Poker um Dossier
zum Bistum Gurk

Die Prüfung der Gebarung des Bistums Gurk unter der Ägide von Bischof Alois Schwarz ist fertig. Jetzt wird kirchenintern darüber gestritten, was davon veröffentlicht werden soll.

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Chronik - Poker um Dossier
zum Bistum Gurk

Bei Österreichs Spitzenklerikern von Kardinal Christoph Schönborn und dem päpstlichen Nuntius Peter Zurbriggen abwärts herrscht derzeit hochgradige Nervosität. Grund ist ein Prüfbericht, der die betriebswirtschaftliche Gebarung des Bistums Gurk in der Zeit des am 1. Juli nach St. Pölten gewechselten Kärntner Bischofs Alois Schwarz unter die Lupe genommen hat. In Auftrag gegeben hat die Untersuchung die momentane kirchliche Interimsführung in Klagenfurt unter Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger. Ziel war, Gerüchten rund um teure Investitionen, umstrittene Aufträge und etwaige wirtschaftliche Unregelmäßigkeiten durch die Bistumsführung auf den Grund zu gehen. Nun liegt das Ergebnis vor – und es soll reichlich Zündstoff enthalten. Laut gut informierten Kreisen sollen Teile davon sogar von „strafrechtlicher Relevanz“ sein. Kein Wunder, dass bei den Betroffenen die Nerven flattern.

Mögliches Sündenregister

Zur Erinnerung: Vor seinem Wechsel nach Niederösterreich wurden zum Teil jahrelang zurückliegende Vorwürfe gegen Bischof Alois Schwarz publik und von News am 15. Juni in der Coverstory „Ein Bischof im Zwielicht – Affären, Macht, Intrigen“ thematisiert. Dabei ging es unter anderem um das enge Verhältnis des Bischofs zu zwei Frauen, unschöne Szenen zwischen den beiden, einen angeblich autoritären Führungsstil, Machtmissbrauch, die vermutete Deckung von Missbrauchsfällen und die Bespitzelung von Kritikern durch den ehe­maligen Geheimdienstchef Gert-René Polli. Aber auch umstrittene, teure und wirtschaftlich nicht wirklich nachvollziehbare Investitionen im zum Bistum Gurk gehörenden Stift St. Georgen unter dem vom Bischof eingesetzten Management waren ein Thema. Im Bildungshaus St. Georgen hatte etwa Andrea E., die besonders enge Vertraute von Alois Schwarz, das Sagen und war für umfangreiche Ausbauten mitverantwortlich. Zudem war in ihrem Einflussbereich immer wieder von Mobbing die Rede.

Das Dossier dazu ist nun fertig und sorgt bei den Spitzenklerikern für Diskussionen, wie damit umgegangen werden soll. Tenor: Dem Ansehen der Kirche soll möglichst wenig geschadet werden. Dem Vernehmen nach sollen Kardinal Schönborn, der auch Vorsitzender der Bischofskonferenz ist, und der päpstliche Nuntius Zurbriggen, massiven Druck auf Diözesan­administrator Guggenberger ausüben, die Angelegenheit kirchenintern zu klären. Dazu hätten auch Treffen im Beisein von Schwarz stattgefunden, bei denen Guggenberger die Hierarchieordnung unmissverständlich klargemacht worden sei. So habe dieser etwa einmal vor dem Besprechungszimmer bei den Chauffeuren warten müssen, während sich die anderen Kleriker drinnen über die Causa beraten hätten.

Stichtag im Dezember

Guggenberger soll aber, so ist zu hören, nicht unbedingt gewillt sein, heikle Prüf­ergebnisse unter den Teppich zu kehren. Er gesteht jedoch ein, dass es „seitens der Genannten Bestrebungen gab und gibt, die eigene Sichtweise einbringen zu können“. Dies sei auch bei der Herbsttagung der ­Österreichischen Bischofskonferenz vorgebracht worden, so Guggenbergers Sprecher: „Diese Bestrebungen ändern aber nichts am Inhalt des Berichtes sowie an der Veröffentlichung der Ergebnisse desselben in der ersten Dezemberhälfte.“ ­Fragen zu den Details der Gebarensprüfung sowie zu etwaigen strafrechtlich relevanten Punkten würden erst „durch die Veröffentlichung beantwortet“ werden.

Auch bei der Erzdiözese Wien bekennt man sich zu einer „ordentlichen und nachvollziehbaren Untersuchung und Aufarbeitung der Vorwürfe“. Wien werde „sicher keinen gegenteiligen Druck ausüben“, so Michael Prüller, Sprecher von Kardinal Schönborn. Außerdem handle jede Diözese eigenverantwortlich und autonom. „Kardinal Schönborn hat sich vor allem dafür eingesetzt, dass Bischof Schwarz über die Ergebnisse der Untersuchung vorab informiert wird und Gelegenheit hat, dazu Stellung zu nehmen, wie das ja beispielsweise auch bei Rechnungshofberichten üblich ist“, sagt Prüller. Gespräche habe es zwischen allen Beteiligten in unterschied­lichen Settings gegeben, zuletzt Anfang November auch mit der gesamten Bischofskonferenz, damit alle denselben Wissensstand haben. Als Vorsitzender der Bischofskonferenz sei Schönborn nur ­Moderator der Gespräche, aber nicht Vorgesetzter anderer Bischöfe.

Auch Bischof Schwarz bestätigt „einige Gespräche in unterschiedlichen Zusammensetzungen“. Nach 17 Jahren als Bischof von Gurk-Klagenfurt sei er an der Klärung sehr interessiert und begrüße die Prüfung, möchte deren Erkenntnissen jedoch nicht vorgreifen, so seine Sprecherin: „Solange es keinen finalen Bericht gibt, ist es nicht redlich, darüber etwas zu sagen.“ Dem Bischof liege viel am persönlichen Dialog.

Unabhängig vom Bericht ist Diözesan­administrator Guggenberger aber schon kurz nach dem Abgang von Schwarz aktiv geworden: Umstrittene Entscheidungen des Bischofs wurden revidiert, da das Bistum entgegen den Statuten vier Jahre nicht geprüft worden war. So wurde z. B. der von Schwarz installierte Geschäftsführer ausgetauscht. Dazu muss man wissen, dass die Diözese Gurk-Klagenfurt mit dem Bistum die mit Abstand reichste in Österreich ist. Das Vermögen des Bistums beträgt mehrere Hundert Millionen Euro und setzt sich aus Unternehmen und ­umfangreichem Immobilien- und Grundbesitz zusammen, worüber Bischof Schwarz die alleinige Verfügungsgewalt hatte. Kritiker warfen ihm wiederholt vor, das Bistum als „seine Spielwiese“ betrachtet zu haben.

Staatsanwaltschaft prüft

Seine Vertraute Andrea E., die von Schwarz noch rasch mit einem neuen Vertrag ausgestattet worden war, wurde von der Kärntner Interimsführung ebenfalls gekündigt. Ein von ihr angestrebter Gerichts­prozess endete kürzlich mit einem Vergleich, den Schwarz jedoch nicht kommentieren will. Da der Richter sämtliche Unterlagen wegen Untreueverdachts an die Staatsanwaltschaft übergab, ist die Sache noch nicht ausgestanden. Derzeit werden die übermittelten Akten in Graz „dahingehend geprüft, ob ein konkreter Anfangsverdacht strafbarer Handlungen vorliegt“, so Staatsanwalt Christian Kroschl.

Und sonst? Ein geplantes 2,5 Millionen Euro teures Saunahaus im Stift St. Georgen, das für viel Kritik sorgte und vorübergehend auf Eis gelegt wurde, muss nun doch – in abgespeckter Form – gebaut werden. Es sollen nämlich bereits Vorverträge bestehen und Vorarbeiten geleistet worden sein. Und Bischof Schwarz, der sich vor seinem Abgang vom Bistum Gurk – also sozusagen von sich selbst – noch rasch eine 130 Quadratmeter große Wohnung in ­Wiener Toplage zum Schnäppchenpreis mietete, zieht bei dieser die Notbremse. Nachdem er zuerst angesichts kritischer Kommentare die Miete anheben ließ, hat er sie nun „wie geplant per Jahresende ­gekündigt“, so seine Sprecherin.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Printausgabe 48/2018