Sozialmärkte boomen

Nachfrage bei Alleinerziehern, Pensionisten, Migranten und Arbeitslosen enorm hoch

Wien hat zwei Gesichter. Auf der einen Seite sperrt ein Luxusgeschäft nach dem anderen in der City auf und lockt die betuchte Klientel, auf der anderen Seite gibt es viele Menschen an und unter der Armutsgrenze, die kaum über die Runden kommen. Denn Einkaufsmöglichkeiten für Bedürftige verzeichnen eine ungebrochen hohe Nachfrage, wie ein Rundruf bei mehreren sozialen Einrichtungen zeigt.

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Wien - Sozialmärkte boomen

"Der Druck auf die Menschen ist sehr groß. Unsere Wahrnehmung ist, dass sehr viele Menschen bei grundlegenden Dingen wie Heizen, Essen und Kleidung jeden Euro mehrmals umdrehen müssen", beschrieb ein Sprecher der Caritas die Situation. Es seien vor allem Alleinerzieher, kinderreiche Familien, Arbeitslose und Menschen mit Migrationshintergrund, die in den Caritas-Einrichtungen Carla einkaufen und die Lebensmittelausgabe "Le+O" (Lebensmittel und Orientierung) aufsuchen würden.

Tausende Wiener von Caritas-Einrichtung versorgt

"Le+O" wurde 2009 gemeinsam mit Wiener Pfarren ins Leben gerufen. An elf Ausgabestellen erhalten armutsbetroffene Menschen einmal pro Woche Lebensmittel zu einem symbolischen Preis. Zudem gibt es Beratungen für die Betroffenen. Pro Woche werden sechs bis sieben Tonnen Ware ausgegeben, insgesamt waren es im Vorjahr 286 Tonnen. Damit wurden 2011 insgesamt 10.700 Personen unterstützt. Derzeit sucht die Caritas Freiwillige, die bei der Lebensmittelabholung helfen. In den Wiener Carla-Einrichtungen wurden im Vorjahr 24.000 Gratiskleiderpakete vergeben.

Viele leben von weniger als 900 Euro Netto

Auch in den Sozialmärkten ist die Nachfrage "weiterhin sehr groß", berichtete Sozialmarkt-Gründer Alexander Schiel: "Ich merke, dass vor allem Pensionisten vermehrt kommen." Er betreut drei Filialen - in Favoriten, Hernals und in der Donaustadt. Sein Verein zählt inzwischen rund 30.000 Mitglieder. Zum Einkauf sind jene Menschen berechtigt, die im Monat ein Nettoeinkommen unter 900 Euro haben.

Es gebe jedoch vermehrt Anfragen von Personen, die etwas mehr als diesen Betrag im Monat zur Verfügung hätten, ob sie denn im Sozialmarkt einkaufen dürften, berichtete Schiel. Eine Erhöhung des Limits sei aber kein Thema: "Wir müssen eine Grenze ziehen." Denn manche Lebensmittel seien schon jetzt knapp - zum Beispiel Grundnahrungsmittel wie Reis und Zucker, aber auch Babysachen wie Windeln. Wenn man das Limit hinaufsetzen würde, dann würde es nicht genug für alle geben.

Vinzi: Vor allem Pensionisten und Migranten betroffen

Ähnlich auch die Lage im "VinziMarkt" in Simmering: "Wir haben bestimmt mehr Kunden", berichtete die Leiterin Angela Proksch. Dabei handelt es sich um eine Einrichtung der Grazer "Vinzenzgemeinschaft" des "Armenpfarrers" Wolfgang Pucher. Täglich würden etwa 400 Personen hier einkaufen, darunter viele Pensionisten und Migranten.

Im "VinziMarkt" werden gespendete Produkte verkauft, die bald ablaufen oder aus Überproduktionen stammen. Brot gibt es kostenlos. Einkaufsberechtigt sind hier ebenfalls Personen, die maximal ein Nettoeinkommen von 900 Euro zur Verfügung haben. Heuer seien rund 1.200 Einkaufsberechtigungen neu ausgestellt worden.

Eine weitere "VinziMarkt"-Niederlassung in Wien ist nicht in Planung: "Besser ein 'VinziMarkt', der mit Lebensmitteln gut versorgt ist, als dass man einen zweiten aufmacht", so Proksch. Denn die Beschaffung der Waren sei nicht einfach, "da immer weniger überproduziert wird" und es in Wien inzwischen mehrere Sozialmärkte gibt, auf welche die Spenden verteilt würden.

Kommentare

Jeder neu eröffnete Sozialmarkt ist der Beweis dafür, dass es mit Österreich bergab geht. Aber Hauptsache, unsere Steuermilliarden werden in die Rettung von Banken und anderen Ländern gesteckt. TU UNFELIX AUSTRIA.

brauser49

Ein Bekannter arbeitete als Staplerfahrer im BILLA-Zentrallager Wr. Neudorf, wenn dort eine Palette leicht beschädigt wurde und z.B bei Essiggurkeln von 2 Gläsern Saft ausrann wurde die GESAMTE Palette in den Verbrennungsofen geschoben, die Versicherung bezahlts ja. Als mein Bekannter 2 Gläser vor der Vernichtung rettete wurde er wegen Diebstahls fristlos gekündigt. Dort werden täglich Millionenwerte verbrannt

Ein Artikel der unsere Politiker die Schamesröte ins Gesicht treiben müsste.
Ein Land kann sich nicht mehr um seine Bürger kümmern?
Weil "UNSERE" hirnverbrannten, völlig abgehobenen Dilettanten sich lieber selbst bereichern, unfähig sind Entscheidungen zum Wohl seines Wählers zu treffen.
1200 neue Notgeldscheine wurden ausgestellt? Volk erhebe Dich!
Das ist Selbstmord, auf Krankenschein

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Nun, gut dass es das gibt und erfreulich dass es jemand tut. Aber zum Jubeln ist kein Grund,denn dass wir immer mehr und immer größere Sozialmärkte brauchen müsste allen politisch Verantwortlichen die Grausbirnen aufsteigen lassen. In der Statistik mag sich Armut ja verschleiern lassen,aber das Phänomen eines steigenden Bedarfs an Sozialmärkten ist ein sichtbares Signal des Abstiegs. Und Armut lässt sich nur bis zu einer gewissen Menge an Armen wegverwalten, dann kracht es.

brauser49
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In einer Zeit die gottseidank hinter mir liegt wollte ich mit entsprechendem Einskommensnachweis bei einem Badner Sozialmarkt einkaufen und die Entaeuschung war sehr gross als man mir mitteilte ich koenne hier nicht einkaufen denn der Markt waere nur fuer Badener Buerger und da ich in einer Kleinstadt 16km ausserhalb Badens wohnte fiel ich durch den Rost da es in meiner Stadt keinen Sozialmarkt gab. Erwaehnen moechte ich noch dass das Angebot sehr reichhaltig war, aber leider nicht fuer mich

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Umso mehr ärgere ich mich, wenn ich bei den Simmeringer Gärtnern vorbeilaufe und dort haufenweise frische Paprika, Tomaten, Gurken etc. auf dem Müllhaufen liegen sehe. So eine unglaubliche Verschwendung von Lebenmitteln!

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Leben"s"mitteln!

Ignaz-Kutschnberger
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@Anza
Hab mal wo ghört was in Österreich pro Tag an genießbaren noch verwendbaren Lebensmitteln von den Supermärkten weggeworfen wird... damit könnte man eine ganze Zeit wie GRAZ versorgen!!! Wahnsinn!!!

Ignaz-Kutschnberger
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*eine ganze Stadt wie Graz

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