Warum will er Sex im Flugzeug?

Himmlisch. Überirdisch. Wer würde sich nach dem Sex nicht über solch Feedback freuen? Ist Sexualität wirklich heißer, spezieller und unvergesslicher, wenn wir sie, sagen wir einmal, an ungewöhnlichen Orten erleben?

von Liebes Leben - Warum will er Sex im Flugzeug? © Bild: Nathan Murrell

Belächeln Sie auch die Neigung von Pärchen in so mancher Hollywood-Szene, ihre Lust spontan und animalisch einfach überall hemmungslos auszuleben? Und halten das für eine Übertreibung des Drehbuchs? Anders gefragt: Kam es Ihnen auf einer Flugreise schon einmal in den Sinn, sich mit ihrem Partner oder Ihrer Partnerin in eine WC-Kabine einzuschließen, um nicht nur zu schunkeln und zu munkeln, sondern möglicher Weise überirdischen und galaktischen Sex zu haben? Warum tun Menschen das?

Diese Frage stellt sich auch bei Max und Margareta. Er packt sie am liebsten beim Kochen an den Hüften und flüstert ihr wollüstig zu, wie heiß der Anblick ihrer Figur in der Küchenschürze ihn gerade macht. Es könnte alles so schön sein, wenn, ja wenn Margareta in Situationen wie dieser denn ähnlich empfände wie ihr Gatte. Tut sie aber so ganz und gar nicht. Für sie ist die Küche für das Kochen bestimmt, da dampfen nur die Kochtöpfe. Dieser Ort bleibt der Zubereitung von Speisen vorbehalten, nicht dem Aufkochen erotischer Gefühle. Und Sex auf dem Küchentisch, wo sich die Familie zu den Mahlzeiten versammelt, oder in der Gartenlaube, wo die Fahrräder stehen, oder auf einem Waldspaziergang liegt Menschen wie Margareta nicht nur fern. Sie finden es insgeheim - und in der Fantasie - verlockend, aber zugleich auch unbequem, unhygienisch und vielleicht am Ende sogar "krank".

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Menschen wie Max wiederum erblühen regelrecht, wenn ein Alltagsszenario ganz spontan zweckentfremdet wird. Nicht von ungefähr spielen Pornofilme in Anwaltskanzleien, Arztpraxen, unter freiem Himmel, im Treppenhaus und dergleichen, wählen Drehbuchautoren Lokalitäten des Alltags dafür aus. Ein Motiv ist die Lust auf Abwechslung, gepaart mit einem Tabubruch: Solche Paare sind auf der Jagd nach starken Außenreizen, die ihre Lust wecken und weiter hochpushen. Oftmals sind das Menschen, die Tabus überwinden und Grenzen ausloten, um Adrenalin auszuschütten. Ein weiteres Motiv: Das Trauma des Verbotenen wird unbewusst wiederholt, um einen alten inneren Konflikt zu besänftigen. Max träumt noch immer von Sex mit einer Kollegin, die es mit ihm seinerzeit auf Parkbänken, im Büro und mit Vorliebe auf dem Autorücksitz machte.

Zu Beginn ihrer Liebe hatte Margareta mit Max einmal im Aufzug Sex gehabt -aber nur ausnahmsweise und ihm zuliebe. Und er? Hatte gemeint, in ihr die Traumfrau gefunden zu haben, mit der er die unterschiedlichsten Locations zu Gipfeln der Lust umfunktionieren konnte. Zu früh gefreut. Darum schauen Sie genau hin, welche Vorlieben und persönlichen Grenzen die Person hat, mit der Sie sich auf den Rest Ihres Lebens einlassen. Und das ist mein voller Ernst. Haben Sie einen Komplizen in Sachen "Liebesleben immer und überall", sind Sie wenigstens nicht allein vom Rausschmiss aus dem Flugzeug betroffen, wenn man Ihr unkonventionelles Verhalten per Schleudersitz sanktioniert.

Spaß beiseite. Am Küchentisch einmal anders "Tischlein deck dich" zu spielen, ist besonders in langfristigen Partnerschaften mithin gar nicht mal so daneben. Nachdem wir mittlerweile in Sachen Desinfizieren weltmeisterlich sind, sollte mit einem derartigen Zwischengang nicht nur niemand zu Schaden kommen -das kann sogar Appetit auf mehr machen, das Liebesleben in Gang bringen. Gerade in langjährigen Beziehungen wirken solch spontane Impulse, zumindest manchmal die "Komfortzone Bett" zu verlassen, wahre Wunder und können zu ungeahnten Höhenflügen führen.

Prof. Mag. Dr. Monika D. Wogrolly, Philosophin und Psychotherapeutin
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