er sich bei Red Bull längst den Status als Nummer 1 erarbeitet. Vettel treibt das Team permanent an, ist ein großer Motivator. Über seine fahrerische Klasse gibt es keine Zweifel. Manchmal reitet ihn aber der Teufel. Statt ruhig und taktisch clever einen Platz nach Hause zu fahren, attackiert er wild und riskiert damit Punktverluste.

Fernando Alonso: Viele halten den Spanier für den aktuell besten Piloten der Königsklasse des Motorsports. Der zweifache Weltmeister hat sich in dieser Saison keinen einzigen Fehler erlaubt. Alonso ist der absolute Teamleader bei Ferrari. Er treibt die Roten unermüdlich an. Er ist ein glänzender Stratege und Taktiker. Erfordert es die Situation, sammelt er lieber die sicheren Punkte, als ein unnötiges Risiko einzugehen. Dabei kommt dem 31-Jährigen seine große Erfahrung zugute: Alonso ist doppelt so lang wie Vettel in der Königsklasse unterwegs und hat fast doppelt so viele Rennen bestritten.

TEAM
Red Bull:
Technik-Genie Adrian Newey ist seit vielen Jahren ein Sieggarant in der Formel 1 und unumstrittenes Design-Genie. Dank seiner revolutionären Ideen sind die "Roten Bullen" der Konkurrenz überlegen. Nach der ersten Saisonhälfte, als Vettel den Anschluss an Alonso verloren hatte, zauberte Newey wieder ein paar technische Feinheiten aus dem Hut, und plötzlich drehte sich das Kräfteverhältnis.

Ferrari: Bei der Scuderia ragt kein Einzelner heraus, es gibt - hinter Nummer-1-Fahrer Alonso - keine One-Man-Show. Das Team des ältesten aktiven Rennstalls ist über die Jahre kontinuierlich gewachsen. Allerdings gab es in den vergangenen Jahren mangels Erfolgen gerade an der Spitze häufiger personelle Wechsel.

TEAMKOLLEGE
Mark Webber:
Der Australier ist kein Freund von Vettel und macht daraus auch kein Hehl. Die beiden lieferten einander in der Vergangenheit atemberaubende, teilweise auch dumme Duelle bis aufs Messer. Selbst wenn dabei einer oder beide auf der Strecke blieben. Webber akzeptiert seinen faktischen Nummer-2-Status nicht und hilft Vettel nur, wenn es sich gar nicht vermeiden lässt.

Felipe Massa: Der Brasilianer ist die ideale Nummer 2. Als er zuletzt in Austin auf Anordnung von oben das Getriebe wechseln lassen musste und so seine gute Startposition verlor, damit Alonso einen Vorteil bekam, akzeptierte er das klaglos. Bei Webber ist so etwas undenkbar. Belohnt wurde Alonsos treuer Adjutant Massa mit einer Vertragsverlängerung bei Ferrari für 2013.

RENNWAGEN
RB8:
Red Bull verfügt über das beste Auto. Weil Newey bei seinen Konstruktionen bis ans Limit geht, ist die "schnellste Dose der Welt" aber auch anfällig. Vor allem die drei Ausfälle wegen einer defekten Lichtmaschine - Vettel war davon in Valencia und Monza betroffen - müssen Vettel & Co. Anlass zur Besorgnis geben. Probleme gab es in dieser Saison auch schon mit den Bremsen und dem Kühlwasser sowie vor allem mit dem Hybridsystem KERS.

F2012: Der rote Renner ist in punkto Zuverlässigkeit einsame Spitze. Noch kein Defekt in bisher 19 Grand Prix. Alonso fiel nur deshalb zweimal aus, weil er unschuldiges Opfer von Unfällen wurde. Bei den Tests war der Ferrari noch um Welten langsamer als die Konkurrenz. Diesen Riesennachteil konnten die Techniker beheben.

WM-STAND
Hier spricht alles für Vettel: Der Spitzenreiter (273 Punkte) hat 13 Zähler Vorsprung vor Alonso (260). Selbst wenn der Verfolger gewinnen sollte, reicht Vettel bereits Platz vier zum WM-Hattrick. Wird Alonso Zweiter, genügt dem Deutschen Rang sieben. Fährt der Spanier auf Platz drei, muss Vettel nur Neunter werden. Gewinnt der Titelverteidiger oder landet vor Alonso, ist alles zu seinen Gunsten entschieden. Ebenso, wenn Alonso maximal Vierter wird.

STRECKE
Das Autodromo Jose Carlos Pace hat sich in den vergangenen drei Jahren als perfekte Red-Bull-Strecke entpuppt: Webber gewann in dem Zeitraum zweimal auf dem 4,309 km langen Berg-und-Tal-Kurs, Vettel schaffte 2010 mit seinem Sieg die Grundlage für seinen ersten WM-Triumph im abschließenden Rennen in Abu Dhabi. Alonso gewann in bisher zehn Anläufen noch nie in Sao Paulo, sicherte sich dort allerdings 2005 vorzeitig seinen ersten WM-Titel.

WETTER
Für den Rennsonntag ist Regen angesagt. Der Ferrari funktionierte bisher unter nassen Bedingungen am besten: Alonso gewann in Malaysia und holte in Silverstone und Hockenheim jeweils die Pole Position. Vettel hat seine Qualitäten im Regen ebenfalls bereits eindrucksvoll bewiesen: Im Red-Bull-Schwester-Team Toro Rosso preschte der Jungspund 2008 in Monza erst auf die Pole und feierte einen Tag später auf ebenfalls nasser Strecke seinen ersten Formel-1-Sieg.

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