ATV-Verkauf:
Programmumstellungen ab Mai

"Austrias Next Topmodel" übersiedelt auf ATV - "Aufholfusion" gegen ORF-Marktmacht

Nach dem Zusammenschluss von ATV und Puls 4 sollen schon ab Mai erste Änderungen im Programmschema sichtbar werden, kündigte das Management am Freitag bei einer Pressekonferenz an. Eine Morgengabe an ATV ist "Austrias Next Topmodel". Den Vorwurf eines Stellen-Kahlschlags weist man zurück, in der Redaktion werde es überhaupt keinen weiteren Stellenabbau geben, so Info-Chefin Corinna Milborn.

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"Die Größe der Redaktion bleibt so, wie sie jetzt ist", sagte sie in Bezug auf das Info-Team von ATV. "Allerdings war es Teil des Deals, dass der Voreigentümer fünf Stellen abbaut." Wen das betraf, habe sie erst danach erfahren, sie führe nun auch Gespräche.

"Restrukturierungsprogramm" soll 70 Stellen kosten

Bis Jahresende sollen die Sender auch räumlich in St. Marx zusammengelegt sein. Insgesamt soll das "Restrukturierungsprogramm" bei ATV 70 Stellen kosten. "Das betrifft eigentlich alle Bereiche", so Bernhard Albrecht, CFO von ProSiebenSat.1Puls4. Mit dem Betriebsrat werden Gespräche über einen Sozialplan geführt. Außerdem habe Puls 4 seit "rund vier Monaten Stellen nicht mehr nachbesetzt", daher seien nun "ganz konkrete Angebote" an ATV-Mitarbeiter möglich. "Ich gehe davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Mitarbeiter, die nicht hier an diesen Standort kommen, deutlich geringer ist als diese 70." Es handle sich dabei nicht um Änderungskündigungen.

»Vertrauen Sie uns dahingehend, dass wir Arbeitsplätze schaffen auf dem Standort und sehr behutsam vorgehen.«

CCO Michael Stix ärgerte sich darüber, dass der Stellenabbau medial prominenten Platz erhält. "Wir übernehmen 80 Plätze garantiert." Alternative wäre die Schließung von ATV gewesen. Mit ATV zusammen werde man "früher oder später 500 Arbeitsplätze" geschafft haben. "Vertrauen Sie uns dahingehend, dass wir Arbeitsplätze schaffen auf dem Standort und sehr behutsam vorgehen."

"Aufholfusion" gegen die Macht des ORF

Geschäftsführer Markus Breitenecker betonte, es handle sich bei dem Deal um eine "Aufholfusion" gegen die Macht des ORF am "Subventionsmarkt". Zum Kaufpreis machte er keine Angaben. 2018 soll es mit ATV wieder aufwärts gehen ("Turnaround"), in "zwei bis maximal drei Jahren" soll der Break-even für ATV erreicht werden. Das erfordere eben auch ein hartes "Restrukturierungsprogramm": "Wir müssen den Sender sanieren, Einnahmen steigern und die Kosten senken."

ATV setzt weiter auf Eigenproduktionen in der Prime Time

Der neue ATV-Geschäftsführer Thomas Gruber skizzierte erste Programm-Änderungen bei den beiden Sendern. ATV habe ein "klares Profil mit österreichischen Eigenproduktionen in der Prime Time, das wollen wir stärken". "Maximale Ressourcen ins Programm" verspricht er. Die Sender sollen nicht mehr "gegeneinander programmieren", sondern einander ergänzen.

Comedy-Schiene verbleibt bei Puls 4

Die Comedy-Schiene verbleibt bei Puls 4, ATV soll seine Stärke bei Reportagen und Doku-Soaps ausspielen, führte er aus. "Erfolgsformate wie 'Bauer sucht Frau', 'Wachzimmer Ottakring', 'Pfusch am Bau' - auf diese Marken wollen wir weiter setzen." Zwei Tage pro Woche - Mittwoch und Donnerstag - sollen in der Prime Time durchgängig mit Eigenproduktionen bespielt werden. Ab Herbst wird ATV die achte Staffel von "Austrias Next Topmodel" zeigen (bisher Puls 4).

Im Fiction-Bereich wird ATV eher die Crime-Schiene abdecken, während Puls 4 mit Sitcoms punkten soll. Da Puls 4 in der Vergangenheit stark auf den Spielfilm im Hauptabend gesetzt hat, wird dieser Schwerpunkt bei ATV von drei auf zwei Abende reduziert.

Senderchef verspricht Nachrichten rund um die Uhr

Die Informations-Redaktionen von ATV und Puls 4 bleiben auch künftig "absolut eigenständig", hat das Management am Freitag betont. Der neue ATV-Geschäftsführer Thomas Gruber versprach gar "News around the clock". Sport wird auf ATV keiner zu sehen sein. Die Sendernamen ATV und ATV 2 bleiben bestehen, auf ATV 2 wartet indes 2018 ein Relaunch.

Die Entscheidung über die aktuelle Berichterstattung liege auch künftig zur Gänze in den Händen der beiden Chefredakteure, betonte Informationschefin Corinna Milborn bei der Pressekonferenz. Der Austausch von "Rohmaterial" allerdings soll Synergien schaffen. "Wir gewährleisten, dass die ATV-Information noch besser arbeiten kann als bisher", so Milborn. Sie sieht in der Fusion einen "ganz, ganz wichtigen Schritt zur Erhaltung der Medienvielfalt im Land". So sei sichergestellt, dass "wir weiterhin verschiedene Redaktionen haben, die das politische Geschehen beleuchten. Ich freue mich sehr, dass diese Vielfalt gewährleistet ist."

Gruber versprach sich einen Mehrwert von der "Differenzierung der Redaktionsstile". Einige Sendungen könnten freilich den Platz wechseln, um Gegenprogrammierungen zu vermeiden. So ist für das ATV-Interviewformat "Klartext" der Mittwoch im Gespräch.

Sendernamen sollen erhalten bleiben

Die Sendernamen sollen erhalten bleiben, wobei Gruber von Überlegungen berichtete, den Hauptsender als "ATV 1" zu positionieren. Bei ATV Nummer zwei soll sich indes einiges ändern. "ATV 2 hat momentan keine klare Positionierung und ist grob gesagt Abspielsender von ATV-Eigenproduktionen und Lizenzcontent, der vielleicht am großen Sender nicht funktioniert." Man prüfe derzeit, welches ein "relevantes Thema" sein könnte, Gruber nannte "Food, Living" als mögliche Ansatzpunkte. Der Fiction-Anteil von derzeit 80 Prozent "wird natürlich drastisch reduziert werden".

Sport wurde auf ATV bereits heruntergefahren und dort auch in Zukunft keinen Platz mehr haben, sagte ProSiebenSat.1Puls4-Geschäftsführer Markus Breitenecker. "Natürlich hätten wir gerne auf Puls 4 möglichst massenattraktiven Sport", sagte er, gefragt nach dem Einkauf von Sportrechten. Die National Football League (NFL) etwa will man als "Erfolgsformat auf Puls 4" jedenfalls behalten. Auch die UEFA-Bewerbe (Champions-League und Europa-League) "passen gut zu Puls 4 und sind sehr attraktiv". Allerdings habe man es im Bieterverfahren gegen die Öffentlich-rechtlichen und Pay-TV-Sender schwer, "und wir brauchen jetzt viel Geld, um ATV zu sanieren. Wir haben vielleicht nicht mehr die Summen zur Verfügung, die man dafür braucht." Die Europa-League strebe man jedenfalls weiterhin an.

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