Küche mit Style

Großflächige Fronten, gern weiß lackiert und unbedingt ohne Griffe: Wer heutzutage eine Küche plant, entscheidet sich in der Regel für den Einheitslook. Nur eine Minderheit schwingt den Kochlöffel in einer Küche aus Beton oder Schwarzstahl.

von Küche © Bild: DanKüchen

Nein, eine Küche speziell für Vegetarier habe er noch nie verkauft, schüttelt Ernst Keglevits energisch den Kopf, um gleich darauf sicherheitshalber noch einmal nachzufragen: Was soll das überhaupt sein? Seit 28 Jahren plant und verkauft Keglevits in seinem Küchenstudio auf der Wiener Gumpendorfer Straße Küchen. Aber das es einen Markt für Vegetarierküchen gibt, kann er nicht so recht glauben. Doch es gibt sie, die "Vooking"(ein Wortspiel mit Vegetarian Cooking), die erste Küche, die Rücksicht auf die speziellen Kochvorgänge beim vegetarischen Kochen nimmt. Das heißt: Mehr waschen, mehr schneiden, mehr vorbereiten. Ein Team aus drei Designern, einem Koch und einem Tischler hat sie entwickelt. Der Prototyp steht bei der SFK Tischler Manufaktur in Kirchham bei Vorchdorf.

"Die Küche wurde für Vegetarier optimiert. Aber natürlich darf und kann auch ein Fleischesser darin kochen", sagt Möbeldesigner Stefan Radinger, der mit Hand angelegt hat. Ins Auge sticht beispielsweise eine riesige Gewürz-Unit, die Platz für 36 Gewürze bietet. Es gibt extragroße Schneidetische, eine integrierte Getreidemühle mit Waage und einen in die Tischplatte eingearbeiteten Mörser. Der Kühlschrank wartet mit speziellen Kühlzonen für Sprossen und Gemüse sowie einem Schockfroster auf. Bei Bedarf kann auch ein sogenanntes Farming-Modul aufgestellt werden. Dahinter steckt ein Schrank, der mit Wachstums-LED-Leuchten sowie einem Lüftungssystem ausgestattet ist und den Anbau frischer Kräuter und Gewürze ermöglichen soll. Eine Serienproduktion der "Vooking" ist durchaus angedacht. "Im Zuge der Präsentation vor einem Jahr hatten wir 30 bis 40 konkrete Kaufanfragen", sagt Radinger. "Aber wir sind Designer und keine Hersteller. Es braucht die richtigen Partner, die die Küche mit-und weiterentwickeln."

Ab 1.500 Euro

Jene, die sich für eine Küche ohne besonderen Schnickschnack entscheiden, geben durchschnittlich zwischen 4.000 und 5.000 Euro dafür aus, zeigt der aktuelle Branchenradar von Kreutzer Fischer & Partner. "Das ist nicht so viel, wie man immer glaubt", sagt Andreas Kreutzer. Hinzu kommt: In Mietwohnungen ist meist eine Küche eingebaut - in der Regel kein Designerstück, sondern eher eine Küche aus der Preiseinstiegsklasse, wie es im Jargon heißt. Kostenpunkt: 1.500 bis 2.000 Euro. "Küchen haben in den vergangenen Jahren im gesamten Möbelumfeld an Bedeutung gewonnen", sagt Kreutzer. "Vor allem im Neubau werden Küchen immer öfter in den Wohnbereich integriert. Da ist es auch wichtig, dass die Küche designmäßig mitspielt. Die Nachfrage nach Küchen ist steigend. Und die Leute sind bereit, mehr Geld zu investieren", sagt Kreutzer, der den Markt Jahr für Jahr unter die Lupe nimmt.

Küche
© Ikea.at Essen, trinken, reden - und natürlich kochen: Eine Kücheninsel bietet viele Vorteile und ist aus neu geplanten Küchen nicht mehr wegzudenken

Insgesamt wurden im Vorjahr in Österreich rund 179.000 Küchen verkauft -ein Plus von 3,4 Prozent. Etwa 42.300 Küchen wurden in neu errichteten Wohnungen und Eigenheimen montiert; 136.700 gegen bestehende Küchen getauscht. Auf der Möbelmeile Gumpendorfer Straße buhlen gleich fünf Studios um die Gunst dieser Kundschaft. Durchschnittlich 20.000 Euro blättern jene Kunden hin, die sich in dem kleinen, aber feinen Küchenstudio von Ernst Keglevits und seinem Team ihre Traumküche planen lassen. Rund 150 Küchen sind das pro Jahr. Hier und da verkauft er auch mal eine Küche um 60.000 Euro. "Das Material macht den Unterschied. Eine normale Arbeitsplatte kostet fast nichts. Für eine Platte aus Keramik müssen sie allein mit 10.000 Euro rechnen."

Auch Keglevits bestätigt, dass die Küche längst in den Mittelpunkt der Wohnung gerückt ist. Fast jede zweite Küche, die er plant, verfügt über eine separate Kochinsel. "Zu meiner Zeit hat sich niemand vorstellen können, die Frau in eine offene Küche zu stellen. Das war ein geschlossener Raum, der maximal eine Durchreiche hatte", schmunzelt der 60-Jährige. "Heute planen die Frauen die Küche."

Farblicher Einheitslook

Und die legen Wert auf großflächige Fronten ohne Griffe und glänzende Oberflächen. Der "Landhausstil" ist ebenso out wie eine Küche mit offenen und vor allem vielen Regalen. "Das ist mittlerweile verpönt. Niemand hat Zeit und Lust, Regale abzuwischen", sagt Keglevits. Auch bei der Farbgestaltung dominiert der Einheitslook: "Weiß und Creme, vielleicht ein bisschen Grau -das ist es." Jene giftgrüne Küche, die Keglevits in seinem Studio stehen hat, konnte er jedenfalls noch keinem Kunden schmackhaft machen. "Bei der Optik kann ich wenig bestimmen. Ich kann die Kunden leiten. Aber glücklich müssen die sein, die in der Küche wohnen."

Küche
© Ikea Fronten werden hin und wieder auch im Metall-Look gestaltet - von dezentem Silber bis hin zu "Rostoptik"

Soll oder muss eine neue Küche her, werden in der Regel zwischen fünf und zehn Möbelhändler und Küchenstudios abgeklappert, ehe für einen Anbieter entschieden wird. Während die Farbe vor allem Geschmackssache ist, beeinflusst die Planung die Arbeit in der künftigen Küche wesentlich. Die Anordnung der Geräte entscheidet über "Gehwege". Auch haben Rechtshänder andere Abläufe als Linkshänder. Für alle gilt: Der wichtigste Bereich ist zwischen Herd und Abwasch. "Wenn diese Arbeitsfläche groß genug ist, haben sie viel gewonnen. In einer schlecht organisierten Küche arbeiten die Leute bis zu einer Stunde länger", weiß Keglevits. Nachsatz: "Okay, heute ist das vielleicht nicht mehr ganz so lang. Wir reißen ja in der Küche meist nur noch Packerl auf."

Apropos Arbeitsfläche: Hier dominieren aktuell Oberflächen aus Stein, Kunststein und Keramik. Der Anteil von Holzoberflächen ist mittlerweile verschwindend gering. Begründung: Die Pflege ist viel zu aufwendig. "Eine Holzplatte schaut nach fünf Jahren grauslich aus", findet Keglevits. "Und die Arbeit, die Platte abzuschleifen, tut sich ja keiner an." Bei der Küchenrückwand haben Fliesenspiegel ausgedient. Stattdessen dominieren Glas, Stein und Keramik.

Zeitlos schön

Doch der Einheitslook - glatte Oberflächen, neutrale Farben, schlichte Formen - macht den Küchenplanern freilich auch das Leben schwer. Denn während die Küchengeräte, die sogenannte Weißware, in einem Küchenleben öfter ausgetauscht werden, bleibt die Küche aufgrund des zeitlosen Design oft Jahrzehnte in der Wohnung stehen. "Wenn es keine Scheidungen gäbe, könnten wir zusperren", schmunzelt Keglevits. Denn in der Regel hat die "Neue" wenig Freude mit der Küche der Vorgängerin - also muss eine neue Küche her.

Wer nicht nur eine neue Küche sucht, sondern gleich ein Design-Schmuckstück haben will, der ist bei Martin Steininger gut aufgehoben. In seinem exklusiven Showroom am Wiener Schubertring präsentiert er Küchenmodelle, die speziell für eine kleine, exklusive Käuferschar designt werden. Küchen, bei denen Beton, Naturstein, Stahl und Aluminium dominieren. Demnächst kommt ein Küchenblock aus Schwarzstahl auf den Markt. Kostenpunkt: ab 35.000 Euro aufwärts. Exklusive Modelle kosten zwischen 100.000 und 120.000 Euro. "Wir bedienen einen Nischenmarkt, keine Frage", sagt Steininger. "Unsere Kunden suchen nicht den Mainstream, sondern legen Wert auf Design." Allein als Schmuckstück sind die Küchen freilich nicht gedacht. "Unsere Küchen sind natürlich zum Kochen da. Wir legen großen Wert auf Funktionalität."

Showroom von Steininger.Designers
© steininger-designers.at Im Showroom von Steininger.Designers in Wien werden spezielle Küchen präsentiert, bei denen Materialien wie Beton, Naturstein, Stahl und Aluminium dominieren

Seit 1933 verbindet die Manufaktur Steininger in St. Martin in Oberösterreich, mittlerweile in der dritten Generation, traditionelle Handwerkskunst und innovative Herstellungstechniken mit kosmopolitischem Design. Etwa 50 Küchen werden hier pro Jahr gefertigt. Immer öfter werden sie auch in den Libanon ausgeliefert, der sich zu einem wichtigen Markt entwickelt hat. Simple Begründung: "Die stehen auf Küchen aus Beton."

Auch in Steiningers Küchen kommt der Küchenschrank in Form einer Wand daher. Geräte verschwinden hinter einer Fläche. "Mit ist es wichtig, den Raum als solchen wahrzunehmen und nicht die Küche." Der Arbeitsbereich wird vom Staubereich separiert und in Form einer Kochinsel bespielt. Gern designt Steininger seine Küchen aber auch als einen einzigen Block, der beispielsweise auf 2,2 Meter alles beinhaltet, was man zum Kochen braucht. Platz und eine gut gefüllte Geldbörse vorausgesetzt, kann dieser Küchenblock auch durchaus größer ausfallen. "Vor zwei Jahren haben wir eine Betonküche designt, die aus einem einzigen Block mit knapp neun Meter Länge bestand. Auch wenn die Betonschicht selbst nur acht Millimeter ist, hat das Teil 1.000 Kilo gewogen und war logistisch eine ziemliche Herausforderung", erzählt Steininger. Die Küche wurde letztlich mit einem Kran an ihren Bestimmungsort gebracht.

Der erste Kratzer tut weh

Doch egal, ob der Kunde sich nur für ein preisgünstiges Einstiegsmodell oder einen echten Hingucker entscheidet, die Klassiker-Küchenfrage stellt sich für jeden Käufer in spe: Kann ich einen heißen Topf auf der Arbeitsplatte abstellen? Auch Martin Steininger bekommt die Frage oft gestellt. "Viele Materialien sind dafür nicht geeignet. Wenn das dem Kunden wichtig ist, gibt es spezielles Material, das das erfüllt. Aber es gibt nicht ein Material für alles." Das zeigt sich auch bei den diversen Oberflächen: Egal, ob Beton, Kunststoff oder Holz - jedes Material ist mehr oder minder heikel. "Der erste Kratzer tut weh", weiß Steininger und beruhigt zugleich. "Aber nach einem halben Jahr fragt danach keiner mehr."