Bella Puglia

Tausendjährige Olivenbäume, unberührte Landschaften und typisch italienisches Flair: Eine Reise nach Apulien lohnt sich für alle, die Massentourismus satthaben und Authentizität suchen.

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Reisen - Bella Puglia

Italien, wie man es von früher kennt: Weinberge, rustikale Bauernhäuser, der Duft von hausgemachter Pasta und gegrilltem Fisch liegt in der Luft, aus den Boxen der kleinen Cafés ertönt Adriano Celentano. So ist Apulien auch heute noch: eine Region im Südosten der Apenninen-Halbinsel, die ihren typisch italienischen Charme bewahren konnte. Hier versperren weder blockartige Hotelbunker oder Fast-Food-Ketten noch Horden von Touristen die herrliche Aussicht auf die karge Küste und olivenbaumgesäumte Landschaften.

Apulien
© airtours/Florian Albert "Trulli" heißen die typisch kegelförmigen Häuser, die als Wohnraum und Speicher dienen

Wer "Italien wie früher" genießen will, der muss eben weiter runter, sagt man immer. Und tatsächlich: Schon bei der Ankunft am Flughafen in Brindisi merkt man, dass man hier nicht auf Massen-, sondern auf Agrotourismus setzt.

Tradition und Moderne

Gastfreundschaft wird hier großgeschrieben. Kein Wunder, schließlich war Apulien lange Zeit Drehscheibe für Händler und Reisende aus der Türkei und Griechenland sowie Pilger von überall her. Statt in einem klassischen Hotel schläft man hier in Masserien, in alten Guts- und Bauernhöfen, die sich meist seit vielen Jahren oder gar Jahrhunderten im Familienbesitz befinden. Oft wohnen die Familien selbst noch hier, was einen besonderen Zugang zu regionalen Gepflogenheiten, den Menschen und ihrer Geschichte ermöglicht.

Apulien
© airtours/Florian Albert Der Dom der Barockstadt Lecce ist eine beeindruckende Kulisse

Die wirtschaftliche Lage der Region hat sich in den letzten Jahren stark verbessert, sagen die Einheimischen. Apulien gilt als recht wohlhabende Gegend. Das liegt vor allem daran, dass Nachhaltigkeit nicht nur eine Lebensweise, sondern auch gewissermaßen ein Alleinstellungsmerkmal der Region ist und genau diese Wertigkeit bei Touristen sehr gut ankommt. Der Fisch kommt von regionalen Fischern, das Olivenöl von lokalen Produzenten, ebenso Fleisch, Wein und Gemüse. Schnell fällt auf, dass viele Junge im Gastgewerbe arbeiten. Einige gingen zum Studieren oder für Ausbildungen ins Ausland, die meisten sind aber wiedergekommen.

Apulien
© airtours/Florian Albert Gefüllte Teigtaschen in der Masseria San Domenico

Die Apulier sind stolz auf ihre Region, und das zeigen sie auch. Stundenlang können sie über Wein und ihre Spezialitäten reden, die man definitiv gekostet haben muss: zum Beispiel Orecchiette, muschelförmige Teigwaren, die von Hand hergestellt und mit verschiedenen Saucen serviert werden. Oder Burrata, der köstliche, Mozzarella-ähnliche Käse mit cremigem Kern aus Obers. Eine Delikatesse der Region sind außerdem die Seeigel, "ricci": eine wahre Gaumenfreude, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

Luxuriöse Schlichtheit

Tourismus und Tradition ergänzen einander, weshalb das typisch apulische Landschaftsbild erhalten wird. Darüber war man sich auch beim Bau der 2010 errichteten Anlage Borgo Egnazia einig. Die weiße Kalkstein-Hotelstadt lockt vor allem Amerikaner, aber auch wohlhabende Europäer lassen sich hier gerne verwöhnen. Zwar sprengen die Preise der Fünf-Sterne-Anlage wohl das ein oder andere Urlaubsbudget, ein romantisches Wochenende zu zweit leisten sich aber viele der Gäste gern. Die insgesamt sechs Restaurants, Bars und das exquisite Spa "Vair" (apulisch für "wahr") sind nicht nur für Hotelbesucher, sondern für alle geöffnet.

Apulien
© airtours/Florian Albert Apulien, die Region des grünen Golds: Viele der Olivenbäume sind über tausend Jahre alt

Auch hier wird versucht, ein echtes Bild von der Region zu vermitteln, anstatt Urlauber in ihrer Touri-Blase zu lassen und sie mit Einheitskost zu versorgen. Deshalb organisiert das Hotel auf Wunsch Ausflüge zu Einheimischen, zum Beispiel zu Clara. Im Sommer lebt sie gemeinsam mit ihrer Mutter in einem typisch apulischen "Trullo". Die dicken Steinwände des Hauses spenden Schutz vor der glühenden Hitze im Hochsommer. Wie kleine Zwergmützen erheben sich die kegelförmigen Häuser aus den apulischen Terrassenlandschaften und sorgen für ein ungewöhnliches Bild. Clara erklärt ihren Besuchern alles über die Geschichte der Region, die traditionellen Gewänder und natürlich die apulische Küche. Sie serviert Eintöpfe und Pasta mit schwarzen Kichererbsen, die früher als Nahrung für arme Leute galten und heute eine Delikatesse sind, gefüllte Teigtaschen namens Panzerotti, Focaccia, Frittella mit Tomaten, Zwiebel und Gurke, dazu Rot- und Weißwein. Englisch sprechen übrigens die wenigsten der älteren Einheimischen. Italienischkenntnisse sind also von Vorteil.

Wein und Olivenöl

Wer nach den vielen Köstlichkeiten Bewegung braucht, für den empfiehlt sich eine Radtour durch die Olivenhaine. Viele Masserien verleihen Fahrräder an ihre Gäste, Radverleihe gibt es beinahe überall.

Apulien
© airtours/Florian Albert Ein Besuch bei Clara, die ihre Gäste mit traditionellen apulischen Speisen verwöhnt

Auch die romantischen Städtchen und Gemeinden lassen sich mit dem Rad gut erkunden: In Locorotondo kann man zum Beispiel den Nachmittagskaffee mit Ausblick auf die umliegenden Weinfelder genießen und danach dem Weingut I Pastini von Gianni Caparelli einen Besuch abstatten. Bei einer Radtour durch Fasano ist ein Besuch der Masseria Maccarone Pflicht: Olivenölproduzent Alessandro Colucci zeigt, wie das grüne Gold hergestellt wird und welche Unterschiede es zwischen Extra Vergine und normalem Olivenöl gibt. Wer hätte gedacht, dass in Italien noch so viel Italien schlummert?

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© airtours/Florian Albert Spritztour gefällig? Mit den Vintage-Autos des Automobilvereins "Puglia Auto Classica" kann man prima die Gegend erkunden

Tipps und Ausflugsziele

Markthallen, Barockgebäude, verwinkelte Gassen und gemütliche Cafés - die südostitalienische Region Apulien ist (noch) ein Geheimtipp:

Luxus pur. Das Fünf-Sterne-Hotel Borgo Egnazia in Savelletri di Fasano, einem kleinen Fischerdorf an der Adriaküste, wirkt wie eine antike Stadt aus Kalkstein. Tatsächlich ist das Luxushotel erst knapp sieben Jahre alt. Der Designer Pino Brescia lies sich beim Bau der Anlage von der Einfachheit apulischer Bauernhäuser inspirieren. Buchbar über airtours.de.

Die weiße Stadt. Ostuni liegt in der Provinz Brindisi und ist mit seiner höher gelegenen Altstadt aus weiß gekalkten Terrassenhäusern ein beliebtes Ausflugsziel mit toller Aussicht. Hier reihen sich Cafés, Shops, Restaurants und Bars aneinander. Planen Sie hier mindestens einen Tag ein. Restauranttipp: die Osteria del Tempo Perso.

Ein feiner Tropfen. Am Weingut I Pastini in Martina Franca kann man Winzer Gianni Carparelli über die Schulter schauen und Minutolo, Primitivo oder Susumaniello verkosten, während man alles über die einzelnen Rebsorten erfährt. Seit dem 16. Jahrhundert wird hier Wein angebaut. ipastini.com

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© airtours/Florian Albert In der Hotelanlage Borgo Egnazia können Zimmer, Case und sogar ganze Villen gemietet werden

Shopping. In den Gassen der Barockstadt Lecce findet man Handwerkskunst (z.B. das berühmte Geschirr der Keramikmeister Fasano), Artisan-Shops und Feinkostläden. Wer verabsäumt hat, Mitbringsel zu kaufen, kann hier noch Extra-Vergine-Olivenöl und das berühmte Knabbergebäck Taralli erstehen.

Vintage-Feeling. Keine Lust auf Radfahren? In den Oldtimern des "Puglia Auto Classica"-Automobilvereins genießt man Trips durch die Landschaften von den ledernen Sitzen eines Alfa Romeo Duetto, Fiat 600 D oder eines Lancia Flaminia Berlina aus. pugliautoclassica.it

Extra Vergine. Die Masseria Maccarone wurde 1754 erbaut, heute wird hier Olivenöl erzeugt. Zwischen Oktober und Dezember wird geerntet. Der Inhaber Alessandro Colucci erklärt, worauf man beim Kauf achten muss und wie man Öl am besten lagert. masseriamaccarone.it

Anreise. Ab Mai 2018 kann man mit Eurowings wieder direkt von Wien nach Brindisi fliegen. eurowings.com