"Schönheits-OPs sind
keine Frage des Alters"

Von wegen gelangweilte Millionärsgattin: Auch in Österreich sind Schönheitskorrekturen längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die renommierte Wiener Schönheitsmedizinerin Dr. Sabine Apfolterer erklärt im Interview, welche Behandlungsmethoden derzeit angesagt sind, und gibt einen Ausblick, welche Fortschritte in naher Zukunft Einzug halten werden.

von Beauty - "Schönheits-OPs sind
keine Frage des Alters" © Bild: iStockPhoto.com

Wo liegen denn eigentlich die größten Problemzonen von Herr und Frau Österreicher, sprich in welchen Bereichen finden die häufigsten Eingriffe statt?
Die häufigsten Eingriffe sind nach wie vor die „Klassiker“, also Brust-Operationen, Fettabsaugung, Korrektur der Oberlider und generell Eingriffe im Gesicht, egal ob operativ oder nichtoperativ.

Wie hoch ist der Anteil an Frauen, wie hoch der an Männern?
Das hat sich in den letzten Jahren wenig verändert. Der Männeranteil ist ein wenig angestiegen und wird derzeit bei geschätzten 15 Prozent liegen. Aber das hat lange gebraucht und wird meiner Ansicht nach auch bei 20% sein Plateau finden.

Provokant nachgehakt: Haben Männer mehr Angst vor Eingriffen als Frauen oder sind Frauen offenbar leichter zufriedenzustellen, was das Aussehen der Männer betrifft?
(Lacht) Ich glaube, es ist immer noch ein gewisses Rollenspiel da, dass man bei Männern in der Karriere die eine oder andere Falte leichter akzeptiert als bei Frauen, deswegen ist das nach wie vor kein großes Thema.
Man darf auch nicht vergessen, dass Zeitschriften und Werbung für Frauen generell deutlich präsenter sind als das bei Männern der Fall ist. Frauen steht dazu mehr Diskussionsgegenstand in den Medien zur Verfügung und deshalb glaube ich schon, dass das bei ihnen stärker in den Köpfen verankert ist. Man darf aber nicht vergessen, dass nicht nur das Angebot an Information, sondern auch das Angebot an Eingriffen größer ist.

Also ein gesellschaftliches Problem?
Ich denke schon. Insgesamt gesehen ist die Gesellschaft zwar schon so weit, dass auch die Männer insofern unter Druck geraten, dass sie gut trainiert und sportlich aussehen sollten. Dennoch ist es bei Männern eher seltener der Fall, dass sie bei dunklen Augenringen darauf angesprochen werden, ob sie überfordert sind.

»Man braucht also nicht glauben, dass in 5 Jahren 50 Prozent der ästhetischen Behandlungen an Männern ausgeführt wird«

Besteht eine Chance, dass sich der Männeranteil noch dem der Frauen annähert?
Es wird immer wichtiger, für beide Geschlechter. Die prozentuelle Verteilung wird sich bei Männern aber nur ganz langsam steigern lassen. Man braucht also nicht glauben, dass in 5 Jahren 50 Prozent der ästhetischen Behandlungen an Männern ausgeführt wird.

Kommt das eigentlich vor, dass Kunden zu Ihnen kommen und sagen: „Ich würde gerne aussehen wie XY“ oder „Ich hätte gerne die Nase von XY“?
Das ist in den USA wesentlich häufiger der Fall. In Österreich habe ich das ganz selten erlebt. Ich kann mich an einen Fall erinnern, wo ein Mann mit einem Foto von Brad Pitt zu mir gekommen ist. Sein Wunsch war leider nicht ganz zu erfüllen (lacht).
Viel häufiger passiert es, dass sich Kunden im Vorfeld im Internet erkundigt haben und mit konkreten Vorstellungen zum Aussehen an mich herantreten. Da geht es aber nicht um Promis, sondern ein konkretes Bild einer Person, die so aussieht, wie der Kunde es gerne hätte.

Wie darf man sich das mit den Kundenwünschen vorstellen? Hat Recht, wer zahlt oder kann es schon Einwände seitens des Arztes geben?
Es ist definitiv nicht so, dass Recht hat, wer zahlt. Ich versuche immer gemeinsam mit den Patienten zu erarbeiten, was sie sich wünschen und was davon möglich und umsetzbar ist. Deswegen befürworte ich das eigentlich sehr, wenn ein Patient mit einem Bild kommt, weil es viele nicht so gut beschreiben können. Es ist sehr wichtig, dass der Patient vor der OP weiß, was rauskommt, was erfüllbar ist und was nicht.

Wie darf man sich die Kundschaft einer Schönheitsklinik heutzutage vorstellen? Hält das Klischee von der Millionärsgattin noch, die sich aus Langeweile behandeln lässt?
Überhaupt nicht. Es ist zwar interessant zu beobachten, dass jeder Chirurg seine passende Klientel hat. Egal, welche Schönheitspraxis sie betreten, Sie werden immer unterschiedliche Klientel finden, weshalb die Frage nicht einfach zu beantworten ist.
Ich kann nur von meiner Kundschaft reden, die sehr breit aufgestellt ist. Und ich kann nicht sagen, dass ich sehr viele von diesen klischeeartigen Denver-Clan-Frauen in meiner Praxis hätte.

Das heißt, man darf sich das auch durchaus so vorstellen, dass Menschen mit kleinerem Einkommen zu Ihnen kommen, um sich einen Lebenstraum zu erfüllen, auf den sie auch durchaus länger hinsparen müssen?
Das ist sogar eher Standard als Ausnahme. Kunden verzichten in so einem Fall auch mal auf einen Urlaub oder nehmen einen kleinen Kredit auf, um sich diesen Wunsch erfüllen zu können. Meistens sind es dann auch einzelne Operationen und einzelne Problemzonen, die sie behoben haben möchten. Und wenn das erledigt ist, sind sie auch glücklich.

»Schönheits-OPs sind keine Frage des Alters«

Ab welchem Alter würden Sie Eingriffe in den natürlichen Verlauf der Schönheit empfehlen?
Für rein ästhetische Operationen gibt es die gesetzliche Regelung, dass sie erst ab dem vollendeten 18. Lebensjahr durchgeführt werden dürfen. Es gibt aber Ausnahmen, wo man schon früher operiert, zum Beispiel Mädchen mit extrem großen Brüsten, die seelisch und körperlich darunter leiden.
Ab dem vollendeten 18. Lebensjahr kommt es wirklich darauf an, wie reif der Mensch ist. Es gibt Leute, die schon sehr früh genau wissen, was sie wollen, die Risiken abschätzen können und das nicht nur aus einer Laune heraus machen. Umgekehrt gibt es auch ältere Menschen, wo man sich denkt, dass ihr Wunsch eines Eingriffs nur eine flüchtige Idee sein dürfte, die morgen vielleicht anders ausschauen könnte. Schönheits-OPs sind keine Frage des Alters.

Werden Ihre Kundinnen immer jünger? Wie haben sich die Wünsche oder Ideale im Zeitalter von Instagram und Co verändert?
Ich glaube schon, dass sich in den letzten Jahren etwas verändert hat. Ich habe aber tatsächlich sehr wenige Patienten, die dem Instagram-Hype nacheifern, und sich größere Augen, kleine Stupsnase und einen volleren Mund wünschen. Wenn es Patientinnen sind, die sehr jung sind, dann sind es meistens Fälle, die überhaupt keinen Busen oder einen zu großen Busen haben. Es geht also um ein gezieltes Problem, das medizinischer und psychischer Natur ist und nicht mit einem Ideal auf Social Media zu tun hat.
Was ich auch merke, dass Frauen zum Glück schon etwas früher kommen und nicht erst mit 50, und dann glauben um viele Jahre verjüngt werden zu können. Frauen kommen schon ab 30, weil sie erste Alterungsanzeichen sehen und den Wunsch haben, den Alterungsprozess in kleineren Schritten hinauszuzögern, um sich nicht später einem großen Eingriff zu unterziehen. Das funktioniert wunderbar.

Ist Hollywood noch der Maßstab für Schönheits-Trends?
Hollywood hat da sicherlich eingebüßt. Insbesondere Streaming-Plattformen wie Netflix haben da in den letzten Jahren zunehmend an Einfluss gewonnen. Dennoch gibt es nach wie vor Trends aus den USA, die zumindest auf Europa übergreifen, wie beispielsweise das Brazilian Buttlifting, also die Po-Vergrößerung mit Eigenfett. Neue technische Geräte kommen häufig aus den USA, um mit der Radiofrequenztherapie oder Microneedling zwei Beispiele zu nennen. Mittlerweile kommen aber auch aus dem asiatischen Raum Methoden zu uns wie etwa bestimmte Fadentechniken.

Was darf man sich da konkret darunter vorstellen?
Das sind Fadenlifts, also man zieht einzelne Fäden mit oder ohne Widerhäkchen ein, um einen gewissen Collagenaufbau und Lifting-Effekt zu erzielen. Das findet vorwiegend im Gesichts-, kann aber auch im Körperbereich stattfinden.

Was hatte in den letzten Jahren aus technologischer Sicht den größten Einfluss auf die Schönheitschirurgie?
Die letzten Trends der Schönheitschirurgie kann man in drei Punkten gut zusammenfassen. Damit sind Kombination, Expertise und High-Tech gemeint.

»Die klassischen Facelifts (...) macht man heutzutage nicht mehr«

Was kann man sich unter Kombination vorstellen?
Egal, ob das nichtchirurgische Eingriffe oder Operationen betrifft, sind sogenannte Kombinationsbehandlungen sehr in. Früher hat man viel mit Filler gemacht, also mit Hyaluronsäure, wo das Gesicht aufgefüllt worden ist. Das Resultat waren meist diese ballonartigen, gleichaussehenden Einheitsgesichter. In den USA leider auch ganz klassisch bei einigen Hollywoodstars wie Meg Ryan gut zu sehen: Die klassischen Facelifts, wo man alles so gut es geht nach hinten spannt. Das macht man heutzutage nicht mehr.
Vielmehr schaut man sich jetzt an, dass Alterungsprozess nicht nur in Volumenverlust oder Absinken des Gewebes resultiert, sondern auch in einer Hautoberflächenveränderung. Dementsprechend ist auch diesen drei Problemen entgegenzuwirken. Dafür gibt es dann durchaus unterschiedliche Sets an Methoden, um ans Behandlungsziel zu kommen. Diese Kombinationen, um einen besseren, aber gleichzeitig auch natürlicheren Effekt zu erzielen, liegen besonders im Trend.

Und Expertise?
Damit meine ich, dass sehr viele plastische Chirurgen in der Ästhetik auch einzelne Spezialgebiete fokussiert haben, in meinem Fall sind das beispielsweise Straffungsoperationen, Gesichtschirurgie und Intimchirurgie.

Wäre es zutreffend zu behaupten, dass die Chirurgie zunehmend von nichtoperativen Methoden flankiert wird, aber nicht ersetzt?
Davon bin ich eine ganz große Befürworterin. Es gibt durchaus Kollegen, die das anders sehen und behaupten, dass es in 10 Jahren kein klassisches Facelift mehr geben würde. Das glaube ich nicht. Genau diese Kombination macht es aus und man darf auch nicht vergessen, dass man manche Dinge nur operieren kann.

Kann man operative und nichtoperative Eingriffe überhaupt gegeneinander abwägen?
Nein, das geht überhaupt nicht. Es wird auch in naher Zukunft keinen nicht-invasiven Eingriff geben, der eine Operation ersetzen könnte. Man kann aber durch nicht-operative Maßnahmen sehr wohl einen operativen Eingriff hinauszögern, das geht schon, gerade im Gesichtsbereich.

Ist es nicht so, dass nichtoperative Eingriffe für Betreiber von Schönheitspraxen auch von Interesse sein könnten, weil der Kostenaufwand niedriger ausfallen müsste als für einen OP-Betrieb?
Das kommt sehr darauf an, wie man es sieht. Man könnte natürlich sagen, dass man nur mit Botox, Filler und Fäden arbeitet, dann wäre es eine durchaus nicht unrichtige Sache. Nimmt man einen CO2-Laser, das Radiofrequenz-Gerät, das Cool-Sculpting-Gerät und möglicherweise auch das Miradry-Equipment, wo ein Gerät alleine 60.000 Euro kostet, dann dauert das schon seine Zeit, bis man das Geld wieder eingespielt hat. Mietet man sich zum Vergleich in einer Klinik ein und macht Standard-OPs, ist auch das oft kostendeckend.
Es gibt aber schon den Trend, dass es im Vergleich zu ästhetischen Ärzten nicht so viele plastische Chirurgen gibt. Das heißt, es kann ja jeder nichtplastische Chirurg auch ästhetischer Arzt werden und der kann dann ein Facelift zwar nicht operieren, aber Fillern traut er sich zu.

»Radiofrequenz wird in den nächsten Jahren ein großes Thema für Hautstraffung sein«

Mit welchen technologischen Fortschritten darf man in den kommenden Jahren rechnen? Was ist quasi „the next big thing“?
Ich finde High-Tech sehr wichtig in der Medizin, das fängt beim 3D-Scan zum Simulieren der Operationsergebnisse an, gerade bei Nase und Brust eine tolle Sache. In Kombination mit Microneedling wird Radiofrequenz in den nächsten Jahren ein großes Thema für Hautstraffung sein. Dabei sticht man viele Nadeln durch die Haut und in der Tiefe gibt man einen Radiofrequenzimpuls ab, was einen Straffungseffekt bewirkt.
Ein Favorit von mir ist Renuvion. Das gibt es an sich schon lange in der Herz- und Allgemeinchirurgie, wird seit einigen Jahren in Kombination mit Fettabsaugung aber auch zur Hautstraffung von innen eingesetzt oder zur Hautoberflächenerneuerung. Abgesehen von einer operativen Straffung erzielt man mit Renuvion sicherlich das beste Ergebnis.
Eine weitere interessante Methode ist Magnetfeldbehandlung. Ähnlich wie beim EMS-Training werden Magnetfeldimpulse zur Muskelstimulation eingesetzt, wodurch es an entsprechender Stelle zu einem Lifting-Effekt kommt.

Welche Schritte empfehlen Sie generell bei der Wahl des richtigen Arztes?
Das Wichtigste ist immer noch die Mundpropaganda. Zum Glück ist es so, dass jeder meiner Patienten jemanden kennt, der schon bei mir in Behandlung war.
Natürlich kann man sich im Internet mit Bedacht auf Plattformen wie DocFinder umschauen, weil nicht jeder Anbieter ehrlich ist. Aber wie bei Amazon bekommt man dort mit der Zeit ein Gefühl dafür, was echte Bewertungen sind und was nicht.
Nicht erspart bleibt einem der Schritt zum Arzt und dann sein Bauchgefühl entscheiden zu lassen: Hat er mich gut beraten? Hab ich das Gefühl, dass er mich verstanden hat? Wurde ich über Risiken gut aufgeklärt? Hat mir der Arzt Alternativen aufgezeigt? Kann man diese Fragen positiv beantworten, wird man sich für den richtigen Arzt entschieden haben.

Zur Person: Dr. Sabine Apfolterer ist Wiener Fachärztin für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie und international anerkannte Expertin für die individuelle Schönheit von Frauen. Mehr Informationen erfahren Sie unter www.dieschoenheitschirurgin.at

Disclaimer: Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. News.at macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.