Volksmusik? Eine Ruine!

Andreas Gabalier und Nik P. rechnen im Interview mit dem Skandal-Business ab

von Andreas Gabalier © Bild: Trend Ian Ehm

Ein schroffer Kontrast zur heilen Heimatwelt, die beide besingen. Und - ein Sinnbild für die Stimmung, die derzeit hinter den Kulissen der volkstümlichen Musik herrscht. "Pass auf, was du unterschreibst, pass auf, was du tust. Es gibt Menschen, denen du die Hand gibst, und nachher hast du nur noch zwei Finger“, sagt Gabalier, derzeit der Superstar der Branche. Und Nik P., bürgerlich Nikolaus Presnik und seit dem "Stern, der deinen Namen trägt“ einer der erfolgreichsten Schlager-Komponisten, hält das Business für "hinterlistig“ und "verlogen“.

Warum die beiden Schwergewichte der leichten Muse ihrem Ärger ausgerechnet jetzt Luft machen? Ex-Produzent Walter Widemair hatte, um sein demnächst erscheinendes Buch zu promoten, seine treusten Ex-Weggefährten geoutet: Die "Kastelruther Spatzen“, so Widemair, spielen bei ihren Plattenaufnahmen keinen Ton selbst. - Ein Geheimnis, das unter Branchenkennern nie eines war. Ein aufgemotzter Ladenhüter, der für den Neid und die Missgunst steht, die derzeit die Volksmusik-Szene beherrschen.

NEWS: Herr Gabalier, Herr Presnik, wie schwierig ist es, sich in diesem Business Freundschaften aufzubauen?
Andreas Gabalier: Die Frage ist, ob ich das überhaupt will. Der Nik ist der einzige echte Freund, den ich in der Branche habe. Er hat mich von Anfang an, wo man mich nicht einmal für 500 Euro wollte, auf seine Open Airs als Gast-Act mitgenommen.
Nikolaus Presnik: Das Erste, was ich ihm gesagt habe, war: "Bleib so, wie du bist, du bist authentisch.“ Denn in der Volksmusik gibt es nur noch wenige, die authentisch sind.

NEWS: Stichwort authentisch - Ex-Produzent Walter Widemair hat geoutet, dass die "Kastelruther Spatzen“ im Studio keinen Ton selber spielen …
Presnik: Da kommt einer daher, der jahrelang Produzent dieser Gruppe ist, der jahrelang mit ihnen zusammenarbeitet und auch Geld mit ihnen verdient - und der veröffentlicht dann irgendein Buch, das wahrscheinlich erfolgreich sein wird, damit wenigstens irgendwas erfolgreich ist, wenn er’s schon in der Musik nicht geschafft hat. Sich jahrelangen Partnern gegenüber so zu verhalten, das ist hinterlistig.

NEWS: Der eigentliche Skandal ist also, dass daraus ein Skandal gemacht wird?
Gabalier: Pass auf, was du unterschreibst, pass auf, was du tust. Es gibt Menschen, denen du die Hand gibst, und nachher hast du nur noch zwei Finger. Das ist schon abschreckend, wenn so eine Band wie die "Kastelruther“ mit jemandem als Geschäftspartner, als Mann des Vertrauens zusammenarbeiten - und der dann, wenn ihm irgendwas nicht passt, nicht die Größe hat, zu sagen: "Okay, lassen wir’s gut sein, es war eine schöne Zeit.“ Sondern stattdessen lieber anfängt, denen Hackln ins Kreuz zu hauen. Da siehst du schon, was für Leute da in großer Zahl unterwegs sind.

»Die Branche ist ein Haifischbecken«

NEWS: Was lehren Sie solche Ereignisse über Ihre Branche?
Presnik: Sie ist schon ein bisserl verlogen, und es wäre jeder gut beraten, seinen eigenen Weg zu gehen.
Gabalier: Sie ist sicher ein Haifischbecken. Das beweist ja auch das Gerede um Helene Fischers Manager, dem man unterstellt, dass er sie in alle großen Shows hineingekauft hätte. Es vergönnen dir die wenigsten den Erfolg. Und wenn du dich da oben in dieser dünnen Luft bewegst, musst du damit rechnen, dass du jede Menge Neider hast, die irgendwas gegen dich suchen.

NEWS: Sprechen Sie da aus persönlicher Erfahrung?
Gabalier: Bei mir haben sie das schon vor einem Jahr versucht. Meine Pose auf der dritten CD, die müsse ja wohl einem Hakenkreuz nachempfunden sein, hat es geheißen. Das ist das Ärgste, das hat mit Meinungsfreiheit gar nichts mehr zu tun, das ist Rufschädigung! Jemanden braun anzumalen, das ist echt das Allerletzte, das habe ich mir nicht verdient. Nur weil ich von der Heimat singe und in Lederhosen dastehe. Wie komme ich dazu? Das Ganze kam von irgendeinem gescheiterten Musiker, der Musik studiert hat und dem mein Erfolg wehtut, weil es halt nur die leichte Muse ist.

NEWS: Ihr gemeinsamer Manager Sepp Adlmann sagte in einem Vorbereitungsgespräch für dieses Interview, Widemairs Outing sei der "krankhafte Rundumschlag eines Mannes, dessen Zeit abgelaufen ist“. Gibt es denn in der volkstümlichen Musik so eine Art Generationswechsel?
Presnik: So, wie ich die Szene beurteilen kann, schon. Da ist lange nix passiert, und plötzlich kommt da einer wie der Andreas. Einer, der ein Typ ist und aus seinem Leben singt und alles revolutioniert. Natürlich sind dann die angefressen, die plötzlich hinter ihm anstehen. Ein ganz Großer der Branche hat gesagt: "Es kann doch nicht nur mehr den Gabalier geben …“

NEWS: Sie meinen den DJ Ötzi?
Presnik: Ich will da keine Namen nennen. Aber ich spreche auf jeden Fall von Menschen, die hergehen und kritisieren, was erfolgreich ist - anstatt an sich selber zu arbeiten und zu schauen, was sie machen könnten, um auch irgendwann im Leben authentisch zu werden.

NEWS: Produzenten-Legende Hans R. Beierlein meinte in der "Welt am Sonntag“: "Die Arschlöcher vermehren sich wie die Kaninchen.“ Er meinte, es gäbe in der Branche kaum noch Typen, die den Mut haben, ihre Ideen gegen die Zwänge des Marktes zu behaupten.
Gabalier: Früher gab es wenige, die man wirklich groß gemacht hat. Die wurden über viele Jahre aufgebaut zu zeitlosen Größen. Heute ist ein Überschuss vorhanden - an denen, die das nebenbei betreiben. Die sich gerne als Marionetten hinstellen, mit irgendeinem Text, den ein anderer geschrieben hat, weil sie Promis sein wollen und keine kreativen Künstler. Aber auf Dauer kannst du nicht vermitteln, was du nicht bist.
Presnik: Oft wird ja nur noch als Test für den Markt produziert, um zu schauen, was passiert. Oft ist da keine Idee dahinter, das ist nur Kopie, Kopie, Kopie und null Eigenständigkeit. Es gibt aber nicht nur die sogenannten Arschlöcher, die sich dafür hergeben, sondern auch die, die sie machen.
Gabalier: Es gibt Texter, die schon Tausende Lieder geschrieben haben. Und auch, wenn ich mir jetzt keine Freunde mache: Wo soll da noch die ehrliche Emotion herkommen? Es muss Ehrlichkeit in den Liedern stecken: ein verreckendes Herz, die Dummheit meiner Jugend - ich habe gelitten wie ein Hund, über den wer drübergefahren ist.

NEWS: Muss man denn leiden, um gute Lieder zu machen?
Presnik: Du musst leiden, du musst sterben, du musst lieben - alles.
Gabalier: Wenn du die Mäderln siehst, denen mit ihren Tränen die Schminke runterrinnt, obwohl sie fünf Minuten vorher noch direkt vor der Bühne voll abgeviechert haben - um sie so fesseln zu können, musst du ehrlich sein. Daher schreiben die, die wirklich Erfolg haben, eigentlich fast alle selber.

»Playback? Das ist superanstrengend.«

NEWS: Apropos Ehrlichkeit, ist Ihnen beiden Playback peinlich? Wie fühlt man sich, wenn man auf der Bühne steht und nur die Lippen bewegt?
Gabalier: Das ist superanstrengend, das musst du einmal zusammenbringen.

NEWS: Wie bitte?
Presnik: Live präsentierst du deinen Song ja meistens ein bisserl anders, als du ihn im Studio eingespielt hast. Das im Fernsehen wieder echt synchron hinzukriegen - da musst du dich lange hinsetzen. Für mich ist Lippenbewegen schwieriger, als live zu singen.

NEWS: Wenn das so ist, haben wir dem Hansi Hinterseer ja jahrelang Unrecht getan, denn der gilt ja als der Playback-Gott der Branche.
Gabalier: Ich finde, dass bei Konzerten live gesungen gehört - das ist meine Einstellung. Wenn die Leute Eintritt zahlen, erwarten sie das. Also meine Fans erwarten sich das sicher.
Presnik: Für mich ist das ein Respekt gegenüber dem Publikum. Alles andere wäre Betrug am Publikum - so seh ich das.

NEWS: Ja und der Hansi?
Gabalier: Bei dem geht’s vielleicht nicht nur ums Singen, da geht’s auch um einen Typen, den das Publikum anhimmeln kann und der es segnet. Wenn die Leute mit ihm an seinem Wandertag zu Tausenden in die Berge pilgern - das ist er als Typ, da geht’s nicht nur um seine Musik, sondern um ein Gesamtpaket. Wie bei Rammstein, die machen eine crazy Show, die versteht man oft auch nicht. Der Hansi ist halt auf seine Art und Weise für viele, viele Tausend Leute der Schwiegersohn, der Sympathieträger aus Tirol, der da seine Berge zeigt. Ob man’s mag oder nicht …

NEWS: Sind Sie auch ein Gesamtpaket?
Gabalier: Am Anfang nicht, da haben mich die Leute ja nicht gesehen, nur gehört. Viele, die mir damals Mails geschrieben haben, haben gedacht, ich wäre ein fünfzigjähriger, ausrangierter Austropopper. Aber jetzt bin ich sicher auch ein Gesamtpaket, ein ehrliches - mit Föhnwelle, Lifestyle und Gesäßberger.

NEWS: Gesäßberger?
Gabalier: Na mein Arschwackler.

Kommentare

derpradler

Das Rechtsempfinden dieser Herrn scheint mir doch im höchsten Maße degeneriert zu sein. Wenn ich eine CD kaufe, dann will ich, daß diese Gruppe musiziert wegen der ich die CD kaufe und die ja am Titelblatt, dafür steht!
Alles ander empfinde ich als Schwindel und Betrug.

RobOtter

Erfahrungsgemäß kann ich sagen: Das ist in der Musikbranche so - auch in der Popbranche, auch im Rockbusiness oder im Rapzirkus.....
Du musst neben guten Ideen und Durchhaltevermögen auch ein gesundes Ego und harte Ellenbogen haben.
Ich kenne nur wenige Menschen die im Musikbusiness erfolgreich waren und menschlich blieben. Die Wahrscheinlichkeit das Gabalier ein Arschloch ist, ist also groß....

Michael Dantine

Den Beierlein zu fragen ist schon der Witz schlechthin! Das ist der, der die meisten (oder alle?) seiner Vertragspartner beschissen hat!
Die Spastelruther Kamikazen haben noch nie ein ganzes Lied richtig durchsingen können (Schon seit den Zeiten, als sie in Zürich beim WOLF gross herauskommen wollten!). Und der Herr Gabalier, der sich so schon beschweren kann, regt sich über etwas auf, was seit Jahrzehnten allgemein bekannt ist: Diese Branche ist ein Woflsrudel! Vermutlich sieht man vom Gabalier eigentlich nur seinen Arsch und das was er singt, singen viele andre auch - besser und weniger gut!
Übrigens: erinnert sich jemand noch an die Mölltaler, die VOR Erscheinen einer Platte bereits die Goldene erhielten, weil sie die 1.Tranche selber gekauft haben! Usw.!
Hörts auf zu Jammern - oder braucht der Herr Obergut bereits die Medien, um nicht in Vergessenheit zu geraten?
Noch was: Die TV Anstalten spielen bewußt Playback, weil die Sänger live zu schlecht singen und das wollen sie den Sehern nicht zumuten!

Der Erfolg ist ein Vogerl.
Der Lederhosenmatz Gabalier springt auf der Bühne herum zur Gaudi des Publikums und meint, er hätte den Erfolg gepachtet. Es wäre besser für ihn nicht live zu singen, da es nicht so ganz stubenrein klingt. Vielleicht hat er auch etwas zu verbergen, da er so gegen Aufdecker wettert. Noch wissen wir nicht alles!

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