Wie bringe ich dem Kind den Umgang mit Geld bei?

Das Kind will immer nur "haben haben haben". Dass alles etwas kostet, muss es erst lernen. Aber ab wann? Wie? Und was wird hier in den Schulen verabsäumt? Expertin Lena Gugenberger gibt Auskunft.

von Kind Geld © Bild: iStockphoto/Andrew Rich

Ab wann soll Finanz-Erziehung bei Kindern beginnen?

Gewohnheiten, die den späteren Umgang mit Geld prägen, entwickelt man schon sehr früh. Daher ist es nie zu früh mit Kindern über das Geld zu sprechen – bereits im Kindergartenalter kann man Themen wie Einkaufen, Einkommen etc. altersgerecht und lebensnah diskutieren. Noch wichtiger als Zahlen und Fakten ist es in diesem Alter, über Werte und Prioritäten zu sprechen: Was ist wertvoll? Kann man alles Wertvolle mit Geld kaufen? Macht Geld glücklich? All das sind Fragen, zu denen bereits junge Kinder etwas zu sagen haben und die ihnen schon früh zeigen, dass Geld zwar wichtig und beinahe omnipräsent ist, aber eben nicht die Glücksquelle im Leben darstellt.

Wie stark schauen sich Kinder den Umgang mit Geld bei den Eltern ab?

Studien zeigen, dass die Familie der wichtigste Ort für die Vermittlung eines guten Umgangs mit Geld ist. Zusätzlich ist belegt, dass gerade junge Kinder Dinge des täglichen Lebens vor allem durch Imitation lernen. Daraus lässt sich also schließen, dass Kinder ihren eigenen Umgang mit Geld direkt von ihren Eltern lernen, die Vorbildwirkung also immense Bedeutung hat. Wenn man seinem Kind einen guten Umgang mit Geld vermitteln will, ist der logische erste Schritt, sein eigenes Geldverhalten zu reflektieren und eventuell auch zu verbessern. Denn nur, wenn man sein eigenes Geldverhalten versteht, kann man Tipps und Tricks auch kompetent weitergeben.

»Es ist sehr wichtig, in der Familie offen über das Thema zu sprechen und dem Kind mitzugeben, dass Geld eben kein Tabuthema ist. «

Sollen Kinder wissen, wieviel ihre Eltern verdienen?

Hier geht es neben der Imitation um einen zweiten wichtigen Punkt bei der Vermittlung eines guten Umgangs mit Geld – Offenheit. Entgegen der allgemeinen Meinung, dass man über Geld nicht spricht, ist es sehr wichtig, gerade in der Familie offen über das Thema zu sprechen und dem Kind mitzugeben, dass Geld eben kein Tabuthema ist. Hierzu gehört auch die Frage nach dem Gehalt. Natürlich ist es nicht unbedingt nötig, dass ein Kindergartenkind bereits weiß, wieviel ein Elternteil verdient. Aber es soll fragen dürfen und auch eine Antwort bekommen. Schließlich ist es für Kinder wichtig zu verstehen, warum Eltern arbeiten gehen, dass Arbeit mit Geld verbunden ist bzw. umgekehrt Geld von Arbeit kommt. Sobald Kinder dann ein Verständnis für größere Geldbeträge haben, kann man auch dieses Thema offen ansprechen und zum Beispiel in Zusammenhang mit Lebenshaltungskosten oder Berufswünschen diskutieren.

Warum ist Finanzbildung überhaupt wichtig?
"Geld beeinflusst beinahe alle Bereiche unseres Lebens und eine Vielzahl unserer Entscheidungen. Deshalb ist der Umgang mit Geld lebensentscheidend. Wir sehen in umfassender Finanzbildung einen der größten Hebel für Selbstbestimmung, Chancengleichheit und eine gesunde Volkswirtschaft." (Lena Gugenberger, Three Coins)

Ab wann würden Sie den Taschengeld-Start empfehlen?

Vorab lässt sich sagen, dass Taschengeld ein sehr wichtiges Mittel der Finanzbildung ist. Durch Taschengeld lernen Kinder reflektierte Entscheidungen zu treffen, zu budgetieren, zu planen und zu vergleichen. Sie machen Fehler und lernen daraus und sie erleben eine Steigerung ihres Selbstwerts und ihrer Selbstwirksamkeit. Ab wann genau ein Kind Taschengeld bekommen sollte, hängt von der individuellen und familiären Situation ab.

Generell gilt hier als Orientierungspunkt die Einschulung. Zu diesem Zeitpunkt hat ein Kind in der Regel die kognitiven Fähigkeiten, um mit dem eigenen Taschengeld zu wirtschaften. Bevor das Taschengeld zum ersten Mal ausbezahlt wird, sollte man mit dem Kind gemeinsam vereinbaren, wie viel Taschengeld bezahlt wird, welche Kosten damit abgedeckt werden müssen und ob es Möglichkeiten des Zuverdienstes gibt. Zusätzlich ist es wichtig zu beachten, dass das vereinbarte Taschengeld regelmäßig, unaufgefordert und bedingungslos ausgezahlt wird und es keinen Vorschuss auf Taschengeld gibt.

»Studien belegen, dass Buben im Schnitt rund 15 Prozent mehr Taschengeld bekommen als Mädchen.«

Wie viel Taschengeld ist in welchem Alter angebracht?

Auch die Höhe des Taschengeldes ist abhängig von der familiären Situation. Als Richtwert werden bei Kindern im Alter zwischen sechs und neun Jahren ein bis vier Euro pro Woche empfohlen. Ein Hinweis dazu noch am Rande: Studien belegen, dass Buben im Schnitt rund 15 Prozent mehr Taschengeld bekommen als Mädchen. Hier gilt es also genau auf Ausgewogenheit zu achten.

Ab wann soll man sich auf Verhandlungen mit den Kindern einlassen - etwa bei der Höhe des Taschengeldes?

Sinnvolle Finanzbildung muss anhand von Lebensphasen und Lebensmomenten gedacht werden – und dementsprechend ist auch klar, dass Jugendliche mehr Möglichkeiten haben, um (finanzielle) Entscheidungen zu treffen als Volksschüler*innen. Daher sollte man bei Taschengeldverhandlungen darauf achten, dass der Spielraum altersgerecht ist und im Dialog gemeinsam ergründen, wofür es benötigt wird sowie was die konkreten Wünsche und Bedürfnisse bzw. Ziele des Kindes sind.

Ab wann soll das Taschengeld monatlich statt wöchentlich ausbezahlt werden?

Gerade zu Beginn empfiehlt sich die wöchentliche Auszahlung in bar, um den Betrag und den Zeithorizont überschaubar zu halten. Ab der Sekundarstufe (also ab ca. 10 Jahren) kann dann auf eine monatliche Zahlung sowie – unter Begleitung der Eltern – auf die Überweisung auf ein Kinderkonto umgestellt werden. So erfolgt der Umstieg auf einen längeren Zeitraum – Kinder haben dadurch mehr Freiraum zum Budgetieren, müssen aber auch längere Zeiträume überblicken und dadurch geplanter mit dem Taschengeld auskommen.

Zusätzlich lernen sie dadurch den Umgang mit virtuellem Geld und erwerben grundlegendes Wissen zum Funktionieren von Konto, Banken, Zinsen etc. Wichtig ist dabei aber, wie schon gesagt, gerade zu Beginn die Begleitung durch einen Erwachsenen – mit dem zum Beispiel monatlich der Kontoauszug durchgeschaut wird, die Ausgaben in „Brauchen“ und „Wollen“ gemeinsam unterteilt werden etc.

Das Taschengeld soll ja völlig zur freien Verfügung sein. Wann sollen Eltern aber vielleicht doch eingreifen?

Das stimmt – einer der Grundsätze von Taschengeld ist es, dass es Kindern zur freien Verfügung steht. Das bedeutet auch, dass sie ihre eigenen Fehler machen dürfen. Klarerweise ist es für Eltern manchmal nicht leicht dabei zuzusehen. Kindern diese Freiheit zu gewähren, heißt aber nicht, dass man nicht über das Thema sprechen darf. Im Gegenteil! Wenn ein Kind zum Beispiel dazu tendiert, das gesamte Taschengeld sofort auszugeben, hilft es vielleicht, gemeinsam ein Sparziel und passende Sparraten zu definieren.

Wenn das Geld für Dinge ausgegeben wird, die Eltern nicht als sinnvoll erachten, kann man mit dem Kind über Gründe für die Kaufentscheidung sprechen und gemeinsam Alternativen finden. Wenn das Taschengeld immer schon nach zwei Tagen weg ist, könnte eine Lösung sein, gemeinsam Tagesbudgets zu definieren. Wichtig ist es dabei, keinen Druck auszuüben, sondern mit dem Kind gemeinsam Entscheidungen und Verhaltensweisen zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen.

Wie lehrt man Kindern den richtigen Umgang mit Geld im virtuellen Raum – und ab wann?

Wie bei allen anderen Geldthemen auch, sollte man Geld im virtuellen Raum ansprechen, sobald es in der Lebensrealität des Kindes relevant ist. Und das ist häufig sehr früh. Heutzutage geben bereits Volksschüler*innen ihr Taschengeld für In-App-Käufe in Handyspielen aus. Hier gilt es, dem Kind bewusst zu machen, dass auch bei virtuellen Spielen reales Geld ausgegeben wird und welchen Gegenwert es in der „wirklichen“ Welt hat sowie die Möglichkeit zu thematisieren, dass die virtuellen Werte einfach verschwinden (z.B., wenn das Spiel aus dem App-Store genommen wird). Dabei geht es keinesfalls darum, virtuellen Konsum ganz zu unterbinden - auch ein Eis ist weg, wenn es mal gegessen ist -, sondern ein Bewusstsein für die Unterschiede zwischen virtuellen und physischen Gütern zu schaffen und den Wert zu hinterfragen.

Ab wann sollen Kinder unterscheiden können zwischen unerreichbaren Wünschen und Wünsche, die man sich ersparen kann? Und Preise und Angebote einschätzen können?

Wie bereits erwähnt, gehört das Setzen und Erreichen von Sparzielen zu den Grundpfeilern eines guten Umgangs mit Geld. Mit ersten kleinen Zielen kann man durchaus schon im Volksschulalter beginnen. Gemeinsam mit dem Alter, der Höhe des Taschengeldbetrags sowie der Preise der Wünsche erhöhen sich dann automatisch die Sparziele. Um Beträge in Relation zu setzen, empfiehlt sich ein Vergleich mit etwas aus der Lebensrealität des Kindes. Wenn sich eine Sechsjährige oder ein Sechsjähriger zum Beispiel sehnlichst einen Porsche wünscht, hilft es durchaus zu erklären, wie lange Eltern dafür arbeiten müssten bzw. den Vergleich zwischen einem Auto als Gebrauchsgegenstand und einem Luxusgut zu thematisieren.

Kann man bei größeren Kindern/Teenagern noch nachholen, was in Sachen Finanzbildung bis dahin verabsäumt wurde?

Da Kinder schon von Anfang an durch Beobachtung und Imitation lernen, haben auch ältere Kinder sicher von ihrem Umfeld bereits etwas über den Umgang mit Geld gelernt, auch wenn das Thema nicht direkt angesprochen wurde. Um sich bewusster und intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen gilt zwar, dass man nie zu früh damit beginnen kann, es aber auch nie zu spät ist. Wichtig ist in jedem Alter Offenheit und der Bezug zur Lebensrealität.

Wie umfassend wird das Thema Finanzbildung in der Schule behandelt?

Strukturell ist das Thema Finanzbildung im österreichischen Lehrplan leider kaum verankert. Kinder lernen also derzeit die weltwirtschaftlichen Zusammenhänge (was durchaus auch seine Berechtigung hat), aber nichts über die eigene Geldbörse. Bei dem von Three Coins, der ERSTE Stiftung und der Wirtschaftsuniversität Wien initiierten Finanzbildungspreis KARDEA! ist aber zu beobachten, dass viele Lehrkräfte sich in Eigeninitiative dieses Themas annehmen und es auf kreative, innovative Weise vermitteln. Zusätzlich ist aktuell eine nationale Strategie für Finanzbildung in Entwicklung, in der auch die schulische Finanzbildung zum Thema gemacht wird.

»Es sollte keine Glückssache sein, ob ein Kind sich in der Schule mit dem eigenen Geldverhalten beschäftigt oder nicht. «

Bräuchte es ein eigenes Schulfach dazu? Ab welchem Alter wäre es angebracht?

Studien belegen, dass Finanzbildung vererbt wird – zum Nachteil von Kindern aus finanziell angespannten Verhältnissen. Die Schule ist der ideale Ort, um dieser Ungleichheit zu begegnen und Finanzbildung zu vermitteln. Daher sollte es keine Glückssache sein, ob ein Kind sich in der Schule mit dem eigenen Geldverhalten beschäftigt oder nicht. Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass man bereits mit Volksschüler*innen vorzüglich über gewisse Aspekte des Themenkreises diskutieren kann. Von daher empfiehlt sich die Integration in den Lehrplan schon ab der 1. Klasse. Diesem wichtigen Thema genügend Raum im Unterricht zu geben kann mehrere Formen annehmen: ob fächerübergreifend als Modul oder als eigenes Fach „Wirtschaft und Finanzen“. Wichtig ist, dass sich bald etwas tut.

Welche Themengebiete sollte der Unterricht beinhalten?

Aus unserer Erfahrung empfiehlt sich für die Vermittlung von Finanzbildung ein spielerischer, lebensnaher und verhaltensorientierter didaktischer Ansatz. Thematisch wären sicher grundlegende Themenbereiche, wie das Nachdenken über eigene Einstellungen, Werte und Prioritäten, Wege, um den Überblick über die eigenen Einnahmen und Ausgaben zu behalten, die Förderung eines reflektierten Konsumverhaltens, das Etablieren einer Gewohnheit zu sparen etc. prioritär.

Was würden Sie gerne vielen Erwachsenen raten zu lernen? Was machen viele Erwachsene im Umgang mit Geld falsch?

Im Sinne des lebenslangen Lernens kann sicher jede und jeder den eigenen Umgang mit Geld noch verbessern. Wenn man sich noch nie bewusst mit dem Thema beschäftigt hat, empfehlen wir das Führen einer detaillierten Einnahmen-Ausgaben-Liste zumindest über einen gewissen Zeitraum hinweg (je länger, desto besser). Die Auswertung davon kann man dann sehr leicht mit den eigenen Prioritäten und Werten abgleichen und gegebenenfalls das Ausgabeverhalten abändern, wo es diesen Werten nicht entspricht. Auch die Frage „Brauche ich das oder will ich es?“ vor jedem Kauf ist eine sehr wirkungsvolle, wenn es um reflektierten Konsum geht. Grundlegend ist auch das Setzen von mittel- und langfristigen finanziellen Zielen, insbesondere im Hinblick auf Altersvorsorge und Notgroschen. Am wichtigsten ist und bleibt aber etwas vermeintlich sehr Einfaches: Sprechen Sie offen über Geld! Brechen wir gemeinsam das Tabu um dieses Thema.

Lena Gugenberger ist Expertin für das Thema beim Unternehmen Three Coins, ein Sozialunternehmen, das Finanzbildungsprojekte entwickelt und umsetzt. Es folgt der Überzeugung, dass ein guter Umgang mit Geld einer der größten Hebel für Selbstbestimmung, Chancengleichheit und eine gesunde Volkswirtschaft ist. Deshalb vermitteln Three Coins Finanzkompetenz so vielen Menschen wie möglich auf lebensnahe und wirkungsvolle Weise. Um das zu erreichen, wird mit der öffentlichen Hand, NGOs und privaten Organisationen zusammengearbeitet. Das Angebot umfasst Beratung, Workshops und Formatentwicklung, wie z.B. E-Learning-Tools, Spiele und Bewusstseinskampagnen.