Ganz ohne Plastik

Plastikfrei und unverpackt - die Zahl der umweltfreundlichen Läden steigt

Elisabeth Sonnleithner eröffnete Österreichs erste plastikfreie Drogerie. Umweltbewusste Menschen finden hier mehr als 250 nachhaltige Kosmetik- und Haushaltsprodukte.

von Plastikfreie Drogerie © Bild: Michael Rausch-Schott

Eine Mischung aus Lavendel, Rose und Bergamotte erfreut die Sinne, ein frischer, sauberer Duft. Dass hier Seifen, Cremes, Pflegeöle und Shampoos verkauft werden, ist beim Betreten des Geschäfts sofort klar. Der Laden Sonnengrün im dritten Wiener Gemeindebezirk ist die erste plastikfreie Drogerie Österreichs. Elisabeth Sonnleithner eröffnete das Geschäft diesen Jänner. Zuvor war sie 15 Jahre lang Angestellte einer Mediaagentur. Nach der Geburt ihrer beiden Töchter, die mittlerweile vier und sechs Jahre alt sind, begann sie, ihr Leben zu überdenken. Ihr Lebensstil, die Wegwerfgesellschaft - sie fühlte, dass sie etwas verändern musste.

Jährlich werden in der EU rund 1,3 Milliarden Tonnen an Abfällen produziert. Vor allem der Plastikmüll stellt ein großes Problem dar, da er nicht verrottet und die Menge rasant ansteigt. Waren es in den 1950er Jahren noch 1,5 Millionen Tonnen Plastik, die jährlich produziert wurden, so sind es mittlerweile fast 300 Millionen Tonnen.

Ein nicht unerheblicher Teil landet am Ende im Meer. Auf jedem Quadratkilometer Meeresoberfläche treiben mittlerweile bis zu 18.000 Plastikteile, stellten Forscher des Umweltprogramms der Vereinten Nationen fest. Im Pazifik bildete sich bereits ein riesiger Plastikstrudel, der Great Pacific Garbage Patch. Oberflächliche Meeresströmungen tragen die Plastikteile in stillere Zonen des Wirbels. Dort treiben sie jahrzehntelang und zerfallen durch die UV-Strahlung und die Reibung in immer kleinere Teile.

Plastikfreie Drogerie
© Michael Rausch-Schott In Sonnleithners Drogerie gibt es auch plastikfreie Haushaltsartikel

Ein Teil des Plastiks sinkt schließlich zu Boden, ein Teil wird an die Strände gespült. Doch auch die Meeresbewohner fressen das Plastik - mit schwerwiegenden Folgen. Millionen Vögel, Meeressäuger und Fische sterben jedes Jahr an den Folgen des Plastikmülls, den sie schlucken.

Es war ein Bericht im Fernsehen, der schließlich den Ausschlag gab. "Eine amerikanische Familie lebte plastikfrei. Das hat mich beeindruckt", sagt Sonnleithner. Von da an versuchte sie, zumindest Verpackungen aus Plastik zu vermeiden. Doch das war nicht so einfach. "Vor allem bei der Körperpflege habe ich kaum Produkte gefunden, die nicht in Plastik verpackt waren. Das war eine wirkliche Herausforderung", sagt sie. Schließlich kam ihr die Idee, selbst eine plastikfreie Drogerie zu eröffnen.

250 verschiedene Produkte

Sonnleithner besuchte den Gründerkurs des Arbeitsmarktservices und lernte, selbst Kosmetik herzustellen. Eigentlich wollte sie ja "nur" einen Onlineshop betreiben. Doch durch Zufall kam sie zu dem Geschäftslokal in der Wiener Rochusgasse. "Im Nachhinein bin ich froh, dass ich auch ein Geschäftslokal habe. Denn jeder riecht und testet gerne Kosmetika und Pflegeprodukte, bevor er sie kauft."

Das Sortiment umfasst mittlerweile mehr als 250 verschiedene Produkte. Alle stammen aus Europa, viele aus Österreich. Jede Marke wird von Elisabeth Sonnleithner beziehungsweise ihrem Mann persönlich getestet. Nur jene Produkte, die sie selbst überzeugen, schaffen es in den Verkauf.

Plastikfreie Drogerie
© Michael Rausch-Schott

Nicht bei allen Tiegeln und Dosen ist auf den ersten Blick erkennbar, was sie beinhalten. "Die Produkte sind manchmal anders, damit die Verpackung tatsächlich plastikfrei sein kann. Zum Beispiel sind die Deos keine Sprüh-, sondern feste Cremedeos", erklärt sie. "Großer Fan" ist Sonnleithner außerdem von festen Haarshampoos. Die, sagt sie, seien nicht nur plastikfrei verpackt, sondern hätten noch weitere Vorteile: "Mit einem festen Shampoo komme ich zwei- bis dreimal so lange aus wie mit einer Flasche eines herkömmlichen Shampoos." Außerdem sind feste Shampoos beim Fliegen ohne Probleme im Handgepäck transportierbar.

Menge selbst bestimmbar

Zu den Pionieren in Sachen nachhaltiger Einkauf zählt die gebürtige Burgenländerin Andrea Lunzer. Bereits vor drei Jahren eröffnete sie im zweiten Wiener Gemeindebezirk die Maß-Greißlerei. "Ich habe mich immer geärgert, dass die Biolebensmittel in den großen Supermärkten in Plastik verpackt sind. Mir ist es daher wichtig, Bioqualität ohne Wegwerfplastik anzubieten." Daher kam ihr die Idee, Lebensmittel so zu verkaufen, wie es früher in den Greißlereien der Fall war. "Dabei war meine Großmutter eine wichtige Informationsquelle."

Außerdem kann hier jeder genau so viel einkaufen, wie er tatsächlich benötigt. Denn in der Maß-Greißlerei können unter anderem Getreide, Tee oder Trockenfrüchte in mitgebrachte Behälter gefüllt werden. Die werden erst leer und nach der Befüllung nochmals gewogen. Auf diese Weise wird der Preis bestimmt. Für alle, die das Gefäß vergessen haben oder spontan einkaufen wollen, stehen Papiersackerl als Verpackung zur Verfügung. Neben festen Lebensmitteln können Essig, Öl und sogar Reinigungsmittel ebenfalls direkt in mitgebrachte Gefäße abgefüllt werden.

Ganz auf Plastik verzichtet Lunzer in ihrem Geschäft aber nicht. "Ich habe gemerkt, dass man hier schnell an seine Grenzen stößt. Die Dichtungen von Deckeln für Mehrweggläser sind beispielsweise oft aus Plastik, und ich habe noch keinen Ersatz gefunden", sagt die Geschäftsfrau. "Es ist eine Lebenseinstellung, bei uns einzukaufen", ergänzt sie. Und offenbar verspüren immer mehr Menschen den Wusch, nachhaltig zu konsumieren, unnötigen Müll zu vermeiden und so einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Denn der Zuspruch steigt, die Stammkundschaft wächst.

Daher hat Andrea Lunzer das Angebot erweitert. Täglich bietet sie nun auch zwei vegetarische und vegane Mittagsmenüs an. Wer will, kann sie vor Ort genießen oder sie mitnehmen - in mitgebrachten Behältern, versteht sich.

Prinz Charles und Camilla

Lunzers Einsatz für Nachhaltigkeit spricht sich herum - und wie! An ihrem Geschäft wurde sogar schon royales Interesse bekundet. "Prinz Charles und Camilla setzen sich sehr für Nachhaltigkeit ein. Als sie auf Besuch in Wien waren, wurden wir von der Botschaft ausgewählt, um an einem Empfang teilzunehmen und das Geschäft vorzustellen. Das hat mich schon sehr stolz gemacht", sagt die innovative Geschäftsfrau.

Prinz Charles und Camilla seien an ihrem Konzept sehr interessiert gewesen, lässt Andrea Lunzer wissen. Denn, so fügt sie hinzu, auch die Hoheiten seien über die Unmengen an Plastikverpackungen alles andere als amüsiert.