Flugzeugabsturz in der Ukraine:
Wer schoss MH17 ab?

Raketenbeschuss tötete 298 Passagiere - laut US-Geheimdienst Separatisten schuld

von
Konflikt - Flugzeugabsturz in der Ukraine:
Wer schoss MH17 ab?

Das über der Ostukraine abgestürzte Passagierflugzeug ist nach Angaben von US-Geheimdiensten sehr wahrscheinlich von pro-russischen Separatisten abgeschossen worden. Das geht nach Angaben des Senders CNN aus einem vorläufigen Geheimdienstbericht hervor, wie der US-Sender am Freitag unter Berufung berichtete. Russlands Präsident Wladimir Putin rief indes zu einer beidseitigen Waffenruhe auf.

Biden: Kein Unfall

Bei dem Absturz der voll besetzten malaysischen Linienmaschine über den von Separatisten beherrschten Bürgerkriegsgebiets am Donnerstag kamen alle 298 Menschen an Bord ums Leben. US-Vizepräsident Joe Biden erklärte noch am Abend, es habe sich um keinen Unfall gehandelt. Der Jet sei vielmehr gezielt abgeschossen worden. Die US-Geheimdienste versuchten zu ermitteln, von wo die Rakete gestartet sei, hieß es noch am Donnerstagabend.

Russische Waffenexperten beteiligt?

Die USA halten sogar eine Beteiligung russischer Waffenexperten am mutmaßlichen Abschuss für denkbar. Es sei unwahrscheinlich, dass die Separatisten die hochkomplexen Luftabwehrraketen ohne geschultes Personal hätten einsetzen können, sagte die amerikanische UNO-Botschafterin Samantha Power sagte am Freitag im UNO-Sicherheitsrat

"Deshalb können wir eine technische Unterstützung durch russisches Personal nicht ausschließen", sagte Power. Die USA schätzten es mittlerweile als wahrscheinlich ein, dass die Absturzursache ein Beschuss mit einer Flugabwehrrakete gewesen sei. Die Rakete sei aus einem von den Separatisten kontrollierten Gebiet in der Ostukraine abgeschossen worden.

Russland demetiert

Das russische Verteidigungsministerium hat eine angebliche Verlegung von "Buk"-Flugabwehrsystemen in das ostukrainische Separatistengebiet strikt zurückgewiesen. Moskau habe weder den Abwehrkomplex noch sonstiges Kriegsgerät in das Nachbarland geschafft, sagte ein Sprecher am Freitag der Agentur Interfax.

Wer ist schuld?

Die ukrainische Regierung und die prorussischen Separatisten bzw. Russland hatten sich umgehend gegenseitig des Abschusses des Passagierflugzeuges beschuldigt. Nach erster Einschätzung des US-Geheimdienstes war die Maschine von einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen worden. Auch die EU geht nach Angaben eines ranghohen Vertreters von einem Abschuss aus.

Die Anführer der von den Rebellen ausgerufenen Volksrepublik in Donezk erklärten, ein ukrainischer Kampfjet habe das Flugzeug abgefeuert. Aus Sicht Kiews führt die Spur nach Russland. Nach Kenntnis ukrainischer Behörden besitzen die prorussischen Rebellen keine Raketenflugabwehrsysteme vom Typ "Buk" für den Abschuss von Flugzeugen. Die Aufständischen hätten - anders als von ihnen selbst im Juni behauptet - keine einsatzfähigen Waffensysteme dieser Art erobert, sagte der ukrainische Generalstaatsanwalt Witali Jarema in Kiew.

Lieferte Russland Rakete?

Diese Informationen seien auch Präsident Petro Poroschenko und dem nationalen Sicherheitsrat vom ukrainischen Militär übergeben worden. Nach offiziellen Angaben aus Kiew hatten die Separatisten zwar im Juni eine "Buk"-Anlage erobert, die allerdings nicht funktionsfähig gewesen sei. Aus Russland soll laut Kiew ein "Buk"-System mit Raketen und Bedienpersonal in die umkämpfte Ostukraine gebracht worden sein.

Laie kann Raketensystem nicht bedienen

Ein Experte des österreichischen Bundesheeres, Oberstleutnant Reinhard Zmug, erklärte im Gespräch, dass ein Laie das Lenkwaffensystem-System Buk "nicht einmal in Betrieb nehmen" kann. Um ein derartiges System bedienen zu können, sei eine Ausbildung von zwei bis drei Jahren notwendig. Das Radar des Systems lässt zudem keinerlei Rückschlüsse darüber zu, ob es sich um ein ziviles oder ein militärisches Flugzeug handelt. "Das ist nicht erkennbar. Man sieht nur einen Punkt, kann aber nicht sagen, wie groß oder wie schwer das Objekt ist", so Zmug. Auch der Abschuss von Raketen ist beim Buk-System sehr kompliziert. Während bei den modernen sogenannten Fire-And-Forget-Systemen die Raketen ihr Ziel selbst ansteuern, muss beim Buk das Objekt über einen längeren Zeitpunkt hin verfolgt werden, wozu zumindest zwei gut ausgebildete Personen notwendig sind.

Putin fordert zur Waffenruhe auf - Rebellenführer lehnt ab

Putin forderte indes die ukrainische Regierung und die Separatisten im Osten des Landes zu einer Waffenruhe auf, um Verhandlungen zu ermöglichen. Der Chef der selbstproklamierten "Volksrepublik Donezk", Alexander Borodai (Borodaj) lehnte dies jedoch postwendend ab. Er sicherte aber erneut zu, dass unabhängige Experten Zugang zu der Absturzstelle erhalten sollten.

Obama fordert Waffenruhe und droht Russland

Auch US-Präsident Barack Obama hat eine sofortige Waffenruhe gefordert. Die Rakete, die das Flugzeug abgeschossen habe, sei aus einem von Separatisten kontrollierten Gebiet abgefeuert worden, sagte Obama am Freitag in Washington. Zugleich drohte er Russland mit schärferen Sanktionen.

"Russland, die Separatisten und die Ukraine müssen sich an eine sofortige Waffenruhe halten", betonte Obama. Er erhob schwere Vorwürfe gegen Moskau, das "immer wieder" verabsäumt habe, die erforderlichen Schritte zur Deeskalation der Lage in der Ostukraine zu setzen. Die Separatisten seien ständig aus Russland mit schweren Waffen, darunter auch Luftabwehrgeräten, versorgt worden. Wenn der russische Präsident Wladimir Putin den Zustrom von Waffen und Kämpfern in die Ostukraine untersage, werde die Gewalt dort aufhören. Die USA seien in der Lage, ihre Sanktionen gegen Russland zu verschärfen, unterstrich Obama.

Obama bezeichnete den Flugzeugabsturz als eine "Schandtat unaussprechlichen Ausmaßes". "Wir werden sicherstellen, dass die Wahrheit ans Licht kommt", forderte der US-Präsident eine "glaubwürdige internationale Untersuchung" dieser "globalen Tragödie". Die USA stehe auch bereit, Experten der Bundespolizei FBI und der Luftsicherheitsbehörde NTSB in die Region zu schicken.

OSZE verhandelte Korridor aus

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) verhandelte am Freitagmittag allerdings noch mit den prorussischen Separatisten über einen humanitären "Korridor" in das Gebiet bei Donezk, wie OSZE-Chef Didier Burkhalter im Schweizer Fernsehen sagte. Außerdem gehe es für die OSZE darum, Zugriff auf einen der Flugschreiber der Maschine der Malaysia Airlines zu bekommen, der sich derzeit in den Händen der Aufständischen befinde. Am OSZE-Sitz in Wien wurde am Freitag kurzfristig eine Sitzung des Ständigen Rates der OSZE einberufen.

Separatisten verwehrten Zutritt zur Absturzstelle

Ein Team von 30 OSZE-Experten ist indes an der Absturzstelle eingetroffen. Allerdings haben prorussische Separatisten den internationalen Beobachtern den vollständigen Zugang zur Absturzstelle verwehrt. Die Beobachter könnten sich nicht uneingeschränkt bewegen, hieß es am Freitag von der OSZE. "Sie haben nicht den Zugang erhalten, den sie erwartet haben. Sie haben nicht die Bewegungsfreiheit, die sie für ihre Arbeit benötigen. Die Absturzstelle ist nicht abgesperrt", beklagte Botschafter Thomas Greminger vom Schweizer OSZE-Vorsitz. Das 17-köpfige Team habe sich etwa 75 Minuten an der Absturzstelle aufgehalten und kehre nun nach Donezk zurück.
Berichte, wonach die Beobachter beschossen worden seien, dementierte die Organisation. In der Nähe der Gruppe seien Schüsse abgefeuert worden, hieß es lediglich.

Borodai sagte, die Aufständischen stünden in Verbindung mit den niederländischen Behörden. Diese verlangten, dass für die Ermittlungen am Absturzort nichts verändert werde, und "deswegen fassen wir bis auf Weiteres dort nichts an", sagte der Rebellenchef. Bisher wurde ein Flugschreiber von den Aufständischen gefunden, ein weiterer von den Rettungskräften. Wer die Daten auswertet, war aber zunächst unklar.

UNO und EU für rasche Untersuchung

Die internationale Gemeinschaft - der UNO-Sicherheitsrat, die EU sowie zahlreiche Politiker, darunter auch Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) - sprach sich durchwegs für eine umfassende, rasche und unabhängige Untersuchung des Unglücks aus US-Präsident Barack Obama wollte sich um 17.30 Uhr MESZ zu dem Vorfall äußern.

UNO fordert unabhängige Untersuchung

Der UNO-Sicherheitsrat hat eine unabhängige Untersuchung gefordert. In einer einstimmigen Erklärung verlangte das Gremium am Freitag am UNO-Sitz in New York eine "umfassende, gründliche und unabhängige internationale Untersuchung des Vorfalls im Einklang mit den Richtlinien der internationalen Zivilluftfahrt". Die 15 Mitgliedsländer des Sicherheitsrates riefen zudem "alle Parteien" dazu auf, den Ermittlern "sofortigen Zugang" zu der Absturzstelle zu gewähren. Die UNO-Botschafter der Mitgliedsländer hielten bei der von Großbritannien beantragten Sondersitzung eine Schweigeminute für die fast 300 Opfer der Tragödie ab. In der Erklärung sprach der Sicherheitsrat den Angehörigen und den betroffenen Ländern das Beileid aus.

Keine Österreicher an Bord

Die Maschine der Malaysian Airlines war am Donnerstag auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur abgestürzt. 181 Leichen wurden bereits geborgen, insgesamt sollen 298 Personen getötet worden sein. Unter den Opfern befinden sich 189 niederländische Passagiere, 44 Malaysier, 27 Australier, zwölf Indonesier, neun Menschen aus Großbritannien, vier Deutsche, vier Belgier, drei Filipinos, ein Kanadier und ein Neuseeländer. An Bord der Maschine waren auch viele AIDS-Aktivisten und -Experten, darunter der Forscher Joep Lange - sie waren auf dem Weg zur AIDS-Konferenz im australischen Melbourne. Das Außenministerium gab bekannt, dass sich keine Österreicher an Bord befunden hatten. "Wir können bestätigen, dass kein österreichischer Staatsbürger auf dem Flug eingecheckt war", sagte ein Sprecher.

Jet flog niedriger als geplant

Wie die Fluggesellschaft Malaysian Airlines indes mitteilte, flog die Maschine niedriger geflogen als eigentlich geplant. Beantragt sei eine Flughöhe von 35.000 Fuß (10.700 Meter) gewesen. Die ukrainische Flugsicherung habe aber angewiesen, auf 33.000 Fuß zu fliegen. Das teilte Malaysia Airlines am Freitag via Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Luftraum inzwischen gesperrt

Bis Freitag war der Luftraum über der Kampfzone oberhalb von 9.750 Metern für internationale Flüge frei. Nach dem Absturz der MH17 wurde der gesamte Luftraum in der Konfliktregion gesperrt. Die AUA und andere Fluggesellschaften hatten schon kurz zuvor bekannt gegeben, den Osten der Ukraine nicht zu überfliegen.

Eurocontrol: Ukraine hat Lage unterschätzt

Die Ukraine hat nach Einschätzung der europäischen Luftraumaufsicht Eurocontrol die Lage im umkämpften Osten des Landes "unterschätzt". Eurocontrol-Generaldirektor Frank Brenner sagte am Freitag der APA, dass Kiew den Luftraum in dem Gebiet als "eingeschränkt passierbar" eingestuft habe. "Ein möglicher Abschuss ist nicht erwartet worden." Bei einer längeren Sperre des Luftraums über der Ostukraine könnte es auch zu einem Anstieg der Flugticketpreise kommen.

Brenner sagte, dass zunächst einmal eine Untersuchungskommission die Geschehnisse rund um den Absturz aufklären solle, "um danach angemessene Entschlüsse zu ziehen". Vorerst sieht er keine Notwendigkeit, dass die Eurocontrol ihre Haltung ändert. "In der Vergangenheit hat man den Gefahreneinschätzungen der Länder vertrauen geschenkt und ich denke, dass dies auch so bleiben wird".

"Wenn Klarheiten vorliegen könne die Politik entsprechend handeln, um die Gefahren zu reduzieren. Primär wäre es erforderlich die Krisenherde zu entschärfen, um die Sicherheit im Flugverkehr zu erhöhen", betonte der Eurocontrol-Chef.

Interpol bietet Hilfe an

Die internationale Polizeiorganisation Interpol hat indes ihre Hilfe angeboten. Interpol könne unter anderem bei der Identifizierung und Rückführung der Opfer helfen, erklärte der Generalsekretär der im französischen Lyon ansässigen Organisation, Ronald Noble."Wir werden auch helfen festzustellen, ob einer der Passagiere an Bord des Flugs MH17 mit einem bei Interpol verloren oder gestohlen gemeldeten Reisepass eincheckte oder ob einer von ihnen mit einem schwerkriminellen Verhalten in Verbindung steht." Interpol bot an, ein Experten-Team zur Identifizierung der Opfer zur Unglücksstelle zur schicken.

In der Ostukraine liefern sich seit Wochen Soldaten und prorussische Separatisten heftige Gefechte. Russland und die Ukraine weisen sich gegenseitig die Schuld am Blutvergießen zu.

Die Absturzstelle:

Die neuesten Entwicklungen zum Absturz via Interfax finden Sie hier!

Kommentare

richard64

Die Verantwortlichen sind bei der Fluglinie zu suchen, die dem Flugzeug diese Route vorgeschrieben hat, die Route Amsterdam - Minsk - KUL ist kaum laenger und 300 Menschen wuerden noch leben

....wenn die "eine Konfliktpartei" die "entführte Blackbox" frei geben sollte, ....dann wird sich alles aufklären.

...ich nehme nicht an, dass das passieren wird ..

...erschütternd ... bzw erschaudernd...

da werden wir noch viel nette Sachen erleben

attn netwoman : danke für die wortspende
(...wahrscheinlich eigene Probleme ...???? ;)))

Bevor Schuldzuweisungen stattfinden sollte auf jeden Fall untersucht und BEWIESEN werden was genau passiert ist. Man wird doch annehmen dürfen dass sowas heutzutage möglich ist.

Aber man sollte auch annehmen dürfen dass es heutzutage unmöglich ist dass ein ganzes Flugzeug spurlos verschwindet.
Also ich bin mal gespannt was man uns da noch auftischen wird.

Don't fly Malaysian, at least this time they find the plane...
Beileid den Angehörigen!

Der Clip in den Medien mit dem Absturz zeigt den Absturz einer 747 der National Airways (flog für die US-Luftwaffe) bei Kabul, deren Ladung beim Start verrutscht war. Hat also mit dem Absturz des Fliegers in der Ukraine nichts zu tun. https://www.facebook.com/l.php?u=https%3A%2F%2Fwww.youtube.com%2Fwatch%3Fv%3DlksDISvCmNI&h=JAQHPELwG

RobOtter

Ein Haufen an Spekulationen sonst gar nichts....

Eindeutig nicht verwechselbar mit einem Versorgungsflug des Militärs aus Kiev. Der Abstieg aus der Reiseflughöhe 10 km beginnt üblich schon hunderte km vor dem Ziel.

Ich vermute die ukrainische Regierung will mehr Unterstützung im Kampf gegen die Seperatisten erreichen.

EU Finger weg von der Ukraine
und wenn doch, bitte auch gleich die Türkei mitaufnehmen, damit wir eine gemeinsame Grenze mit Syrien, Irak und Iran haben

melden

Warum ein Urlaubsflieger über einem Gebiet unterwegs ist, wo seit Wochen bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen ist klärungsbedürftig.

In der Geschichte ist es immer wieder vorgekommen, dass Menschen bewusst geopfert wurden um einen Grund für eine militärische Aktion in der Hand zu haben.

Mein Mitgefühl gehört den Angehörigen dieses Vorfalles welcher lückenlos aufgeklärt werden muss.

melden

Abgesehen davon dass hunderte Urlaubsflieger über Kriegsregionen fliegen, macht das überhaupt keinen Unterschied da dieses Flugzeug in Reisehöhe unterwegs war (10km) und somit als Transportflieger ausgeschlossen. Demnach müssten jeden Tag unzählige Flugzeuge durch Abschüsse vom Himmel fallen...irgendwo irgendwann. Doch wer denken kann ist klar im Vorteil! (seufz)

Oliver M. melden

Uiiii ... derkroate ist wohl der Herr g'scheit ...

melden

Wenn die Amis sagen, die Russen waren es, dann wird es ja wohl stimmen. Die Massenvernichtungswaffen im Irak haben sich ja auch bewahrheitet.

Seite 1 von 1