Die Hölle hinter Gittern

Ein Ex-Häftling packt über die unfassbaren Zustände in Österreichs Gefängnissen aus.

von Hölle hinter Gittern © Bild: Markus Deak

Misstände, über die Jürgen S., der fast 16 Jahre wegen eines schweren Gewaltdelikts einsaß und vor zwei Jahren auf Bewährung in Freiheit entlassen wurde, längst Bescheid weiß: "Hinter Gittern geschehen fürchterlichste Dinge", erzählt er im NEWS-Interview.

»"Es ist eine Welt, in der absurde Gesetze herrschen"«

Die Anklage. Jürgen S. (Name geändert) ist ein großer, kräftiger Mann mit wachsamen Blick. Ein bisschen misstrauisch wirkt er, seine wahre Identität, insistiert er immer wieder, darf in NEWS nicht genannt werden. Zu groß, erklärt er, sei seine Angst vor Rache, von Seiten der Justiz. Fast 16 Jahre hat der nun 46-Jährige hinter Gittern verbracht, in Karlau und Stein. Nachdem er Ende der 1990-er Jahre wegen eines schweren Gewaltdelikts verurteilt worden war. 2012: seine Entlassung, bloß auf Bewährung. "Und deshalb muss ich anonym bleiben, wenn ich jetzt rede." Über menschenverachtende Zustände in Österreichs Gefängnissen. Über die "schrecklichen Dinge", die dort geschehen und zum Alltag gehören. Über Misshandlungen, Drohungen, sexuelle Übergriffe, Nötigungen, Drogenhandel, Erpressungen.

NEWS: Herr S., wenn Sie aus den Medien über Missstände in heimischen Strafvollzugsanstalten erfahren – was denken Sie dann?
Jürgen S.:
Ich bin wenig erschüttert. Nein, besser ausgedrückt: Ich bin überhaupt nicht überrascht. Mich wundert nur, dass es so lange gedauert hat, bis all diese schlimmen Geheimnisse – von denen es noch viel mehr gibt – ans Tageslicht gekommen sind.

NEWS: Sie selbst saßen mehr als eineinhalb Jahrzehnte in Haft...
Jürgen S.
: ...und ich habe in dieser Zeit viele unschöne Erfahrungen machen müssen.

NEWS: Erzählen Sie darüber.
Jürgen S.:
Ich bin bis zu meiner Tat unbescholten gewesen. Umso größer mein Schock, als ich nach meinem Prozess in die Karlau kam. In eine völlig fremde Welt, in der eigene, grauenhafte Gesetze herrschen.

NEWS: Erklären Sie das bitte genauer.
Jürgen S.:
Oberstes Gebot in diesem Mikrokosmos ist, sich bis zur totalen Selbsterniedrigung unterzuordnen. Wer dieses Spiel nicht mitmacht, verliert. Das kapierte ich schnell.

NEWS: Wem mussten Sie sich so sehr unterordnen?
Jürgen S.:
Diversen Mithäftlingen, die in Wahrheit die echten Bosse im Gefängnis sind. Schwerstkriminelle, die von dort aus Geschäfte machen. Und andere Insassen mit Drohungen, mit Schlägen dazu zwingen, ihnen zu gehorchen und bei ihren üblen Machenschaften mitzutun. Freigänger etwa müssen – ob sie wollen, oder nicht – Drogen schmuggeln. Die ganz Schwachen werden ständig dazu genötigt, sexuelle Dienste an Gefangenen zu verrichten. Oder all ihr Geld, das sie verdienen, in Einkäufe für andere zu investieren.

NEWS: Warum lassen sich das die Betreffenden gefallen? Sie könnten sich doch bei der Gefängnisleitung beschweren.
Jürgen S.:
Das traut sich so gut wie keiner. Weil die Folgen in der Regel fatal sind. Und üble Bestrafungen von Seiten der "Verpetzten" und ihrer Cliquen nach sich ziehen. Ich habe nicht nur einmal erlebt, dass "Anzeiger" brutal zusammengeschlagen oder mit Plastikmessern lebensgefährlich verletzt wurden. "Es ist eine Welt, in der absurde Gesetze herrschen."

Die ganze Geschichte finden Sie im aktuellen NEWS in Ihrem Zeitschriftenhandel oder als E-Paper-Version.

Kommentare

inszenierte "Führungen" durch das Gefängnisareal veranstaltet werden, werden immer nur "Scheinhafträume" und "Vorzeigehäftlinge" vorgezeigt. Mit den Häftlingen werden grundsätzlich keine Gespräche geführt. Und wenn doch, dann werden nur "ausgesuchte Häftlinge" zugelassen, die kurz vor der Entlassung stehen und von denen zu erwarten ist, dass sie keine Kritik, oder gar die oben beschriebenen

kommen Pseudotheorien im Großteil der Gutachten (83,4 %) vor. Interessieren diese klar ersichtlichen Tatsachen die österreischischen Gerichte? Nein. Warum? Weil es Rechtsverletzungen sind, gegen die kein Häftling die Macht und die Mittel hat anzukämpfen. Richter und Gerichtspsychiater in Österreich haben den absoluten Gott-Status inne und den nützen sie ebenso menschenverachtend ABSOLUT aus. Wenn

wissenschaftlich nicht haltbare Laien- und Alltagstheorien beruft. Pseudotheorien wurden folgendermaßen
definiert: „Der Gutachter beruft sich auf den „allgemeinen Menschenverstand“ oder die „psychiatrische Erfahrung“, stellt unüberprüfte Verallgemeinerungen auf, subsumiert darunter das Verhalten des Probanden oder leitet aus diesem Verhalten solche Behauptungen ab.“ Wie aus der Untersuchung

weiterhin bestehende Gefährlichkeit! Somit kann der Häftling auch nicht bedingt entlassen werden. Genauso beliebt bei der Erstellung von Fachgutachten der Gerichtsgutachter sind sogenannte Pseudotheorien. Dazu die Studie: Die Merkmalskategorie „Pseudotheorien“ zielt auf die Erfassung idiosynkratischer Theorien des Gutachters ab, d.h. es interessiert, ob und inwieweit der Gutachter sich auf

handelt. Bei der klinischen Prognosemethode versucht der Sachverständige, individuelle Merkmale und Lebensumstände der begutachteten Person zu berücksichtigen (das er neimals tut!) und sich dabei gleichzeitig an empirisch gesicherten und theoretisch fundierten Kenntnissen zu orientieren.
Die Ergenisse: In 93,8% aller Gutachten bescheinigt der Gerichtsgutachter dem Häftling, dem Gericht eine

„Rückfall“ korrelieren, wobei "kein inhaltlich logischer (aha...)Zusammenhang" zwischen den einzelnen Variablen gegeben sein muss. Auf diese Weise erlauben statistische Gefährlichkeitsprognosen zwar gruppenstatistische Vergleiche des individuellen Straftäters mit bestimmten Straftätergruppen, jedoch keine Individualprognose, da es sich lediglich um statistische Wahrscheinlichkeitsaussagen

verlässt sich der Gutachter ausschließlich auf seine Berufserfahrung und Menschenkenntnis, (also Kaffeesudleserei) während bei der statistischen Gefährlichkeitsprognose die Rückfallwahrscheinlichkeit
mit Hilfe empirischer Messinstrumente, z.B. Fragebogen und Prognosetafeln, erfasst wird. (Also fast nie) Dabei geht es um die Ausprägung von Merkmalen, welche statistisch hoch mit dem Kriterium

geprüft, ob der Gutachter, ausgehend von der antizipierten zukünftigen Lebenssituation des Probanden, mögliche Risiko- und Schutzfaktoren nennt und gegeneinander abwägt. Des Weiteren wurde erfasst, ob die Prognosestellung auf intuitive, statistische oder klinische Weise erfolgt (vgl. Dahle, 2005) und wie der Gutachter seine Prognoseeinschätzung begründet. Bei der intuitiven
Prognosemethode

keine ist.
Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose.
Hinsichtlich der Beurteilung der weiter zu befürchtenden Gefährlichkeit des Häftlings wurde überprüft, ob der Gutachter eine Aussage zur Gefährlichkeitsprognose trifft, wie diese ausfällt und wie sie begründet wird. Hinsichtlich der Art der Prognose wurde zwischen positiver, negativer und unklarer Stellungnahme unterschieden. Auch wurde

die narzisstische Persönlichkeitsstörung und die nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung angeheftet. In ebenso vielen Fällen stellt der Gutachter eine unspezifische Diagnose, welche sich nicht in einem der international anerkannten Diagnosesystemen ICD-10 oder DSM-IV findet und neuerdings DSM-5. So sprechen die Gutachter beispielsweise gerne von „schwerer Persönlichkeitsstörung, wo gar

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